Strafzeit
doch nicht«, rief Hubertus und klatschte sich mit der flachen Hand kräftig gegen die hohe Stirn, sodass es ordentlich knallte.
Hummel hatte sich den Gewinn schon ausgerechnet, ja ihn beinahe fest eingeplant.
»Ein schöner Batzen Geld ist uns da durch die Lappen gegangen. Zwischen sechshundertachtzig und vierzehnhundert Euro Gewinn wären dringewesen«, rechnete Klaus vor, der immer noch wie versteinert auf das fast abgeräumte Tableau starrte.
Dann schien Hubertus wieder zur Besinnung zu kommen.
»Völliger Wahnsinn, diese Zockerei. Eigentlich sind wir doch wegen unserer Ermittlungen hergekommen. Die haben wir vor lauter Zahlensalat aus den Augen verloren«, meinte er. Mittlerweile konnte er gut nachempfinden, wie Leute spielsüchtig wurden.
»Vertrauensbildende Maßnahmen nennt man das. Durch die gemeinsame Spielerei ist Rado doch noch zutraulicher geworden«, flüsterte Klaus seinem Freund ins Ohr.
Radovan, der mit beiden Händen in seinen Sakkotaschen nach den Jetons kramte und mit den Achseln zuckte, näherte sich wieder. »Tut mir leid, Freunde. Is total in Hose gegangen. Nur eine Zahl weiter, und ihr viel Geld gewinnen. Ich zum Glück nicht noch mal habe gespielt Paroli.«
»Hast du jetzt vielleicht fünf Minuten für einen Sekt an der Bar?«, fragte Klaus.
Der Bosnier schien ein schlechtes Gewissen zu haben. Das konnte man an seiner verlegenen Miene ablesen.
Er wählte nun allerdings den teuersten französischen Champagner, den die Casinobar zu bieten hatte: Klaus und Hubertus, die ihn einluden, nippten hingegen an ihren Biergläsern. Nach einem winzigen Schluck Champagner hatten die beiden abgewunken. Nein, das war nichts für sie.
»Rado«, setzte Klaus in kumpelhaftem Tonfall an, »wir kommen im Mordfall Mielke nicht weiter …«
»Die Spuren, die ins Rotlichtmilieu führten, scheinen uns bisher nicht zum Ziel zu bringen«, ergänzte Hubertus.
»Sag mal, kannst du dir vorstellen, dass jemand aus dem Zockermilieu etwas mit der Sache zu tun haben könnte?« Riesle blickte Hummel an und setzte dann Josipovi´c über die möglichen Zusammenhänge ins Bild. »Gestern wurde ein weiterer Zocker aus Villingen, ein gewisser Michael Gerber, lebensgefährlich verletzt. Kanntest du den?«
Radovan kratzte sich das stopplige Kinn. »Gerber … Hm … nein, ich nicht kennen. Und überhaupt: Zocker verrieckte Leute, aber nicht so verrieckt, dass sie jemand umbringen.«
Klaus ließ nicht locker. »Kennst du die ›Blue Heroes‹, diese Rocker? Sind die ab und zu da?«
Radovan nickte: »Sind öfter da. Mal in Rockerjacke, mal in Anzug und Krawatte, wenn gehen zocken. Würde ich mich fernhalten von diese Leute …«
»Weißt du, ob Mielke mit denen in Kontakt stand? Vielleicht gar mal Ärger mit ihnen hatte?«, erkundigte sich Klaus.
Radovan schüttelte den Kopf.
»Ist dir vielleicht sonst noch irgendetwas eingefallen?«
Radovan setzte das Champagnerglas an der Bar ab, verschränkte die Arme, sein Blick verfinsterte sich. Er beugte sich zu Klaus und Huby hinüber, denen ein Schwall voll Zockerschweiß in die Nasenflügel stieg.
Hubertus drehte sich weg. Für einen Moment glaubte er plötzlich, im Augenwinkel nicht nur seinen ehemaligen Schüler Uwe, sondern auch diesen komischen Zivifreund seiner Tochter vorbeihuschen gesehen zu haben.
Und die Frau da hinten? Sah die nicht Elke ähnlich?
Immerhin: Jemand, der ihn an Bröse erinnerte, konnte er nicht ausmachen.
Er schüttelte den Kopf. Irgendwie litt offenbar seine Wahrnehmung unter dem Stress. Er phantasierte schon.
»Vielleicht von Bedeutung«, redete Radovan weiter. »Neulich nach Gespräch mit euch mich Kommissar befragen. Müller mit Name. Er mir erzählen von Rückkauf von Lebensversicherung, den Mielke einem Spieler anbieten. Name egal.«
Radovan griff wieder zum Glas, nahm einen kräftigen Schluck und verzog das Gesicht. »Er sprechen von fünfunddreißigtausend Euro und dass Versicherung auf Mielkes Frau laufen.« Radovan nickte bedeutungsvoll. »Frau hätte doch zwei Fliegen mit eine Klappe kaputt machen. Versicherung kassieren und verschwenderische Ehemann kaltmachen.«
Hubertus und Klaus sahen sich bedeutungsschwanger an. Bisher hatten sie es noch nicht gewagt, Claudia Mielke direkt zu befragen – außer gestern im Krankenhausflur. Vor allem der Pietät wegen hatten sie von einem Besuch Abstand genommen. Immerhin waren zwei Halbwaisen im Spiel. Das verlangte Respekt, wie Hubertus seinen Journalistenfreund belehrt hatte.
»Die Mielke
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