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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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holen!", wobei er die Hand schon vorsorglich auf den Griff seines Dolches gelegt hatte.
    Der Mann hatte nur aufgelacht und war nähergekommen. "Ich bin kein Finder, Herr! Wie ich höre, sucht Ihr eine Passage für Eure Ware", hatte er mit unüberhörbar dramilischem Akzent erklärt. "Wir sollten darüber reden."
    "Ganz recht, ich suche eine Überfahrt", hatte Llauk bestätigt. "Allerdings für meine Ware und für mich. - Wohin geht Eure Reise, Dramile?"
    "Nach Hause, auf die Westlichen Inseln. Ich werde morgen auslaufen und suche noch Beifracht."

    Die Westlichen Inseln! Genau die waren Llauks eigentliches Ziel gewesen. Die Westlichen Inseln, von denen sein Sklave Tos eb Far, ein Dramile, ihm soviel erzählt hatte. Nach Tos eb Fars Berichten verstand man sich in Dramilien nicht auf die Herstellung feiner Stoffe und war bereit, für gute Ware jeden Preis zu zahlen.
    Geschickt hatte Llauks Sklave seinem Herrn den Mund wässrig gemacht, mit Berichten von den Schatztruhen der Herrschenden, die nur darauf warteten, von einem beherzten Mann wie Llauk geleert zu werden. - Mit Geschichten schöner Frauen, die unglücklich in kratzenden Gewändern einhergehen mußten und bereit waren, für ein paar Ellen weich fließenden Gewandstoffs alles, aber auch wirklich alles hinzugeben.
    Immer gieriger war Llauk bei diesen Erzählungen geworden. Seine Bedenken, man könne ihn in Dramilien vielleicht berauben oder übervorteilen, hatte Tos mit wenigen Sätzen zerstreut: "Mein Volk lebt unter einem strengen Regiment", hatte er erklärt, während er das Schiffchen durch den Webstuhl flitzen ließ, "die Leute sind das Gehorchen gewohnt. - Das siehst du ja an mir. - Bin ich nicht dein bester Sklave, Herr?"
    Das stimmte. Trotz der vielen Arbeit, des harten Nachtlagers, der kümmerlichen Verpflegung und Llauks ständig schlechter Laune, war Tos immer willig und folgsam gewesen.
    "Siehst du Herr?", hatte er weiter erklärt, "Du darfst in Dramilien keine Schwäche zeigen. Du darfst nicht bitten, du mußt befehlen! Die Anrede `Herr' ist meinem Volk geläufig wie keinem anderen unter der Sonne. Tritt auf wie ein Edelmann. - Dann werden alle Türen sich dir öffnen."
    Das hatte Llauk gefallen: Auftreten wie ein Edelmann, herrisch und selbstsicher, so ließ sich gut Handel treiben! Er würde den Dramilen - und vor allem ihren Frauen - schon beweisen, dass ein estadorianischer Stoffmacher besser zu handeln verstand, als einer dieser schmierigen Kaufleute, die jeden Kunden stundenlang mit Wein freihielten. Der Fürst - ach was - der König der Stoffmacher würde guten Handel treiben und den dramilischen Markt an sich reißen. Jedes Jahr würde er Schiffe voller Stoffballen zu den westlichen Inseln begleiten. Tos hatte ganz recht, man mußte nur wissen, wie man mit diesen Leuten umzugehen hatte.
    So hatte Llauk es vor allem seinem untertänigen Sklaven zu verdanken, wenn er nun in seinen Untergang stolperte. Willig hatte Tos ihm sogar die Grundzüge der dramilischen Sprache beigebracht. – Genauso gut hätte er seinem Herrn eigenhändig die Kehle durchschneiden können.

    Ein Dramile! Llauk schaute den fremden Kapitän scharf an. Hier war nun eine Gelegenheit, Tos eb Fars Ratschläge auszuprobieren: "So, also Beifracht suchst du? Und wie kommst du darauf, dass ein Stoffmacher aus Idur seine wertvolle Fracht einem dramilischen Kapitän anvertrauen will?"
    "Ich bin billig, Herr."
    Diese schlichten Worte des hünenhaften Dramilen trafen Llauk mitten ins Herz. Bemüht, sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen, spielte er seine Rolle weiter.
    "Billig bist du? - Billig kann nur sein, wer ein schlechtes Schiff hat!" Diese Weisheit hatte Llauk in den letzten Tagen oft genug von thedranischen Kapitänen zu hören bekommen.
    "Die Große Geliebte ist ein gutes Schiff", erklärte der Dramile ungerührt. "Ihr werdet zufrieden sein, Herr."
    Llauk hatte die `Große Geliebte' schon im Hafen bemerkt, aber nicht weiter beachtet. Sie war erst gestern, tief im Wasser liegend, von See gekommen, als Llauk bereits alle Hoffnung aufgegeben hatte. Trotzdem blieb ein Rest der alten Zuversicht.
    "Wann läufst du aus?" Llauk schaute den Kapitän unsicher an. "Und was forderst du als Frachtrate?"
    "Morgen, mit der Abendflut, Herr", hatte die Antwort gelautet. "Wir nehmen nur frischen Proviant auf. - Wenn Ihr dann bereit seid, kostet Euch die Passage nach Sordos achtzig Bronzestücke."
    Sordos, die Hauptstadt der westlichen Inseln und Sitz des dramilischen Königshauses! -

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