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Strafzeit

Strafzeit

Titel: Strafzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Ummenhofer , Alexander Rieckhoff
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Frühstückstisch in der Nase?« Dann ging er zu einem anderen Thema über: »Könnt ihr euch eigentlich nicht eine eigene Stammkneipe suchen?«
    Seine Tochter schien ihn geflissentlich zu überhören.
    »Ich bin dann mal weg«, sagte sie gut gelaunt.
    Hubertus hörte die Haustür zuschlagen. Er seufzte. Kinder zu erziehen war alles andere als einfach. Gerade, wenn die Ehefrau einen schmählich im Stich ließ und stattdessen wieder mal auf der Suche nach sich selbst war. Und insbesondere, wenn ein unsäglicher Anwalt ihr bei dieser Suche half …
    Die Villinger Innenstadt zierten drei prächtige Tore, ein weiteres war der Stadtentwicklung zum Opfer gefallen. Die vier kreuzförmig angeordneten Hauptstraßen kündeten von der Jahrhunderte währenden Dominanz des Zähringergeschlechts.
    Am Samstagmorgen herrschte in der Innenstadt stets dichtes Gedränge. Fast alle Einwohner schienen sich in die Fußgängerzone verirrt zu haben.
    Kaufen, sehen und gesehen werden, lautete das Motto. Und das obligatorische Schwätzchen durfte dabei natürlich nicht fehlen.
    Hubertus trat auf den Münsterplatz. Schon als kleiner Bub hatte er diesen Platz geliebt, war sofort hellwach gewesen, wenn seine Mutter ihn am Samstagmorgen ganz früh geweckt hatte, um mit ihm auf den Wochenmarkt zu gehen.
    Er liebte die Farben und Gerüche, die Vielfalt an Obst, Gemüse und Blumen, den Duft von frisch geräuchertem Schwarzwälder Schinkenspeck und die freundlichen Marktfrauen, die ihm hier und da etwas zusteckten.
    Auch das Münster mit seinen beiden Türmen, deren bunte Ziegel in der Morgensonne leuchteten, ließ immer wieder sein Herz aufgehen – er hing eben an seiner Heimatstadt.
    Damals, als Elke nach dem Studium mit ihm in Freiburg bleiben wollte, hatte er sich durchgesetzt, hatte darauf bestanden, dass das Villinger Münster durch kein anderes zu ersetzen und der Villinger Wochenmarkt der schönste in ganz Baden sei.
    Hubertus seufzte. Vielleicht wäre ja alles anders gelaufen, wenn er damals mehr auf sie eingegangen wäre …
    Aber diesen Platz hätte er für nichts und niemanden eingetauscht, und Frauen wollten sowieso andauernd etwas anderes, da durfte man auch nicht immer nachgeben.
    Im Laufe der Jahrzehnte hatte sich einiges verändert: Obst- und Gemüsestände waren zu »Bio«-Obst- und Gemüseständen geworden, Wurst gab es überwiegend von glücklichen Tieren, geschlachtet von glücklichen Metzgern, und der Käsehändler hatte einen Ring im Ohr und verkaufte Käse, deren verwirrende Namen nur seine Lehrerkollegen fehlerfrei aussprechen konnten, die zwei Stände weiter auch eingelegte Oliven kauften und ihre Urlaube wahlweise in Südfrankreich oder der Toskana verbrachten.
    Nicht, dass Hubertus nicht auch schon dort anzutreffen gewesen wäre. Aber in diesem Sinne war er bodenständig: Er sprach die Käsenamen immer so aus, wie er sich vorstellte, dass es die Verkäuferinnen tun würden. Das sei vertrauensbildend, hatte er Martina einmal erklärt.
    Hubertus näherte sich dem Stand, an dem er immer seinen ökologischen Honig kaufte.
    »Habet Sie scho g’hört?«, fragte die Marktfrau und riss ihn jäh aus seinen Gedanken heraus. »En Dote beim Eishockey. Es isch e verrückte Welt.«
    Er nickte geistesabwesend und schlenderte zu seinem Stammgemüsehändler.
    »Huby, hast du schon das mit Mielke erfahren?«, schallte es ihm von dort entgegen.
    Leider hatte es sich Elke während ihrer nunmehr siebzehn Jahre währenden Ehe auch angewöhnt, bei Franz Lederer aus Appenweier einzukaufen.
    Den Anblick seiner Nochehefrau konnte er prinzipiell ertragen – schließlich fand er sie immer noch sehr attraktiv –, doch den schmierigen Bröse hätte er sich an diesem Morgen gerne erspart. Und beide zusammen waren für ihn wie Gift und Galle.
    »Sie waren doch gestern sicher auch bei den ›Wild Wings‹. Haben Sie nichts davon mitbekommen?«, mischte sich der Pseudostaranwalt denn auch gleich ein.
    »SERC«, verbesserte ihn Hubertus. »Ja, ich hab’s von Weitem gesehen. Viel Aufregung«, berichtete er wortkarg. Er hatte keine Lust, den beiden alles zu erzählen. Im Gegenteil: Kontrollierte Aggressivität lautete auch heute das Motto. »Wenn sie den Mörder haben, sag ich’s Ihnen«, blaffte er den Anwalt an. »Dann können Sie ihn ja verteidigen.«
    Dann wandte er sich seiner Nochgattin zu: »Und, wie geht es unserer Esoterikerin auf Selbstfindungstrip?«
    Allmählich ging die kontrollierte in eine unkontrollierte Aggressivität

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