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Storm

Storm

Titel: Storm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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durchaus schlimmer als für mich. Auch mich hat all das mitgenommen, aber ich war lange vorher informiert und vorgewarnt. Storm ist kopfüber in ein neues Leben gepurzelt.

***

    Als der nächste Verbandswechsel ansteht, frage ich Storm, warum er sich seine Zöpfchen abgeschnitten hat. Einerseits, um ihn von den Schmerzen abzulenken, andererseits bin ich neugierig. Und ich will ihn endlich reden hören. Er schweigt fast nur.
    Er zuckt mit den Schultern, obwohl ihm das sicherlich wehtut, und sagt in einem gleichgültigen Tonfall: »Ich hatte Lust auf eine Veränderung.«
    Während er im Krankenbett hockt, wickele ich vorsichtig den Verband um seiner Brust ab. Die Drainagen sind weg und die Naht nässt nicht mehr. Der Durchschuss an seinem Oberarm ist bereits nicht mehr der Rede wert.
    »Deine Wunden heilen erstaunlich schnell, wie im Sturm. Du machst deinem Namen alle Ehre.« Ich lächle ihn an, damit er nicht so finster schaut, aber er schnaubt lediglich. Er macht es mir wirklich nicht leicht.
    »Storm steht nicht nur für Sturm, sondern auch für Heißblütigkeit, Kampfesgeist, Kraft … der Name passt nicht mehr zu mir.«
    Er klingt derart resigniert, dass sich mein Herz verkrampft. »Vorerst vielleicht. Du wirst wieder gesund. Ist es dir lieber, wenn ich dich Kane nenne?«
    Nachdem ich den neuen Verband um seine Brust befestigt habe, legt er sich zurück und schließt die Augen. »Ich will gar nichts, bloß meine Ruhe.«
    Er wirkt ablehnend und zeigt mir gegenüber keinerlei romantische Gefühle. Wenn ich nach seiner Wunde sehe, lässt er es zu, doch meine Berührungen scheinen für ihn wie Stromschläge zu sein. Er zuckt ständig zusammen. Immerhin lassen sie ihn nicht kalt. Hasst er sie oder unterdrückt er seine Erregung? Spielt er mir vielleicht nur den Traumatisierten vor? Langsam zweifle ich daran, ob er Depressionen hat oder ihn etwas anderes belastet. Oder er mich einfach hasst, weil ich ihn verraten habe. Aber dann hätte er mir nicht seine Liebe gestanden, als er eingeliefert wurde.
    Verdammt, der Kerl verwirrt mich! Ich kann kaum klar denken.
    Als Arzt tippe ich darauf, dass er eher Depressionen hat. Leider können die im schlimmsten Fall über Jahre hinweg anhalten. Es gibt keine Garantie, dass es Storm bald besser gehen wird. Er könnte sich sogar komplett von mir abwenden, um nicht an die Ursachen seiner Niedergeschlagenheit erinnert zu werden. Schließlich ist seine ganze Welt eingestürzt, sein Lebenszweck existiert nicht mehr.
    Bevor ich zurücktrete, streiche ich auf seiner gesunden Seite mit dem Daumen über seine Brustwarze. Sofort zieht sie sich zusammen und Storm keucht auf.
    Da stecken noch Gefühle in ihm! Wenigstens sexuelle …
    »Rede doch mit mir«, sage ich leise und denke: Du fehlst mir. Ich würde auch so gerne über seine stoppelbärtigen Wangen streichen. Er hat sich noch kein einziges Mal rasiert und sieht verdammt männlich aus.
    Storm wendet den Kopf ab, die Lider hat er immer noch geschlossen. »Ich will jetzt schlafen.«
    Ich vermisse den alten, humorvollen Kerl so sehr, der nackt durch die Wohnung gelaufen ist und überall Unordnung hinterlassen hat.
    Ich fühle mich auch müde, und ich fühle mich einsam, obwohl er bei mir ist. Nicht nur Storm hat sein Zuhause verloren. Der monatelange Kampf gegen das Regime und die ständige Angst erwischt zu werden, haben mich ausgelaugt. Aber langsam komme ich in Resur an und orientiere mich neu. Nur erholen kann ich mich nicht, die Sorge um Storm hält mich davon ab.
    Verdammt, ich habe ein Anrecht auf meine eigene Depression! Doch die darf ich mir nicht leisten. Sollte sich meine Stimmung allerdings nicht ändern, werde ich mir Antidepressiva aus White City schicken lassen.

***

    Ich hätte Zeit, mich um Storm zu kümmern, wenn er mich lassen würde. Da er mich offensichtlich nicht sehen will, lenke ich mich wieder mit Arbeit ab.
    Nach dem Sturz des Regimes bin ich entlastet, weil viele Kranke im White City Hospital versorgt werden, also muss ich mir andere Aufgaben suchen. Daher speise ich geschichtliche Daten ins Citynetz, damit die Bürger unter der Kuppel ihr Wissen erweitern können. Der Senat hat ihnen viel verwehrt.
    Storm ist weiterhin abweisend und spricht kaum mit mir. Auch wenn mir das Höllenqualen bereitet, kann ich es ihm nicht verdenken. Für ihn bin ich anscheinend nach wie vor jemand, der ihn hintergangen hat.
    Die Tage vergehen ohne eine nennenswerte Änderung in seinem Verhalten. Wenigstens gesundheitlich geht es

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