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Sträflingskarneval

Sträflingskarneval

Titel: Sträflingskarneval Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Eickert
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Prolog
     
    Nervös fuhr sich Ryan Tavish mit den Fingern durch seine schwarzen Haare und versuchte sie in eine ansehnliche Frisur zu bringen, doch irgendwie wollte es ihm heute Morgen nicht gelingen. Dabei verriet ihm ein flüchtiger Blick auf seine Armbanduhr, dass allmählich die Zeit davonlief. Aufgeregt hielt er in seinem Vorhaben inne und beobachtete sich selbst noch einmal im Spiegel. Sein Konterfei zeigte einen attraktiven siebzehnjährigen jungen Mann mit hellblauen Augen, welche den Himmel vor seinem Fenster widerspiegelten. Dann sah er kurz aus dem Fenster, wo graue Wolken das Blau über Irland durchbrachen, während die ersten warmen Sonnenstrahlen ihr Licht ausbreiteten und der grünen Wiese unterhalb seines Zimmers neues Leben schenkten. Ryan starrte hinaus und die Angst kroch zurück in seine Glieder.
    Heute, am 24. August 2009, war ein großer Tag für ihn, ein großer Tag für den gesamten Orden. Dennoch kam er nicht umhin, sich deswegen große Sorgen zu machen. Würde alles gut gehen? Würde er seine Sache richtig machen? Diese und viele weitere Fragen spukten bereits seit Tagen durch seinen Kopf und steigerten umso mehr seine Ängste.
    Vor über einem Jahr hätte er nicht daran gedacht, jemals in diesem Zimmer zu stehen. Seitdem waren ihm viele Dinge offenbart worden, die er noch vor zwölf Monaten als Unsinn abgetan hätte. Doch sie waren wahr, so real wie sein Herzschlag und die Luft, die er atmete. So wirklich wie der Himmel und die Erde und die Vielfalt des Lebens um ihn herum.
    Vor diesem aufregenden Jahr war er noch ein ganz normaler Teenanger gewesen, aufgewachsen bei seinem streng irisch-katholischen Onkel und dessen Familie. Ryan liebte Mysterien und Geschichten in alle Arten und Formen. Vorzugsweise verschlang er deshalb eine Unmenge an Büchern mit Mythen und Sagen und sein Wunsch war es einmal Geschichte und Archäologie zu studieren.
    Wieder richtete Ryan seinen Blick auf die Uhr. Der kleine Zeiger rückte näher zur Acht. Spätestens in zwei Stunden musste er in der irischen Provinzhauptstadt Galway sein, doch mit jeder vorrückenden Minute wurde er sichtlich nervöser. Die Erinnerungen an den schrecklichen Überfall bescherten ihm nachts immer noch Albträume. Mit Gänsehaut wandte er sich vom Fenster ab und kehrte dem Chaos seines Zimmers schließlich den Rücken zu. Er schnappte sich noch seinen Glücksbringer – eine silberne Kette mit dem Abbild einer in sich selbst verschlungenen Katze – vom Nachttisch, bevor er zur Tür marschierte. Er hatte die Kette vor einem Jahr von seinem Urgroßvater bei seinem Eintritt in den Orden geschenkt bekommen. Die Katze symbolisierte den Hüter seiner Seelenkräfte und war zugleich sein Beschützer in schwierigen Situationen. Genau dies brauchte Ryan nun.
    Draußen im Flur wirkte das Internat wie ausgestorben. Gegenwärtig waren Sommerferien und die Renovierungsarbeiten noch im vollen Gange. Während Ryan sich der hinunterführenden Treppe näherte, malten die verspielten Strahlen der Morgensonne fantasievolle Gebilde auf den Fußboden und er fragte sich, wieso es überhaupt erst so weit kommen musste. Vor zwei Monaten hatte sein Urgroßvater Colin Donnan noch gelebt. Colin, der Großmeister des irischen Ordens Druida Lovo – dem Druidenorden des Lichts. Immer gerecht, verschroben und rätselhaft, aber dafür der liebenswerteste Mensch, den Ryan bisher kennenlernen durfte. Er mochte ihn von dem Augenblick an, als er sich bei einem unerwarteten Besuch als sein Urgroßvater vorgestellt hatte. Colin war es auch gewesen, der ihn über seine Abstammung aufgeklärt und ihn hierher nach Omey Island gebracht hatte.
    Zuvor wusste er nichts von der Existenz der Bruderschaft, welche über all die Jahrhunderte hinweg überdauerte hatte. Aber es gab sie, gut gehütet, hinter stillen Mauern verborgen, mit ihren eigenen archaischen Regeln, Sitten und Gebräuchen und keinem Außenstehenden wurde jemals ein Einblick gewährt. Der Orden war ebenso sagenumwoben wie die feenhaften Erzählungen und phantasievollen Mysterien der immer grünen Insel. Irland, das Land der grünen Hügel, der Schafe, Moore und weitläufiger Dünen. Irland, eine Insel der Traditionen, des Whiskys und eigensinniger und lebenslustiger Menschen.
    Ryan dachte an seine Eltern, die ebenfalls den Druida Lovo angehört hatten, bevor sie bei einem verheerenden Hausbrand ums Leben kamen; dem Ryan nur deshalb nicht zum Opfer fiel, weil er an diesem Wochenende bei seiner Tante und seinem Onkel

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