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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wer fragte jetzt noch nach einem Oberst von Bartlitz?
    »Ich zähle bis drei. Eins –.«
    »Genug jetzt, mein Junge«, unterbrach ihn eine sanfte, ruhige Stimme aus der Ecke. Ein noch junger, untersetzter, unscheinbar blond aussehender Soldat kam langsam an den Tisch. Seine bloßen Füße tapsten auf dem Holzboden.
    Schwanecke zählte: »Zwei und –.«
    »Dreh dich herum!« sagte der junge Soldat lauter.
    Schwanecke schien ihn erst jetzt zu hören. Er drehte den Kopf leicht zur Seite, maß mit einem schnellen Blick den neuen Gegner und wendete sich dann wieder zum Oberst. Seine linke Hand ballte sich zur Faust.
    »Hierhersehen –!« schrie der junge Soldat auf, flankte wie ein geübter Turner über den Tisch und riß den überraschten Schwanecke vom Oberst.
    »Mach ihn kalt, Schwanecke!« schrillte Rattengesichts Stimme durch den Raum. Er sprang auf, und es schien, als wollten sich jetzt auch die anderen Kartenspieler einmischen.
    Doch sie kamen nicht dazu.
    Was jetzt geschah, ging so schnell vor sich, daß später kaum einer beschreiben konnte, wie der junge, neben dem bulligen, bärenstarken Schwanecke knabenhaft-zerbrechlich wirkende Soldat mit dem Gegner fertig wurde. Zwei Köpfe fegten wie ein Wirbel durch die Stube, rissen den Tisch um, man hörte nur Schwaneckes wütendes Knurren, sein keuchendes Atmen und plötzlich einen unmenschlichen, spitzen, schrillen Schmerzensschrei.
    Der junge Soldat löste sich geschmeidig vom liegenden Schwanecke, stand noch einen Augenblick über ihn gebeugt, richtete sich auf und fuhr sich mit der Hand durch die kurzen Haare.
    »So –«, sagte er.
    Schwanecke lag auf dem Rücken und starrte mit glasigen, schmerzerfüllten Augen gegen die Decke. Über seine Schläfen rannen Tränen. Er öffnete den Mund, aus dem vorhin der schreckliche Schrei gekommen war, klappte ihn wieder zu, durch die Stille drang ein lang ausgezogenes, furchtbar anzuhörendes Knirschen, wie von brechenden Zähnen. »Was ist –«, stammelte er, und wieder:
    »Was ist das – was ist das –.«
    »Um Himmels willen – was haben Sie mit ihm gemacht?« fragte der Oberst.
    »Nichts Besonderes. Es tut ihm nicht lange weh. Ein bißchen Jiu-Jitsu. In einer halben Stunde ist er wieder der alte.«
    »Steh auf!« sagte der junge Soldat zu Schwanecke.
    Der sah ihn zuerst verständnislos an, dann kam in seine Augen wieder Leben, Erkennen – und Furcht. Ächzend beugte er sich vor, hockte einige Augenblicke auf Knien und Händen, schüttelte den Kopf und zog sich dann, sich auf einen umgeworfenen Hocker stützend, auf die Beine. Schmerzvoll gekrümmt, mit hängenden Armen stand er vor dem Gegner, noch benommen von dem schnellen Überfall.
    »Gib jetzt die Dose zurück«, sagte der junge Soldat ruhig.
    Schwer, langsam, als hätte er eine Last zu tragen, die weit über seine Kräfte ging, schleppte sich Schwanecke durch die Stube und gab Deutschmann die Zigarettendose zurück.
    »Auch die Zigarette«, sagte der junge Soldat.
    Schwanecke nahm aus der Brusttasche eine Zigarette und hielt sie hin. Deutschmann zögerte.
    »Nehmen Sie's«, sagte der Soldat.
    Deutschmann tat es.
    »Und jetzt entschuldige dich«, sagte der Soldat.
    »Schon gut. Es tut mir leid«, sagte Schwanecke.
    »Ich danke Ihnen, junger Mann, es war höchste Zeit!« sagte der Oberst.
    Der Soldat drehte sich langsam zu ihm und sah den Obersten lange an. »Sie haben mir nicht zu danken«, sagte er dann mit seiner ruhigen, doch jetzt ein klein wenig zitternden Stimme. »Ich habe es nicht Ihretwegen getan. Wenn es allein um Sie ginge, würde ich nicht mal einen Finger krumm machen, Sie – Offizier. Sie sind selbst schuld, wenn Sie hier sitzen und von solchen Leuten verprügelt werden –«, mit dem Kopf zeigte er gegen Schwanecke, der kraftlos auf einen Schemel gesunken war. »Sie haben selbst geholfen, die Leute hochzubringen, von denen Sie hierhergeschickt wurden, weil Sie nichts gegen sie unternommen haben, als es noch Zeit war. Mehr noch: Ihr habt sie sogar unterstützt – ihr Offiziere!« Seine Stimme war jetzt eisig und verächtlich. Und dann machte er einen schnellen, lautlosen Schritt gegen den verwirrt dastehenden Oberst, beugte sich vor und sagte: »Wissen Sie, warum ich hier bin? Weil ich einen Schweinehund von einem Offizier genauso verprügelt habe wie den da. Und er hat's bei Gott mehr verdient. Schwanecke habe ich nur beigebracht, daß ich keine Lust habe, die Tyrannei der wildgewordenen Spießer und von Offizieren gegen die der Gosse

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