Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
Vom Netzwerk:
leere Straße. »Der alte Mann mag stark sein, solange er den Schädel hat, aber ein Pfeil würde seinen brüchigen Nacken dennoch durchschlagen, Magie hin oder her. Die Hunde würden ihn nur zu gern zerreißen.«
    »Es ist zu klug für so etwas. Er hat sich gegen einen Meuchelmord gewappnet – und wenn ein Schädel im Spiel ist, wohnen der Sache immer auch Gefahren inne. Sie enthalten zu viel Macht, als dass ein Novize sie beherrschen könnte. Er hält seinen Aspektführer stets in seiner Nähe; es kann zu leicht geschehen, dass er die Beherrschung über die Magie verliert, und dann hätten wir es stattdessen mit einem geringen Gott von gewaltiger Kraft zu tun. Soll sich jemand anders um dieses Problem kümmern. Wir werden noch früh genug Priester töten, das verspreche ich dir.«
    Der Barde holte einen Pfirsich aus seiner Gürteltasche und hob ihn an die Lippen.
    Sein Begleiter schnüffelte und wandte sich dann angewidert ab. »Wie kannst du den essen? Der verfault doch schon.«
    »Nichts ist gegen den Zerfall gefeit«, antwortete der Barde sanft, den Blick auf die Wolken gerichtet. »Verderbnis ist unausweichlich. Ich bin nur ihr Diener.« Er biss erneut ab und warf die angenagte Frucht dann auf die Straße hinab. »Niemand will diesen Schädel mehr als ich, aber unser Herr verfolgt einen größeren Plan.«
    »Einen, an dem ich keinen Anteil habe?«
    »Beschwer dich ruhig, wenn du den Mut dazu findest.«
    »Ich …« Dohle zögerte. Er erinnerte sich zu spät daran, dass Azaer stets in der Nähe des Barden war, dort lauerte, wo einst der Schatten des Mannes gewesen war.

    Du willst etwas von mir?
    Dohle zuckte zusammen, als Azaers Stimme mit einem Mal in seinem Kopf erklang. Neben ihm senkte der Barde wie zu einer kleinen Verbeugung den Kopf.
    »Nein, Herr«, stotterte der ehemalige Mönch. Er spürte ein Streicheln an seiner Wange, dann ließ ihn ein stechender Schmerz aufjaulen. Das Fleisch über seinem Kiefer fühlte sich roh und aufgerissen an und als Dohle sein Gesicht berührte, spürte er dort Blut. Er hob die Hand, und an seinen blutigen Fingern klebte eine schwarze Feder. Auch ohne Spiegel wusste er, dass ein Teil seines Hautbildes verschwunden war.
    Halt den Mund, oder ich rupfe dir weitere Federn aus. Wir müssen hier in Scree ein Spiel spielen, Freunde finden und Freunde verlieren. Lockt sie alle her und lasst dem Drama seinen Lauf, wie es eben geschieht. Wir verbeugen uns, wenn die Vorstellung beendet ist.

Prolog: Zweiter Teil

    Im Zwielicht des langen Ganges bewegte sich ein Schatten. Nur das teilnahmslose Rascheln der dünnen weißen Vorhänge vor den hohen Bogenfenstern am einen Ende störte die Stille. Ein schmiedeeisernes, mit Weinranken verziertes Geländer trennte den Gang vom offenen Treppenhaus darunter, aber die drückende Nachmittagshitze hatte jede Regung im Palast erstickt. Sogar die Diener hatten sich kühlere Eckchen gesucht, in denen sie müde vor sich hindösten.
    Die Wache seufzte innerlich. Die Hitze war schon ohne die schwere Lederrüstung Last genug. Schweiß rann in Strömen an seinen Armen und seinen Schläfen hinab und prickelte heiß in seinem Schritt. Sein Kopf sank nach vorn und die Lider wurden ihm schwer, der Gang vor ihm geriet zu grauen Schlieren.
    Der Schatten glitt hinter ihn, flach an der Wand entlang, ohne jemals wirklich auf den Soldaten zu fallen. Trotz der Dunkelheit des Ganges wirkte der Schatten unwirklich. Als er auf der weißen Tür erschien, neben der die Wache stand, zeigte sich das Profil eines ausdruckslosen Gesichts zwischen den Türpfosten, dann glitt der Schatten durch den dunklen Spalt zwischen Tür und Rahmen und verschwand im kühlen Schatten des Raumes dahinter.
    Auch hier war alles ruhig, bis auf die gemächlichen Bewegungen der Vorhänge vor dem offenen Fenster. Ein großes Himmelbett
rechts von der verschlossenen Tür bestimmte den Eindruck des Zimmers. Grüne und goldene Vorhänge waren an die Pfosten gebunden. Das Bett und die Schlafenden, die kaum bekleidet auf den Laken lagen, beachtete der Schatten nicht. Auch die Waffen, die an einer Stuhllehne hingen, zogen seine Aufmerksamkeit nicht auf sich: ein verziertes Rapier mit Korbgriff und eine Axt, deren Blatt von glühenden, rot umrandeten Runen durchbrochen war. Der Schatten glitt in die Ecke des Raumes, wo er einer kleinen Wendeltreppe bis in ein nur etwas mehr als vier Schritt durchmessendes Obergeschoss folgte. Ein schlichter, aber eleganter Schreibtisch stand in der Mitte.
    Acht

Weitere Kostenlose Bücher