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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Augenblick, in dem es Krüll innerlich einen Riß gab. Er wandte sich stumm ab, um wegzugehen – und stolperte fast über Oberleutnant Bevern, der unbemerkt herangekommen war und wortlos die Szene beobachtete.
    Krüll wollte eine Meldung machen, doch Bevern winkte ab. Langsam, mit einer dünnen Gerte seine Stiefel peitschend, trat er gegen Schwanecke.
    »Sie sind also ein Spezialist in Karnickeln?« fragte er freundlich.
    »In Karnickelböcken.«
    Deutschmann drehte sich ab. Er konnte es nicht mehr mitansehen. Mein Gott, dachte er, der Mann redet sich noch einmal vor ein Erschießungskommando!
    Bevern zog die Augenbrauen hoch. »Wieso Böcken?«
    »Ich benutze sie zu Studienzwecken, Herr Oberleutnant. Irgend 'ne Kleine sagte einmal zu mir, ich wäre ein Kaninchenbock. Seitdem beobachte ich die Viecher, aber ich bin noch nicht drauf gekommen, was sie damit meinte.«
    »Und – das Kaninchen war plötzlich da. Es ist Ihnen einfach zugelaufen?«
    »Jawohl. Es saß auf einmal vor mir und machte Männchen. Daran erkannte ich, daß es ein Kaninchenbock war.«
    »Wieso?«
    »Eine Häsin würde ein Weibchen machen, Herr Oberleutnant.«
    Auf dem Appellplatz geschah dann etwas, was sogar Hauptmann Barth zuviel wurde. Er öffnete das Fenster und stoppte die Bevernsche Stunde mit einem kurzen und lauten »Halt!«
    Schwanecke mußte sich auf den Bauch legen und quer über den großen Platz hin und her wie ein Wurm kriechen. Durch den Staub, durch den Dreck der Küchenabfälle, durch einige Pfützen aus der verstopften und überlaufenden Latrine der 1. Kompanie, immer das Gesicht auf dem Boden. Und Bevern gab das Tempo an, indem er pfiff.
    Nach dreimaliger Überquerung des Hofes ertönte Hauptmann Barths »Halt«.
    Lässig, mit federndem Schritt, ging Bevern in die Offiziersbaracke und ließ Schwanecke im Dreck liegen.
    »Was soll das, Herr Oberleutnant?« fragte Barth hart, als Bevern eintrat.
    »Ich habe diesem Schwanecke beweisen müssen, daß der Mensch vom Lurch abstammt.«
    »Unsinn!«
    Bevern wurde steif.
    »Und damit glauben Sie, den Krieg zu gewinnen?« Hauptmann Barth winkte ab. Gehen Sie! hieß das. Gehen Sie sofort, Sie Dreckhaufen! Bevern verstand und ging. Doch bevor er nach der Türklinke griff, hielt ihn Barths Stimme auf: »Ich würde mir an Ihrer Stelle diesen Mann nicht zum Feinde machen. Wir kommen nach Rußland … Gehen Sie jetzt!«
    Schwanecke stand taumelnd auf. Sein Gesicht war dreckverkrustet, unmenschlich verzerrt, schreckenerregend. Schweratmend lehnte er sich an die Barackenwand.
    Deutschmann lief weg und brachte ein Kochgeschirr voll Wasser. Dann knöpfte er Schwanecke das Hemd auf. Schwanecke sah ihn mit glasigen, verständnislosen Augen an. In langen Zügen trank er das halbe Kochgeschirr leer und schüttete sich das restliche Wasser über den Kopf. »Oberleutnant Bevern –«, murmelte er dann mit gepreßter, unnatürlicher Stimme.
    Deutschmann fröstelte. Mein Gott, dachte er, ich möchte nicht in Beverns Haut stecken.
    »Willst du noch Wasser?« fragte er Schwanecke.
    »Danke, Kumpel, es war genug. Willst du eine Zigarette?«
    In diesem Augenblick bewunderte der vornehme, stille Dr. Deutschmann den Schwerverbrecher Karl Schwanecke. Und in diesem Augenblick faßten der Akademiker und der Kriminelle eine stille, wortlose Zuneigung zueinander, die sie durch das Gefühl, daß sie beide – und alle anderen mit ihnen – nur einen gemeinsamen Feind hatten, um so stärker empfanden.
    Die Sache mit dem Kaninchen ging wie ein Lauffeuer durch das Bataillon. Auch Oberleutnant Obermeier erfuhr davon und stellte Bevern zur Rede. »Darf ich Sie aufmerksam machen, mein Herr, daß ich der Chef der 2. Kompanie bin und nicht Sie!« sagte er scharf. »Sie haben als Adjutant des Kommandeurs keinerlei Befehlsgewalt über die Truppe, sondern haben lediglich als Verbindungsmann zu dienen.«
    »Dieser Untermensch«, fing Bevern an, aber Obermeier unterbrach ihn barsch:
    »Ungeachtet dessen, daß er zu meiner Kompanie gehört, haben Sie sich mit ihm eine verfluchte Schweinerei geleistet!«
    »Wollen Sie mir einen Kurs über meine Pflichten geben? – und wie ich sie auszuführen habe?« Bevern ging zum Gegenangriff über. »Ihre Kompanie ist – ein Sauhaufen, Herr Kamerad!«
    »Ich werde Sie für diese Worte vor dem Kommandeur zur Rechenschaft ziehen«, sagte Obermeier kalt. »Übrigens verbitte ich mir von Ihnen die Anrede Kamerad. Wären wir jetzt nicht im Krieg, würde ich es darauf ankommen lassen und Sie links

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