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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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würde gar nicht lange genug hier sein, dass es irgendjemanden interessierte.
    Meine Tasche knallte auf den Boden. In der Spüle stapelte sich noch das Geschirr von gestern Abend. Dad saß am Küchentisch, halb über ein Tablett gebeugt, und lud Magazine, wobei jede Kugel leise klickte. »Hi, Kleines.«
    Ich schnaubte, griff nach der Orangensafttüte und trank einen großen Schluck. Dann wischte ich mir den Mund ab und rülpste melodisch.
    »Sehr damenhaft!« Was es bedeutete, dass er seine blutunterlaufenen Augen keine Sekunde von dem Magazin abwandte, wusste ich.
    »Willst du heute Abend weg?«, fragte ich und meinte: ohne mich?
    Klick. Klick. Er legte das volle Magazin beiseite und machte sich an das nächste. Die Silbermantelkugeln blitzten im Lampenkegel. Die ganze Nacht musste er damit beschäftigt gewesen sein, die Kugeln zu fertigen und sie in die Magazine zu laden. »Zum Abendessen bin ich noch nicht wieder da. Bestell dir eine Pizza oder was immer du willst.«
    Das hieß: Dort, wo er hinging, würde es nicht sozusagen bloß gefährlich, sondern richtig heikel. Und er brauchte mich nicht, um das Ziel ausfindig zu machen. Also hatte er Informationen erhalten. Diese Woche war er jeden Abend aus gewesen, aber immer rechtzeitig zum Abendbrot wieder zurückgekommen, nach Zigarettenrauch und Gefahr stinkend. In anderen Städten hatte er mich meistens mitgenommen. Die Leute dort kümmerte es entweder nicht, dass ein Teenager in einer Bar saß und eine Cola trank, oder Dad war ziemlich sicher gewesen, dass ein frostiger Blick oder ein gerauntes Wort reichten, um jeden Ärger abzuwenden. In dieser Stadt aber hatte er mich noch nirgendwohin mitgenommen. Was er wusste, musste er folglich allein herausbekommen haben.
    Wie? Wohl auf die altmodische Art. So mag er es eben lieber, schätze ich. »Ich komme mit.«
    »Dru!« Nur das eine Wort, eine Warnung. Moms Silbermedaillon blinkte an seinem Hals.
    »Du brauchst mich vielleicht. Ich kann die Munition tragen.« Und dir sagen, falls etwas Unsichtbares in der Ecke lauert und dich anguckt. Den wimmernden Unterton in meiner Stimme überspielte ich, indem ich gleich noch einmal rülpste, ein hübsches tiefes Rülpsen, bei dem nicht viel gefehlt hätte, dass das klapprige Fenster in den Garten mit der alten Schaukel gekippt wäre. Vor den Schränken neben dem Herd stand eine Kiste mit Geschirr. Ich musste mich zusammennehmen, um nicht dagegenzutreten. Moms Keksdose, eine fette, grinsende, schwarz-weiße Kuh, stand neben der Spüle. Sie war das Erste, was wir in jedem neuen Haus auspackten. Deshalb steckte ich sie immer in den Badezimmerkarton mit dem Klopapier und dem Shampoo, weil der in jedem Haus als Letzter gepackt und als Erster wieder ausgepackt wurde.
    An das dauernde Packen hatte ich mich inzwischen gewöhnt. Und ich wusste aus Erfahrung, dass es nach anderthalb Tagen Fahrt kein Spaß war, nach Klopapier zu suchen.
    »Diesmal nicht, Dru.« Jetzt sah er zu mir auf, so dass sein kurzgeschorenes blondes Haar unter der grellen Lampe aufschien. »Ich bin spät zurück. Warte nicht auf mich!«
    Ich wollte mich beschweren, aber sein Mund war zu einer dünnen schmalen Linie geworden, und die Flasche auf dem Tisch sprach erst recht dagegen: Jim Beam. Sie war fast voll gewesen, als ich gestern Abend ins Bett ging. Jetzt schimmerten die letzten Reste der hellbraunen Flüssigkeit wärmer als Dads Haar. Dad war hellblond, beinahe ein Flachskopf, sein Bart aber eher braun mit goldblonden Sprenkeln.
    Ich hingegen hatte eine ausgewaschene Version von Moms Locken und eine bessere Kopie von Dads blauen Augen geerbt. Der Rest von mir, na ja, keine Ahnung, von wem ich den hatte. Vielleicht noch Grans Nase, aber das könnte sie auch bloß behauptet haben. Ich bin wahrlich keine Schönheit. Die meisten Mädchen machten eine schlaksige Phase durch; ich glaubte allmählich, bei mir bliebe sie auf ewig.
    Was mich nicht besonders fertig machte. Ich war lieber stark als hübsch und nutzlos. Ein unscheinbares Mädchen mit Hirn zog ich allemal einem geistlosen Cheerleader vor.
    Ich bückte mich und hob meine Umhängetasche hoch. Der Riemen kratzte an meinen fingerlosen Wollhandschuhen. Sie waren rauh, aber immerhin wärmten sie, und man konnte kleinere Sachen unter die Pulswärmer stecken, die dann so gut wie unsichtbar waren. »Okay.«
    »Du musst etwas frühstücken.« Klick. Noch eine Kugel fiel in das Magazin. Dad sah wieder auf den Tisch, als wäre dieses Munitionladen das Wichtigste

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