Sträflingskarneval
reden.“
Zu gerne hätte er Nein gesagt, denn eine unbändige Wut begann in ihm zu brodeln, eine Wut auf alles und jeden. Doch bevor er überhaupt antworten konnte, hörte er Kimberlys Stimme. „Ryan geht es im Moment nicht so gut und ehrlich gesagt, mir auch nicht.“ Nebenbei zupfte sie sich ihre Bluse zurecht, die durch seine Zerrerei verrutscht war.
„Das ist nach dieser Farce auch kein Wunder“, nickte Kendra und musterte die beiden. Sie bemerkte Ryans unterdrückten Zorn und Kimberlys Traurigkeit. „Aber was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass wir dir sehr dankbar sind, vor allem dir, Ryan. Rossalyn dankt dir für deinen Mut. Nicht jeder hätte eben die Courage besessen, um direkt zu sagen, was er denkt. Dein Verhalten vorhin hat so einigen nicht geschmeckt.“
Er war knapp davor mürrisch zu erwidern, dass er keine Lust verspürte darüber zu reden und er es anständiger gefunden hätte, wenn Rossalyn McGrath sich persönlich bei ihm bedankt hätte, doch er entschied sich anders. Vielleicht würde er von den beiden ja ausnahmsweise einmal keine rätselhaften Antworten auf seine Fragen bekommen und aus diesem Grund schwieg er.
„Dieses Urteil war abzusehen und Rossalyns größte Angst hat sich damit leider bestätigt“, sagte Kendra leise und blickte sich vorsichtig um, um sicher zu sein, dass niemand sie belauschte.
Es schenkte ihnen aber niemand Beachtung und so nutzte Ryan die Gunst der Stunde. „Schön und gut, aber warum ist Arbeit für das verwöhnte Muttersöhnchen denn soooooo schlimm? Meine Güte, er wird in fünf Jahren wieder auf freiem Fuß sein und ein wenig Arbeit bringt ihn schon nicht um. Ihr stellt euch alle an, als wäre Ramon MacDermot als Zombie aus seinem faulen, stinkigen Loch auferstanden.“
Kaum hatte er den Namen ausgesprochen, schnappten Kimberly und Kendra entsetzt nach Luft. Die Frauen wandten ihre Köpfe in alle Richtungen, aber zum Glück schien sich noch immer niemand für sie zu interessieren. Trotzdem zog sie Ryan und Kimberly nervös noch ein Stückchen weiter von der offenen Türe weg in eine kleine Nische. Ryan folgte ihr, obwohl er sich fragte, welches Spiel sie hier spielte. Irgendetwas stimmte mit ihr nicht.
„Mein Junge …“, begann Kendra verschwörerisch und beugte sich zu ihm vor, „… nicht der Anführer ist wieder auferstanden, sondern die alte Angst von damals.“ Auf Ryans fragenden Blick fuhr sie hastig fort. „Wie sage ich es am besten … der Orden möchte an den Schwächsten ein Exempel statuieren. Darauf haben sie eigentlich nur gewartet. Es ist wie in früheren Zeiten, aber damals war die Furcht nicht so … grausam wie heute. Aus diesem Grund hat der Orden auch seine Gesetze geändert … sozusagen das alte Recht wieder eingeführt. Dadurch sichern sie sich die Loyalität der verängstigen Mitläufer.“
„Vor allem derjenigen, die unter den ganzen Streitigkeiten zu leiden hatten, die schon seit Jahrhunderten zwischen dem Orden und den Datla Temelos herrschen. Aber im Moment ganz besonders von jenen, die bei der letzten Auseinandersetzung vor zwei Monaten Angehörige verloren”, warf Kimberly ein und Kendra nickte bestätigend.
„Nun ja“, meinte Ryan immer noch leicht verwirrt. Er kannte die Geschichte des Ordens und dessen Widersacher. „Ich weiß ja, dass die Datla Temelos schon vor der Zeit meines Großvaters Feinde des Druidenordens waren und es nicht der erste Angriff war, der blutig endete. Aber was ist denn an dem alten Gesetz so schlimm? Ich kann die Angst vor den entkommenen Rebellen verstehen, denn sie würden McGrath höchstwahrscheinlich als ihren neuen Anführer akzeptieren, aber …“
„Oh nein, mein Junge!“ Kendras Ernst spiegelte sich in ihren Augen wider. „Kein Einziger von denen da draußen würde das tun. Diejenigen, die es geschafft haben sich zu verstecken oder Irland womöglich schon verlassen haben, werden sicherlich nicht zurückkehren. Das wäre ihr eigenes Todesurteil. Und ganz wichtig … Lawren gilt bei ihnen genauso als Verräter, und wenn der Orden ihn nicht umbringt, dann sicherlich die Formori. All die Sicherheitsvorkehrungen für den heutigen Prozess dienen zu seinem Schutz, nicht weil man befürchtet die Datla Temelos könnten ihn befreien. Lawren ist in Llŷr derzeit besser aufgehoben als sonst wo.“
„Die Gesetze stammen aus dem 12. Jahrhundert“, übernahm jetzt Kimberly und erzählte, was sie darüber wusste. Ryan schaute sie dabei verdutzt an. „Selbst unter den damaligen
Weitere Kostenlose Bücher