Sträflingskarneval
umgehen, bis es zu spät für den Orden war zu handeln?“
Die Zuhörer warteten gespannt, wie Aidan reagieren und ob Ryan sich wiederholt ungebührlich zu Wort melden würde.
„Ja“, antwortete Aidan traurig und dachte betroffen an jene Ereignisse zurück. Am liebsten hätte er alles ungeschehen gemacht und wäre anstelle der anderen gestorben, wenn es geholfen hätte. Die derzeitige Demütigung war auf jeden Fall schlimmer, als irgendwo in der Erde zu verrotten, wo Menschen vielleicht über sein Ableben lachten und auf seinen Grabstein spuckten.
„Dann kommen wir gleich zum letzten Punkt der Verhandlung“, holte Hinthrone Aidan zurück in die Gegenwart und brachte ihn durch diese Äußerung zu heftigem Zittern. „Waren Sie beim Kampf um Omey Island beteiligt? Die genauen Umstände sind unwichtig. Beantworten Sie einfach die Frage mit Ja oder Nein.“
Was sollte er – der gefallene Aidan McGrath – nur erwidern? Er hatte sich tatsächlich im Kampfgeschehen befunden, aber nicht um zu kämpfen. Er war seinem Vater gefolgt und das auch nur, weil Ramon MacDermot ihm mit dem Tod gedroht hatte. Verzweifelt hatte er später im Chaos seinen Vater gesucht, sich gegen die Rebellen mehr schlecht als recht verteidigt und wurde dazwischen von seinem verhassten Mitschüler Ryan Tavish in einer Situation gesehen, die er selbstverständlich falsch interpretiert hatte. Dabei wollte er doch die Datla Temelos an den Großmeister ausliefern, bevor er sich einen Weg gesucht hätte, um sicher zu fliehen und zu seiner Mutter zu gelangen. Aber bereits einen Abend später saß er in Llŷr und die letzten zwei Monate hatte er sein Dasein in einer nie enden wollenden Finsternis zugebracht. Im Vorfeld hatte man ihn auch nie zu den Ereignissen befragt, wie Bartholemeus Hinthrone großspurig behauptete, und nun saß er gedemütigt, schwach, erschöpft und verzweifelt auf dem Anklagestuhl und durfte nicht die Wahrheit sagen.
Wenn er die letzte Frage mit Ja beantwortete, würde ihn das Gericht schuldig sprechen und er käme unverzüglich zurück nach Llŷr, wo er in Wochen, Monaten oder Jahren alleine sterben würde. Was sollte er also tun? Lügen konnte er in Anwesenheit seiner Mutter nicht und erst recht nicht vor seinem ganz persönlichen Hassfeind Ryan Tavish. Vor ihm wollte er sich keine Blöße geben, ob er nun vor einigen Minuten bewusst oder unbewusst Partei für ihn ergriffen hatte. In diesem Augenblick flammte seine Verbitterung gegenüber seinem Mitschüler auf und verdrängte die Angst vor dem unabdingbaren Urteil. Dieses Gefühl drängte ihn schließlich zur Antwort. „Ja, ich war am Kampf beteiligt.“
Kaum waren die unheilvollen Worte ausgesprochen, verschwand Aidans Hass und die Furcht wog wie ein Hurrikan über ihn hinweg. Er hatte seinen eigenen Untergang besiegelt und trotzdem war er stolz auf sich. Er war nicht feige gewesen und nahm sich fest vor, bei der Urteilsverkündung nicht zusammenzubrechen. Zum einen wegen seiner Mutter und zum anderen, weil jeder sein Ende nicht als heulendes und zittriges Häuflein Elend in Erinnerung behalten sollte. Dieses Vergnügen gönnte er niemandem hier im Saal.
Drei kräftige Hammerschläge schreckten Aidan und die Zuschauer auf. Bartholemeus Hinthrone wirkte offensichtlich sehr zufrieden. „Die Schuldfrage ist geklärt. Deshalb befinde ich den Angeklagten, Aidan Kendrik McGrath, für schuldig des Hochverrats und des gemeinschaftlichen Mordes an Mitgliedern der Druida Lovo “ verkündete er dröhnend. „Ich verurteile Sie, Aidan Kendrik McGrath, im Namen des Druidenordens, zu fünf Jahren Sträflingsarbeit, ohne die Möglichkeit auf Verkürzung Ihrer Strafe.“
Ausnahmslos jeder im Gerichtssaal hielt den Atem an, niemand hatte mit diesem Urteilsspruch gerechnet; am wenigsten Ryan und Aidan. Ryan noch weniger, der nicht einmal wusste, dass es im Orden überhaupt Sträflingsarbeit gab. Umso verwirrter glitt sein Blick zwischen seiner besten Freundin und dem Blonden hin und her. Der Großmeister unterhielt sich währenddessen flüsternd mit einigen Männern, die sofort zum Richterpult gestürmt waren und wenig begeistert wirkten.
„Dann ist Aidan jetzt schon der 34-zigste Gefangene, der zu harter Arbeit verurteilt wurde“, murmelte Kimberly und knetete nervös ihre Hände.
„Der 34-zigste?“ Ryan war durcheinander.
„Tja Ryan“, lächelte sie ihn versöhnlich an. „Hättest du besser aufgepasst, was ich dir die letzten Tage zu sagen versuchte, wüsstest du es. Aber
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