Strafzeit
hat sich gestern wirklich merkwürdig verhalten. Gibt sich als Frau Gerber aus … Und nun auch noch diese Geschichte. Die lässt sie in einem wirklich verdächtigen Licht erscheinen«, analysierte Klaus auf dem Weg zur Kasse, wo sie ihr restliches Spielgeld wieder umtauschten.
Bis zur Autobahnausfahrt Kreuz Bad Dürrheim war es schweigsam in Riesles Kadett. Klaus und Hubertus waren frustriert darüber, dass die Polizei offenbar einen so großen Ermittlungsvorsprung hatte.
Vom entgangenen Roulettegewinn ganz zu schweigen.
»Der Besuch bei Frau Mielke duldet absolut keinen Aufschub mehr«, brach Riesle schließlich das Schweigen.
»Das hatten wir ja gestern schon ausgemacht«, gab Hummel zurück.
Klaus platzte der Kragen. »Ich hab dir ja gleich gesagt, dass wir die Mielke nicht schonen dürfen. Die Suche nach der kriminalistischen Wahrheit kann keine Rücksicht auf so etwas nehmen. Du immer mit deinem moralischen Getue: typisch Lehrer.«
»Das bringt doch jetzt nichts«, beschwichtigte Hubertus. »Frau Mielke hatten wir doch beide zunächst nicht auf unserer Rechnung. Morgen Nachmittag habe ich keinen Unterricht. Da können wir sie doch befragen.«
Klaus hätte am liebsten zu einer Schimpftirade über das Freizeitverhalten der Lehrer angesetzt. Er selbst hatte zwar Urlaub, aber es ärgerte ihn, dass Hubertus mal wieder so selbstverständlich voraussetzte, dass er verfügbar war.
»Zufällig hab ich morgen nichts vor«, antwortete Klaus schnippisch.
In der Kalkofenstraße, unterhalb des Hubenlochs, setzte Riesle Hummel ab. Dieser wollte noch ein paar Schritte laufen. Er nahm einige kräftige Luftzüge und hauchte Dampfschwaden in den sternenklaren Nachthimmel.
Vom Münster schlug es Mitternacht.
Dann schlitterte er vorsichtig die spiegelglatte Laiblestraße in Richtung Südstadt hinunter. Er wollte auf gar keinen Fall stürzen und diesmal als Patient in den Städtischen Kliniken landen. Vom Krankenhausgeruch hatte er morgens schon genug inhaliert.
17. DIE VERGESSENE JACKE
Am nächsten Morgen machten sich der Schlafmangel und die schlechte Vorbereitung bei Hubertus’ Unterrichtsqualität bemerkbar. Mehrfach verhaspelte er sich, sodass die 11a bei seinen Ergüssen über Theodor Storms »Schimmelreiter« kollektiv grinste. Auch der Gemeinschaftskundeunterricht in der Zwölften lief nicht optimal. Am Schluss der Stunde wusste selbst Hummel nicht mehr, in welchem Fall nun eigentlich der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat eingesetzt wurde.
Er musste dringend ins Bett.
Schließlich wollte er nicht zuletzt am morgigen Abend beim Entscheidungsspiel zwischen Schwenningen und Ravensburg wieder fit sein.
Aus der Mütze Schlaf wurde jedoch nichts, denn es standen noch ein knappes Dutzend Besorgungen in der Innenstadt an.
»Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann«, hatte es in den Siebzigern einmal ironisch in einem Schlager geheißen.
Seit Elke weg war, erinnerte er sich ständig an dieses Lied.
Wenigstens der strahlend blaue Himmel über der alten Zähringerstadt hob seine Laune. Die Münstertürme glitzerten im gleißenden Licht. Besonders der Turm mit den bunt emaillierten Ziegeln war wie ein Leuchtfanal schon von weither zu erkennen.
An solchen Tagen fluchten die Villinger ausnahmsweise mal nicht über ihre Stadt als »kaltes Loch«. Die reine Schwarzwaldluft bescherte glasklare und sonnige Tage.
Hubertus brummte der Magen. Die Einkäufe mussten warten.
Er beschloss, sich mit einem Döner zu stärken. Mit der türkischen Spezialität in der Hand spazierte er mampfend in Richtung Hubenloch und hatte alle Hände voll damit zu tun, die Soße von seinem Mantel fernzuhalten.
Sollte er sich zu Hause einige Minuten Erholung versprochen haben, so lag er damit falsch. Am Küchentisch saß nämlich seine Tochter Martina in verzweifelter Stimmung.
Hubertus war ziemlich sicher nicht der sensibelste aller Väter, doch die rot geweinten Augen fielen sogar ihm auf. Als Hubertus sich und Martina jeweils eine Latte macchiato kredenzt hatte, rückte sie mit der Sprache heraus.
Wobei nicht besonders viel Menschenkenntnis dazugehörte, um zu erahnen, dass sie Probleme mit ihrem Freund hatte.
Womit auch sonst? Schulnoten brachten siebzehnjährige Mädchen nur noch in absoluten Ausnahmefällen zum Weinen. Gesundheitliche Beschwerden konnte er bei ihr ziemlich sicher ausschließen. Und für Tränen, weil sich beispielsweise ihre Lieblingsgruppe getrennt hatte, war Martina nun doch
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