Storm: Thriller (German Edition)
schließlich jemand den naheliegenden Gedanken äußerte. »Wie sieht es mit dem Motiv aus? Können Sie jetzt schon mit Sicherheit sagen, dass Talley und Hennessey eigenständig gehandelt haben? Und was war der Grund dafür?«
»Wir ermitteln in sämtliche Richtungen«, sagte ich sofort. »Aber ich kann Ihnen verbindlich mitteilen, dass die beiden Täter, die sogenannten ›Patrioten‹, die die Verantwortung für die Heckenschützenattentate tragen, tot sind. Das Leben in der Stadt kann von nun an wieder in normalen Bahnen verlaufen. In Bezug auf die anderen Aspekte der Ermittlungen geben wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Kommentar ab.«
Siegel warf mir einen Blick zu, hielt aber den Mund, und wir setzten unsere Zirkusvorstellung fort.
In Wahrheit – eine Wahrheit, die wir niemals mit der Presse teilen würden – hatten wir mehr als genug Anlass zu glauben, dass Talley und Hennessey nur die willigen Werkzeuge eines anderen gewesen waren. Vielleicht kamen wir noch dahinter, wer dieser andere war, vielleicht aber auch nicht. Wenn ich hier und jetzt hätte raten müssen, ich hätte gesagt, dass wir in diesem Fall keinen Millimeter mehr weiterkommen würden.
So etwas kommt vor. Polizeiarbeit besteht oft genug darin, an der obersten Schicht zu kratzen, ohne jemals bis auf den Grund vorzudringen. Das ist ja genau das, worauf sich die Leute, die auf dem Grund sitzen, verlassen. Diejenigen, die für sie arbeiten – die Auftragskiller, die Schläger, die Straßenräuber –, das sind die, die den größten Teil des Risikos tragen, und viel zu oft sind sie die Einzigen, die irgendwann darüber stolpern.
Da kommen einem unweigerlich »Füchse im Hühnerstall« in den Sinn.
108
Ich verbrachte noch zwei Tage mit langweiligem und ermüdendem Papierkram. Anschließend gönnte ich mir ein langes Wochenende, um ein Spiel zu spielen, das die Kinder Ketchup nannten. Es besteht im Wesentlichen darin, dass ich mein Handy ausschalte und so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringe. Nur am Sonntagnachmittag schlichen Bree und ich uns davon und verbrachten ein paar herrliche Stunden zu zweit.
Wir fuhren hinauf nach Cleveland Heights. Dort, auf dem Gelände der Washington International School, steht das Tregaron, eine riesige, dem Klassizismus nachempfundene Villa. In den Sommermonaten wird sie auch vermietet. Wir bekamen eine Führung, und zwar von der Leiterin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit, der ausgesprochen angespannten Mimi Brento.
»Und das hier ist das Terrassenzimmer«, sagte sie und führte uns aus dem prachtvollen Foyer in einen großen Raum.
Es handelte sich um einen Saal mit Parkettfußboden und bronzenen Kronleuchtern, an den sich im hinteren Teil eine überdachte Veranda anschloss. Dahinter lag ein tadellos gepflegter Park und dann war da auch noch der Blick hinunter ins Klingle Valley. Gar nicht schlecht. Um ehrlich zu sein, es war wunderschön. Und es hatte Stil.
Ms. Brento warf einen Blick in ihre Ledermappe. »Der Saal ist noch frei … am elften August, am fünfundzwanzigsten … und nächstes Jahr natürlich noch. Wie viele Gäste erwarten Sie denn?«
Bree und ich schauten einander an. Es kam uns seltsam vor, dass wir uns darüber noch kaum Gedanken gemacht hatten, aber genau so war es. Vermutlich eher eine kleinere Veranstaltung. Aber für uns war das alles noch so frisch.
»Das wissen wir noch gar nicht so genau«, sagte Bree, und die Mundwinkel der Frau sanken fast unmerklich ein Stückchen tiefer. »Aber die Trauung und der Empfang sollen auf jeden Fall am selben Ort stattfinden. Eigentlich soll das Ganze relativ schlicht werden.«
»Selbstverständlich«, sagte sie. Man konnte regelrecht zusehen, wie die Dollarzeichen in ihren Augen schrumpften. »Tja, dann schauen Sie sich doch einfach noch ein bisschen um. Ich bin in meinem Büro, und wenn Sie noch Fragen haben, kommen Sie jederzeit zu mir.«
Kaum war sie weg, gingen wir hinaus auf die Terrasse. An einem herrlichen Frühlingstag wie diesem war es kein Problem, sich vorzustellen, wie eine Hochzeit hier aussehen könnte.
»Noch Fragen?«, sagte Bree.
»Ja.« Ich nahm ihre Hand und zog sie an mich. »Werden wir hier unseren Hochzeitswalzer tanzen?«
Wir fingen auf der Stelle an uns hin und her zu wiegen, während ich ihr ein paar Takte Gershwin ins Ohr summte. No, no, they can’t take that away from me …
»Weißt du was?«, sagte Bree unvermittelt. »Ich finde es hier absolut fantastisch. Es ist wundervoll.«
»Dann ist es
Weitere Kostenlose Bücher