Sträflingskarneval
ich bin mir nicht sicher, ob das … es ist viel zu hart.“
„Du meinst, Arbeit wäre nichts für die verwöhnten Patschehändchen eines feigen Muttersöhnchens, der jeden Abend in einer Wanne voll irischer 100-Pfund-Noten badete?“, fragte er sie leise, weil er nicht wollte, dass ihn jemand hörte. „Dieser Arsch hat gerade gesagt bekommen, dass er leider Llŷr nicht mehr von innen sehen wird und du behauptest, die Arbeit wäre für ihn zu hart. Der weiß bestimmt nicht mal, wie man einen Teller abwäscht.“ Der Sarkasmus stach deutlich hervor.
„Urteile du nicht über Dinge, die du nicht kennst“, verteidigte Kimberly Aidan und beobachtete, wie Ryan sich verkrampfte und sie zornig anfunkelte, wobei er seine Hände zu Fäusten ballte. Aber das war gar nicht ihre Absicht gewesen, sie wollte lediglich, dass ihr bester Freund endlich verstand. „Mir ist schon klar, dass du ausgleichende Gerechtigkeit für deinen Urgroßvater möchtest, aber so behandelt man niemanden mehr heutzutage. Und ich weiß, dass du Aidan hasst, fast genauso sehr wie deinen Cousin, doch das rechtfertigt keine Sträflingsarbeit für ihn.“
„Wenn du meinst“, bockte er und verschränkte die Arme vor der Brust. „Du musstest auch nie eine Nacht im Wasser verbringen, während er behauptete, ich wäre nach Galway gefahren, nur weil ich ihn erwischte, als er die Prüfungsaufgaben kopierte. Und verprügelt hat er dich auch nie oder ist dir heimlich hinterher geschlichen und hat Gespräche belauscht.“
„Ja schon“, gab sie zu. „Was er gemacht hat, war nicht richtig und er hat damals seine Strafe dafür bekommen. Doch vergiss nie, er ist nicht dein Cousin Duncan und du lebst jetzt völlig unabhängig von deinem Onkel und deiner Tante dein Leben. Du bist keinem gegenüber verpflichtet, außer dem Orden. Hier geht es auch nicht um dich, sondern um die Ungerechtigkeit und unlauteren Methoden des Guten. Verstehst du?“
Ryan schüttelte uneinsichtig den Kopf. Er wollte keinen Streit zwischen sich und der einzigen Person heraufbeschwören, bei der er sich seit seiner Kindheit zum ersten Mal richtig frei fühlte. Erneut erklang das laute Hämmern des Richterhammers durch den Saal und schlagartig wurde es wieder still.
„Alleine auf das Tragen des Zeichens von Datla Temelos “, erklärte Bartholemeus Hinthrone kalt und fixierte Aidan achtsam, der vorsichtig nach oben schielte, „steht Sträflingsarbeit. Aufgrund ihrer Geständigkeit und unter Berücksichtigung der entlastenden Zeugenaussagen wurden fünf Jahre Sträflingsarbeit als angemessenes Strafmaß festgelegt. Während dieser Zeit steht Ihnen nicht das Recht zu, mit ihrer Familie oder anderen Ordensangehörigen in Kontakt zu stehen. Die Verhandlung ist damit beendet. Er kann abgeführt werden.“
Ein kräftiger Hammerschlag besiegelte den Urteilsspruch des Richters und machte diesen offiziell rechtskräftig. Gleich darauf verkündete Hinthrone, dass es nach einer einstündigen Pause weiterginge. Der wichtigste Prozess gegen Lawren McGrath wartete noch. Dann erhob er sich und verschwand gemeinsam mit einigen Ordensmitgliedern in einen Nebenraum, nur die bulligen Wachen blieben zurück.
- 2 -
Alles wird anders
„Ich muss hier raus!“, sagte Ryan schroff, sprang auf und zog Kimberly am Arm von der Sitzbank, ohne auf ihren Widerstand zu achten, und bugsierte sie in Richtung Tür.
Aus den Augenwinkeln spähte er ein letztes Mal zu Aidan hinüber, der vom Stuhl losgekettet worden war und jetzt trotz mangelndem Widerstand unter grobem Schubsen und Ziehen abgeführt wurde. Er wirkte dabei wie in Trance. Ryan hatte das Gefühl, als würde sein ehemaliger Mitschüler den Drang unterdrücken, seine Mutter anzusehen. Rossalyn saß noch genauso da, wie während der Verhandlung und machte keinerlei Anstalten, etwas daran ändern zu wollen. Dafür war der Platz neben ihr plötzlich leer und Kendra O’Neill rief freundlich durch die Menge zu den beiden Jugendlichen, sie sollten ihr in den Gang folgen.
Ryan und Kimberly kämpften sich durch die hinausströmenden Zuhörer und machten erst vor Kendra Halt, die etwas abseits der anderen Ordensmitglieder stand. Ryan ließ Kimberly, die ihn mit einem tadelnden Blick bedachte, endlich los und schaute Kendra stirnrunzelnd an.
„Ryan, mein Junge“, sprach Kendra nervös und sie fuhr sich geistesabwesend über ihre kurzen grauen Haare. Dass sie die Fünfzig bereits überschritten hatte, sah man ihr kaum an. „Ich möchte kurz mit dir
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