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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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wie Sie wohl wissen, und haben bei Ihrer Verhandlung keinerlei Bewandtnis mehr.“
    „Aber ich …“, startete Aidan einen kümmerlichen zweiten Versuch. Vergebens, die dritte Ohrfeige folgte, heftiger als zuvor und Bartholemeus Hinthrone wiederholte stur seine Frage.
    „Da stimmt was nicht“, meldete sich, plötzlich und für die Anwesenden überraschend, Ryan zu Wort. Sämtliche Augen, bis auf die von Aidan, richteten sich auf ihn und er stand auf. Kimberly wollte ihn zurückhalten, indem sie warnend an seinem Ärmel zupfte, allerdings vergeblich. „Die Fragen sind … darauf kann niemand vernünftig antworten.“
    „Mr. Tavish“, sagte der Großmeister betont langsam und wirkte alles andere als glücklich über diese Störung. „Ihre Aussage wurde schon eine Woche nach dem blutigen Angriff aufgenommen und für diesen Prozess berücksichtigt. Genauso wie die Zeugenaussage von Miss Callahan.“ Er machte eine kurze Pause und sprach mit emotionsloser Stimme weiter. „Sie beide müssen keine weiteren Aussagen mehr machen.“
    Diese Warnung traf Ryan mit voller Wucht. Warum war er dann überhaupt eingeladen worden und wieso war der neue Großmeister plötzlich so seltsam? Vor einigen Tagen hatten sie sich noch freundlich auf Omey Island unterhalten. Jäh erinnerte er sich an ein Gespräch zurück. Mrs. Buckley hatte ihn gewarnt, dass er in der Verhandlung äußerst vorsichtig sein sollte. Er sollte aufpassen, was er sagte und tat. War es wahrscheinlich das, was sie damit gemeint hatte? Wusste sie etwas, das er und die anderen nicht wussten? Gab es vielleicht Informationen, von denen nur der Großmeister und der Druidenrat Kenntnis hatten? Außerdem fragte er sich, wieso war Aidan vor dem Prozess zu den Ereignissen schon eingehend befragt worden – höchstwahrscheinlich ohne Zeugen, die seine Antworten bestätigt hätten? Das entsprach keiner vernünftigen Rechtssprechung, weder nach den Regeln des irischen Gesetzes noch nach den Sitten des Druidenordens. Aber offensichtlich schien es niemanden im Saal zu kümmern, denn niemand der Anwesenden sagte etwas, sondern starrten ihn nur ungläubig an.
    „Warum hat man dann Miss Callahan und mich für die heutige Verhandlung offiziell eingeladen?“, fragte Ryan trotzig und achtete nicht auf Kimberly, die inzwischen kräftig an seinem Unterarm zog, damit er sich endlich wieder setzte und den Mund hielt.
    „Fragen Sie nicht mich, Mr. Tavish“, antwortete Hinthrone ärgerlich. „Ich bin dafür nicht verantwortlich und das tut im Moment auch gar nichts zur Sache. Bitte setzen Sie sich, oder verlassen Sie augenblicklich den Saal, denn ich möchte heute noch zu einem Ende kommen.“ Danach fuhr er sich nervös über das schüttere Haar und hämmerte dreimal mit dem Hammer auf sein Pult. Unterdessen glitt sein Blick über die Menge, die unheimlich still war und den Wortwechsel neugierig verfolgt hatte.
    „Ryan, setz dich endlich!“, forderte Kimberly ernst und seufzte erleichtert, als er ohne Widerworte gehorchte. Doch er tat es nur, weil er unbedingt wissen wollte was noch kommen würde. Innerlich brodelte sein Zorn und zum ersten Mal dachte er, dass Aidan McGraths Schuld an dem Ganzen lächerlich war. Sein früherer Mitschüler war immer nur feige gewesen. Anders ausgedrückt, er hatte in dem Wirrwarr nur seinen eigenen, jämmerlichen Arsch retten wollen. Der ängstliche McGrath hatte stets eine große, angeberische Klappte besessen, mehr steckte nie dahinter. Er hätte das, was man ihm vorwarf, niemals freiwillig getan. Das wurde Ryan endlich klar.
    „Waren Sie nun an der Ermordung von Colin Donnan beteiligt? Ich möchte ein deutliches Ja oder Nein hören, keine Erklärungen oder Ausflüchte“, bedeutete Bartholemeus Hinthrone bar jeder Emotion und sah dabei nicht zum Angeklagten Aidan McGrath, sondern zu Ryan Tavish hinüber.
    Ryan war sich dessen nur allzu gut bewusst und schwieg. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen und die freie Hand ballte er zur Faust, damit er seinem Ärger nicht noch einmal Luft machte.
    „Ja“, antwortete Aidan im selben Moment, aschgrau im Gesicht, als hätte er soeben sein eigenes Todesurteil unterschrieben.
    „Gut“, nickte der Großmeister zufrieden. „Dann beantworten Sie die nächste Frage genauso klar und deutlich“, meinte er mit plötzlicher Gelassenheit, beinahe freudig. „Waren Sie an den Vorbereitungen für den Angriff auf Omey Island beteiligt, indem Sie den Feinden halfen, die Sicherheitsvorkehrungen der Insel zu

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