Stout, Maria
Kontrolle über sehr
viele Menschen erlangt. Die Geschichte ist voll von Häuptlingen, Propheten,
Erlösern, Gurus, Diktatoren und anderen soziopathischen Größenwahnsinnigen,
denen es gelungen ist, ein Gefolge zu finden ... und die Menschen zur Gewalt
aufgestachelt haben." Wenn ein solcher "Erlöser" die normale
Bevölkerung für seine Zwecke zu Geiseln nimmt, beginnt er seine Kampagne für
gewöhnlich mit einem arglistigen Appell an sie als gute Menschen, die das Los
der Menschheit verbessern wollen, und besteht dann darauf, dass man das nur
erreichen könne, indem man seinem eigenen, aggressiven Plan folge.
Mit
verwirrender Ironie können dem Gewissen Scheuklappen angelegt werden, da
Menschen ohne Gewissen viele der grundsätzlich positiven Werkzeuge, die wir
benötigen, um die Gesellschaft zusammenzuhalten, als Waffen gegen uns wenden -
Mitgefühl, sexuelle Bindungen, gesellschaftliche und berufliche Rollen, Achtung
für Wohltäter und Kreative, unsere Sehnsucht, die Welt zu verbessern und die
ordnende Macht des Staates. Und den Menschen, die entsetzliche Taten verüben,
sieht man es nicht an. Es gibt kein "Gesicht des Bösen". Könnten wir
irgendwie alle grausigen Assoziationen außer Acht lassen, würde das eigentliche
Gesicht Saddam Husseins eher onkelhaft wirken; vielfach ist gesagt worden, er
hätte ein großes, freundliches Lächeln. Hitlers Gesicht, wäre es nicht durch
dessen Gräueltaten zu einem Symbol des Bösen an sich geworden, könnte man fast
für komisch halten, Chaplinesque in seiner Dümmlichkeit. Lizzy Borden sah aus
wie alle anderen herausgeputzten viktorianischen Damen in ihrem Heimatort Fall
River, Massachusetts. Pamela Smart ist hübsch. Ted Bundy war so attraktiv, dass
Frauen ihm Heiratsanträge in die Todeszelle schickten, und auf jedes anzügliche
Grinsen eines Charles Manson kommt ein strahlend unschuldiges Antlitz eines
John Lee Malvo.
Wir
versuchen, bewusst oder unbewusst, den Charakter eines Menschen anhand seines
Aussehens einzuschätzen, aber diese Strategie, nach dem äußeren Anschein zu
urteilen, ist fast immer ineffektiv. Im wirklichen Leben sehen die bösen Buben
nicht so aus wie sie sollten. Sie haben keine Ähnlichkeit mit einem Werwolf
oder Hannibal Lecter oder Tony Perkins, während er eine Leiche im Schaukelstuhl
anstarrt. Im Gegenteil - sie sehen aus wie wir.
"Gaslight"
Es ist ein
ungemein beängstigendes Erlebnis, zum Opfer eines Soziopathen zu werden, auch
wenn er nicht von der gewalttätigen Sorte ist. Im Jahre 1944 führte George
Cukor Regie in dem Psychothriller Gaslight ("Das
Haus der Lady Alquist"), in dem eine schöne junge Frau - dargestellt durch
Ingrid Bergman - in den Wahnsinn getrieben wird. Ihre Angst, den Verstand zu
verlieren, wird systematisch durch Charles Boyer geschürt, der ihren bösen,
aber charmanten frisch angetrauten Ehemann spielt. Neben anderen
Manipulationen sorgt Boyer dafür, dass Bergman in seiner Abwesenheit Geräusche
auf dem Dachboden hört und dass die Gasbeleuchtung selbsttätig flackert in dem
unheimlichen Haus, in dem vor Jahren ihre Tante unter mysteriösen Umständen
ermordet worden ist. Natürlich glaubt niemand Bergman die Geräusche auf dem
Dachboden oder das Flackern des Gaslichts und auch kaum etwas anderes, und ihre
allmählich wachsenden Zweifel an ihrer Wahrnehmung der Realität finden sich in
der englischen Redewendung "to be gaslighted" wieder. Boyer ist nicht
gewalttätig. Nie schlägt er Bergman. Viel hinterhältiger - er nimmt ihr das
Vertrauen in die eigenen Sinneswahrnehmungen.
Der
Ausdruck "to be gaslighted" beschreibt den Verdacht, Opfer eines
Soziopathen zu sein und den Versuch, anderen Menschen diesen Verdacht zu erklären.
Jackie Rubenstein war ein gutes Beispiel für dieses Phänomen, als sie Doreen
Littlefield wegen ihrer Grausamkeit gegenüber Dennis zur Rede stellte. Danach
hat Jackie einen Freund angerufen, um Zuspruch zu suchen, da sie das Gefühl
hatte, den Verstand zu verlieren. Und als sie versucht hat, dem
Stationsdirektor von ihrer Entdeckung zu berichten, wiederholte er höflich,
aber deutlich Doreens Unterstellung, dass Jackie durch ihren paranoiden
Patienten auch ein bisschen verrückt geworden sei.
Nachdem
Jackie Doreen beschuldigt hatte, sich einem harmlosen Patienten gegenüber
bösartig verhalten zu haben, stellte sich natürlich die Frage: Warum sollte
sich ein solcher Mensch so abscheulich verhalten? Unweigerlich wird diese Frage
von Dritten gestellt werden, entweder offen
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