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Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker

Titel: Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Priester hatten Recht, besorgt zu sein.

Kapitel 21
    V ascher stand auf einem der Steinquader des gottköniglichen Palastes und sah zu, wie die Sonne hinter dem Regenwald im Westen versank. Die Farben leuchteten und blitzten zwischen den Wolken, wunderbare Töne von Rot und Orange brachten die Bäume zum Strahlen. Dann verschwand die Sonne, und die Farben verblassten.
    Manche behaupteten, die biochromatische Aura flackere plötzlich hell auf, wenn ein Mensch starb– wie das Herz, das einen letzten Schlag tat oder wie die letzte Brandung einer Welle vor dem Einsetzen der Ebbe. Vascher hatte es beobachtet, aber nicht bei jedem Todesfall. Es war ein seltenes Ereignis, wie ein vollkommener Sonnenuntergang.
    Dramatisch, bemerkte Nachtblut.
    Der Sonnenuntergang?, fragte Vascher.
    Ja.
    Du kannst ihn doch gar nicht sehen, sagte er zu dem Schwert.
    Aber ich spüre, wie du ihn siehst. Purpurn. Wie Blut in der Luft.
    Darauf gab Vascher keine Antwort. Das Schwert konnte nicht sehen. Aber durch sein mächtiges, verzerrtes Biochroma vermochte es Leben und Menschen zu erspüren. Um beides zu schützen, war Nachtblut erschaffen worden. Es war seltsam, wie leicht und schnell Schutz in Vernichtung umschlagen konnte. Manchmal fragte sich Vascher, ob sie nicht dasselbe waren. Wer eine Blume beschützte, vernichtete die Schädlinge, die sich von ihr ernähren wollten. Wer ein Gebäude schützte, vernichtete die Pflanzen, die in der Erde hätten wachsen können.
    Wer einen Menschen schützte, musste mit der Vernichtung leben, die er hervorrief.
    Trotz der Dunkelheit war Vaschers Lebensgespür stark. Undeutlich fühlte er, wie unter ihm das Gras wuchs, und er wusste, wie weit es von ihm entfernt war. Mit mehr Hauch hätte er sogar die Flechten fühlen können, die auf den Palaststeinen wuchsen. Er kniete nieder, legte die eine Hand auf sein Hosenbein und die andere gegen den Stein des Palastes.
    » Stärke mich«, befahl er und hauchte. Sein Hosenbein wurde steif, und ein Farbfleck blutete aus dem schwarzen Stein neben ihm. Schwarz war eine Farbe. Darüber hatte er nie nachgedacht, bevor er zum Erwecker geworden war. Die Quasten, die am Saum seiner Ärmel herabhingen, versteiften sich und wickelten sich um seine Handgelenke. Da er kniete, konnten sie sich auch um seine Fußsohlen legen.
    Vascher betastete mit der einen Hand die Schulter seines Hemdes und berührte mit der andren eine weitere Stelle im Marmor, während er in seinem Kopf ein Bild formte. » Auf meinen Ruf hin werdet ihr zu meinen Fingern und packt zu«, befahl er. Das Hemd erzitterte, und eine Reihe von Quasten schmiegte sich um seine Hand. Es waren fünf, wie Finger.
    Es war schwierig, Kommandos zu geben. Das Erwecken erforderte viel mehr Hauch, als ihm lieb war– sein verbleibender Hauch reichte kaum mehr aus für die Zweite Erhebung–, und die bildliche Vergegenwärtigung des Kommandos verlangte viel Übung. Die Fingerquasten aber waren die Mühe wert; sie hatten sich schon früher als sehr nützlich erwiesen, und er wollte sich nicht ohne sie in die Aufgaben dieser Nacht stürzen.
    Er richtete sich auf und bemerkte die Wunde aus grauem Marmor an der ansonsten makellos schwarzen Oberfläche des Palastes. Er lächelte, als er an die Empörung der Priester dachte, wenn sie diese Stelle entdeckten.
    Er prüfte die Stärke seiner Beine, packte Nachtblut und machte einen vorsichtigen Schritt über den Rand des Steinblocks. Er fiel etwa zehn Fuß; der Palast war aus massiven Steinquadern in Form einer steilen Pyramide errichtet. Er landete auf dem nächsttieferen Block, doch seine erweckte Kleidung nahm dem Aufprall die Härte und diente als zweites, äußeres Knochengerüst. Er stand auf, nickte bestätigend und sprang die anderen Pyramidenstufen hinunter.
    Schließlich landete er im weichen Gras nördlich des Palastes, in der Nähe der Mauer, die die gesamte Hochfläche umschloss. Er kauerte sich zusammen und hielt reglos Ausschau.
    Willst du dich anschleichen, Vascher?, fragte Nachtblut. Du bist schrecklich schlecht darin.
    Vascher gab keine Antwort.
    Du solltest angreifen, meinte Nachtblut. Darin bist du gut.
    Du willst nur beweisen, wie stark du bist, dachte Vascher.
    Ja, zugegeben, erwiderte das Schwert. Aber du musst auch zugeben, dass du schlecht im Anschleichen bist.
    Vascher beachtete die Waffe nicht weiter. Ein einsamer Mann in abgerissener Kleidung, der mit einem Schwert in der Hand im Hof der Götter herumlief, würde verdächtig wirken. Also verschaffte er sich

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