Streit Ist Auch Keine Loesung
Beziehungsstreiten nicht selten. Das betrifft Männer wie Frauen. Frauen greifen, was wenig bekannt ist, sogar häufiger zu körperlicher Gewalt als Männer. Unbestritten ist allerdings, dass körperliche Übergriffe von Männern in aller Regel gefährlicher sind. Das liegt zum einen an ihrer körperlichen Überlegenheit. Männer sind häufig stärker als ihre Frauen. Zum anderen liegt es aber auch an der größeren Bereitschaft vieler Männer, ihr Gegenüber bei Auseinandersetzungen tatsächlich zu verletzen.
Verlust der Gefühle
Ein Streit ist aber nicht nur ein körperlicher, von Hormonen gesteuerter Vorgang. Er spielt sich auch auf der Gefühlsebene ab. Hier sind die Kosten des Streits außerordentlich groß. Wer da verliert, ist bei Ines und Markus gut zu sehen: Beide Partner verlieren. Sie verlieren – für eine Weile – ihre Liebe zueinander. Wo Streit ist, da ist keine Liebe. Das schmerzt und verunsichert zusätzlich. Kein Wunder, dass Ines das Weite gesucht und Markus vor lauter Wut über Ines den Teller an die Wand geworfen hat.
Mit jedem Streit schwindet die Liebe.
Beide Partner verlieren. Sie verlieren die Chance, den anderen zu einer einvernehmlichen Lösung zu bewegen. Wer streitet, will ja keine Abstriche von seinen Vorstellungen machen. Beide verlieren langfristig ein Stück von ihrer Liebe. Wer dauerhaft streitet und keine Lösung findet, der erlebt, dass seine Liebe Stück für Stück schwindet. Von Tag zu Tag und von Streit zu Streit.
Sicher, es sind nur kleine Stücke der wechselseitigen Zuneigung, die da verloren gehen. Aber sie gehen verloren. Und auch das hat seinerseits wieder Folgen. Denn ihr Verlust stimmt beide Partner nicht optimistisch in Bezug auf die Zukunft der gemeinsamen Beziehung. Unsicherheit macht sich breit und vergiftet die Atmosphäre zusätzlich. So fügt das Streiten der Liebe möglicherweise auch langfristig enorme Schäden zu. Möglicherweise, habe ich gesagt. Das kann also so sein. Muss es aber nicht. Unter welchen Bedingungen es gelingt, die Auswirkungen häufiger Streite auf eine Partnerschaft gering zu halten, das werden wir später noch sehen.
Doch so logisch die biologischen Erklärungen des menschlichen Streitverhaltens auch sind, eine Frage drängt sich doch auf: Warum sind wir eigentlich so leicht – und so schnell – dazu zu bringen, auf den Menschen, den wir lieben, mit dem wir unseren Alltag, die Wohnung und unser Bett teilen, so heftig zu reagieren, wie Ines und Markus es taten? Warum spitzt sich ein Streit so schnell zu?
Warum spitzt sich ein Streit so schnell zu?
Um diese Frage zu beantworten, muss ich ein wenig ausholen. Denn bei einem Streit wie dem von Ines und Markus greifen vier unterschiedliche Räder ineinander. Das partnerschaftliche Unglück hat also eine ganze Reihe von Mitverursachern. Neben der biologischen Erklärung, die Sie ja schon kennen, gibt es weitere Umstände wie beispielsweise Stress, die den Beginn eines Streits genauso wahrscheinlicher machen wie seine anschließende Zuspitzung. Zudem findet man soziologische Begründungen. Sie sehen unser modernes Liebeskonzept und die damit verbundene große Abhängigkeit von einer Partnerschaft als eine Ursache für Partnerschaftsprobleme an. Und schließlich gibt es auch psychologische Erklärungen.
Psychologische Gründe
Biologisch ist die Sache überschaubar einfach: Tiger – Bedrohung – Adrenalin – Streit. Das war’s. Psychologisch ist das alles weitaus komplizierter. Denn mal ganz im Ernst: Wo, bitte schön, war da eigentlich ein Tiger? Ein stehen gelassener Teller ist eine harmlose Sache und ein sich hochschaukelnder Streit wie der zwischen Ines und Markus ist keinesfalls eine Selbstverständlichkeit, ein Fakt, der uns von der Biologie diktiert wird. Ein Teller ist kein Tiger.
Die Frage, vor der wir stehen, lautet also: Warum reagieren Menschen angesichts eines stehen gelassenen Tellers oder einer ungehaltenen Bemerkung des Partners so, als ob gerade ein Tiger aus dem Busch gesprungen wäre – angriffslustig, mit aufgerichtetem Schwanz und einem weit aufgerissenen Maul, in dem furchteinflößende Zähne zu sehen sind?
Um das zu verstehen, müssen wir uns genau anschauen, was die beiden innerlich bei ihrem Streit bewegte. Was passierte, als Ines das Geschirr im Wohnzimmer stehen sah und mit ihrer Bemerkung über den „blöden Teller“ den Streit der beiden lostrat? Was genau lief da in ihr ab? Ines ist schon seit geraumer Zeit genervt davon, dass Markus immer wieder
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