Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
1
Bath, England
2. Januar 1818
Genevieve Penny fuhr herum und schaute bestürzt drein, so als traue sie ihren Ohren nicht. »Was, bitte, meinst du damit, sie hätte die Creme da unten aufgetragen? Mein Gott, Annie, es ist eine Gesichts creme. Hast du ihrer Ladyschaft den Verwendungszweck denn nicht erklärt?«
»Natürlich habe ich das, Jenny. Ich bin ja schließlich nicht blöd.« Ihre Freundin, eine Zofe wie sie selbst, verdrehte vielsagend die Augen und pflanzte sich mit ihrem prallen Hinterteil auf den Hocker vor dem mit Kräutern übersäten Arbeitstisch. »Aber wie kann ich ahnen, dass Lady Avery und der Viscount eine sinnlichere Anwendung für die Creme geplant hatten?«
»Und jetzt will sie einen eigenen Tiegel haben?« Jenny schob nervös eine herabbaumelnde dunkelbraune Locke zurück hinter ihr Ohr. »Ich habe dir einen der Cremetiegel der Feathertons geschenkt. Es sollte unser Geheimnis bleiben. Ich wollte nicht, dass deine Herrschaft von der Creme erfährt.«
Die Herrschaft ? Was für ein schrecklicher Gedanke. Jennys Magen zog sich zusammen, als würde er von einem zu engen Korsett eingeschnürt, und sie rang nach Luft.
Was, wenn die Featherton-Ladys von ihrem kleinen Geschenk erfuhren, hergestellt mit Zutaten, für die sie bezahlt hatten - und angemischt in ihrer eigenen Destillationskammer? Der Himmel stehe ihr bei. Sie könnte von heute auf morgen
auf der Straße stehen, und das ohne eine Referenz! Und was sollte sie dann tun? An der Straßenecke stehen und Apfelsinen verkaufen, um sich ihr tägliches Brot zu verdienen?
Sie packte Annie bei den Schultern. »Du hast deiner Herrin doch nicht erzählt, dass ich dir die Creme gegeben habe?«
»Nee, natürlich nicht. Ich hab gesagt, ich hätte sie von einer Freundin.« Doch während sie sprach, wanderten ihre scharfen Augen über den Tisch zu den versiegelten Tongefäßen am anderen Ende. Sie befreite sich mit einem Ruck ihres drallen Körpers aus Jennys Griff und eilte hinüber.
»Du hast also noch welche, ja?« Annie öffnete den Deckel, hob den Tiegel an ihre Nase und atmete mit einem zufriedenen Seufzen tief ein. »Nun, meine Lady möchte vorab gleich mal zwei Dosen von der Prickelcreme -«
Jenny schoss heißes Blut in die Wangen. »Meine Güte, hör auf, sie so zu nennen! Es ist keine Prickelcreme. Es ist eine Pfefferminz gesichts creme.«
»Du kannst es nennen, wie du willst, aber ich hab selbst ein bisschen davon ausprobiert. Du weißt schon … dort .« Annie wurde krebsrot und wandte den Blick ab. »Und ich muss gestehen, Jenny, wie sich das angefühlt hat, da unten, das war … einfach sündhaft . Ich bezweifle nicht, dass es das Verlangen meiner Lady zu neuem Leben erweckt hat.«
Jenny hörte, wie Annie den Tontiegel auf den Tisch zurückstellte, doch sie hörte auch noch etwas anderes. Ihre Ohren nahmen das leise, doch unverkennbare Klirren von Münzen wahr.
Als Annie sich umdrehte, holte sie einen schweren Seidenbeutel aus ihrem Korb und drückte ihn Jenny in die Hand. »Meine Herrin hat mir aufgetragen, der Crememacherin das hier zu geben, wenn sich die Crememacherin überreden ließe, ihr noch heute zwei Tiegel zu überlassen.«
Jenny zog die Satinkordel des Beutels auf und schüttelte
einen wahren Berg an Münzen auf den Tisch. Das war ein Vermögen für eine Kammerzofe wie sie. Ein wahrlich segensreiches Vermögen! Ihr wurden die Knie weich, und Jenny sackte auf einen Hocker, ohne ihre Augen von dem funkelnden Reichtum losreißen zu können.
»Du kannst doch zwei Töpfe erübrigen, oder, Jenny? Ihre Ladyschaft wäre sehr ungehalten, wenn ich ohne ihre Creme nach Hause käme.«
Jenny nickte geistesabwesend und schob ihr zwei von den drei Tontiegeln hin. Es war eindeutig nicht die Verwendung, für die ihre Creme bestimmt gewesen war. Doch was blieb ihr anderes übrig, als sich zu fügen? Dies war mehr Geld, als sie je in ihrem Leben gesehen hatte.
»Prächtig. Ich wusste ja, dass du einlenken würdest.« Annie stellte die Töpfe sorgfältig in ihren Korb und deckte sie diskret mit einem Leinentuch zu. »Ich muss mich sputen. Hab nämlich nicht viel Zeit, musst du wissen. Ich muss Lady Avery für den Feuer-und-Eis-Ball heute Abend ankleiden.«
»Natürlich.« Jenny schaute auf den grob gezimmerten Tisch und den einsamen Tontiegel, der inmitten der gehackten und zerstoßenen Kräuter stand. »Nur noch einer übrig«, murmelte sie vor sich hin.
Annie stemmte die Faust in ihre ausladende Hüfte. »Nur noch einer? Willst
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