Stout, Maria
Theaterstück namens Freedom
Train ("Zug in die Freiheit") ansehen, das Harriet
Tubman* und die "Underground Railroad" zum Thema
*
Anmerkung des Übersetzers: Harriet Tubman (ca. 1826 - 1913) war die bekannteste
Fluchthelferin der "Underground Railroad", einer geheimen
Hilfsorganisation für Sklaven, die aus den Südstaaten der USA fliehen wollten.
Sie spielte eine wichtige Rolle im Widerstand gegen die Sklaverei.
hatte. Auf
der ziemlich lauten Busfahrt zurück in die Schule piesackte einer der Schüler
einen Klassenkameraden, indem er ihn schubste und an den Haaren zog. Ich hatte
gehört, dass der stille Junge, den er ärgerte, in seiner Entwicklung
zurückgeblieben war und keine Freunde hatte. Er hatte keine Ahnung, wie er sich
verteidigen sollte. Noch bevor einer der Erwachsenen einschreiten konnte,
tippte ein zierliches, kleines Mädchen, das direkt hinter den beiden Jungen
saß, dem Rabauken auf die Schulter und sagte: "Das ist echt gemein. Hör
auf damit."
Die
Person, die dieses antisoziale Verhalten erkannt und öffentlich dagegen
Stellung bezogen hat, war zehn Jahre alt und vielleicht gerade 1,20 Meter groß.
Der Junge, den sie angesprochen hatte, streckte ihr die Zunge heraus und setzte
sich auf einen anderen Sitz zu einem seiner Kumpels. Sie beobachtete, wie er
sich verzog und spielte dann seelenruhig weiter Schere-Stein-Papier mit dem
Mädchen, das neben ihr saß.
Was
passiert mit uns, wenn wir heranwachsen? Warum unterlassen wir es als
Erwachsene, den Tyrannen "Hör auf damit" zu sagen? Erwachsene
Tyrannen sind stärker, aber wir sind es auch. Wird dieses gesunde kleine
Mädchen sich ebenso souverän und selbstsicher verhalten, wenn sie dreißig Jahre
älter und einen halben Meter größer ist? Wird sie zu einer zweiten Harriet
Tubman werden, wenn auch mit anderen Zielen? Leider stehen die Chancen
schlecht, bedenkt man unsere heutigen Erziehungspraktiken.
Wir
erziehen unsere Kinder, namentlich Mädchen, dazu, ihre spontanen Reaktionen zu
ignorieren 30 - wir lehren sie, kein Aufsehen zu erregen -, und das
ist eine gute und notwendige Lektion, wenn die jeweilige spontane Reaktion
darin bestünde, gewalttätig mit Fäusten oder Worten zuzuschlagen, einen
verlockenden Gegenstand in einem Laden zu stehlen, oder einen fremden Menschen
in einer Warteschlange im Supermarkt zu beleidigen. Aber eine andere Art von
spontaner Reaktion, die ebenso von unserer konfliktscheuen Gesellschaft
unterdrückt wird, ist die "Pfui!"-Reaktion, das natürliche Gefühl
moralischer Entrüstung. Wenn sie erst einmal dreißig ist, könnte das "Pfui!"
des tapferen kleinen Mädchens - ihr Impuls, zu reagieren und Krach zu schlagen,
wenn sich jemand "echt gemein" verhält - aus ihrem Verhalten und
vielleicht sogar aus ihrem Empfinden eliminiert worden sein.
In ihrem
Buch Women's Anger: Clinical and Developmental Perspectives ("Weibliche
Wut: Klinische Ergebnisse und Entwicklungsperspektiven") haben die
Psychologen Deborah Cox, Sally Stabb und Karin Bruckner dokumentiert, wie
Mädchen und Frauen gesellschaftliche Reaktionen auf ihre Wut erleben. Cox,
Stabb und Bruckner schreiben, dass "die Mehrheit der Interaktionen, die
sie [Mädchen und Frauen] beschreiben, ablehnend sind; entweder wird die Wut,
das Mädchen bzw. die Frau oder beides abgelehnt. Die Ablehnung kann sich durch einen
direkten Angriff in Form von Kritik äußern, oder durch eine defensive Reaktion
oder eher passiv durch Rückzug und Herabwürdigung der Motive und Gefühle des
Mädchens oder der Frau." Und auf der Basis ihrer Studien an
heranwachsenden Mädchen stellt die Erzieherin Lyn Mikel Brown fest, dass eine
idealisierte Weiblichkeit auf bedenkliche Weise ein "stilles"
Verhalten auf Kosten eines "kritischen" Verhaltens begünstigen
könne.
Um unseren
bereichernden siebten Sinn vor Scheuklappen zu bewahren, müssen wir, wie bei
den meisten Verbesserungen des menschlichen Daseins, bei unseren Kindern
anfangen. Zu einem gesunden Gewissen gehört die Fähigkeit, sich mit
Gewissenlosigkeit auseinander zu setzen. Wenn Sie ihre Tochter lehren - explizit
oder durch passive Ablehnung -, dass sie ihre Wut ignorieren und freundlich und
duldsam sein muss bis hin zu einem Punkt, an dem sie sich selbst oder andere
nicht verteidigt, und dass sie unter keinen Umständen Aufsehen erregen darf,
dann stärken Sie nicht etwa ihren Gemeinsinn, sondern schädigen ihn - und die
erste Person, die sie nicht mehr schützen wird, ist sie selbst. Cox, Stabb und
Bruckner vertreten
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