Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker

Titel: Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
Vom Netzwerk:
Gottkönigs den Einband, dann öffnete er das Buch auf der ersten Seite. Das Weiß des Pergaments wurde durch die Kraft seines Biochromas in die Farben des Prismas aufgespalten. Dadurch wurde der Text jedoch nicht verzerrt. Behutsam kroch Siri vorwärts und betrachtete die Worte.
    Dann sah sie den Gottkönig an. Sein Gesicht schien weniger starr als gewöhnlich zu sein. Er deutete mit dem Kopf auf die Seite und legte den Finger unter das erste Wort.
    » Wollt Ihr, dass ich das lese?«, fragte Siri in einem sehr leisen Flüstern, denn sie hatte die lauschenden Priester nicht vergessen.
    Der Gottkönig nickte.
    » Da steht › Geschichten für Kinder‹«, sagte Siri verwirrt.
    Er drehte das Buch um und betrachtete die Seite selbst. Nachdenklich rieb er sich das Kinn.
    Was geht hier vor?, dachte Siri. Anscheinend wollte er nicht mit ihr schlafen. Erwartete er stattdessen, dass sie ihm eine Geschichte vorlas? Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sie tatsächlich um etwas so Kindisches bat. Sie sah ihn wieder an. Er drehte das Buch abermals um und deutete wieder auf das erste Wort. Dann nickte er.
    » Geschichten?«, fragte Siri.
    Er zeigte abermals auf das Wort. Sie sah genau hin und versuchte in dem rätselhaften Text eine geheime Bedeutung zu erkennen. Schließlich seufzte sie und schaute auf zu ihm. » Warum sagt Ihr es mir nicht?«
    Er hielt den Kopf schräg. Dann öffnete er den Mund. Im abnehmenden Licht des Kaminfeuers erkannte Siri etwas Schockierendes.
    Der Gottkönig von Hallandren hatte keine Zunge.
    Dort, wo sie hätte sein sollen, war nur eine Narbe. Siri sah sie, wenn sie die Augen zusammenkniff. Etwas war ihm zugestoßen, irgendein schrecklicher Unfall. Oder… war sie absichtlich entfernt worden? Aber warum sollte jemand dem König die Zunge herausreißen?
    Die Antwort drängte sich ihr fast sofort auf.
    Biochromatischer Hauch, erkannte sie und erinnerte sich an halb vergessene Lektionen aus ihrer Kindheit. Um etwas zu erwecken, muss man ein Kommando geben. Man muss Worte mit klarer und deutlicher Stimme sprechen. Murmeln oder Nuscheln reichen nicht aus, denn dann wird der Hauch nichts bewirken.
    Plötzlich schaute der Gottkönig weg, als ob er sich schämte. Er nahm das Buch an sich, drückte es gegen seine Brust und wollte aufstehen.
    » Nein, bitte«, sagte Siri und beugte sich vor. Sie streckte die Hand aus und berührte ihn am Arm.
    Der Gottkönig erstarrte. Sofort zog sie die Hand zurück. » Ich wollte kein so angeekeltes Gesicht machen«, flüsterte Siri. » Das war nicht wegen Eures… Mundes. Es war, weil ich begriffen habe, was man Euch angetan hat.«
    Der Gottkönig betrachtete sie eingehend und setzte sich langsam wieder. Er hielt sich so weit von ihr entfernt, dass sie einander nicht berühren konnten, und sie griff nicht mehr nach ihm. Er hingegen legte das Buch vorsichtig– beinahe ehrerbietig– wieder aufs Bett. Erneut schlug er die erste Seite auf und sah Siri mit flehendem Blick an.
    » Ihr könnt nicht lesen, oder?«, fragte sie.
    Er schüttelte den Kopf.
    » Das ist also das Geheimnis«, flüsterte sie. » Das ist es, was Blaufinger so schreckliche Angst macht. Ihr seid kein König, sondern eine Marionette! Ein Strohmann. Ihr werdet von Euren Priestern vorgeführt und habt eine so starke biochromatische Aura erhalten, dass die Menschen verblüfft vor Euch auf die Knie fallen. Aber man hat Euch die Zunge entfernt, damit Ihr das Biochroma niemals einsetzen könnt, und man hat Euch das Lesen nicht beigebracht, damit Ihr nicht zu viel erfahrt oder mit anderen in Verbindung treten könnt.«
    Er wandte den Blick ab.
    » Und das alles nur, damit man Euch kontrollieren kann.« Kein Wunder, dass Blaufinger so große Angst hat. Wenn sie das ihrem eigenen Gott antun, dann bedeuten wir anderen ihnen gar nichts.
    Jetzt wurde ihr klar, warum ihr so nachdrücklich befohlen worden war, den Gottkönig nicht anzureden und ihn nicht einmal zu küssen. Es machte den Priestern Sorgen, wenn jemand einige Zeit allein mit dem Gottkönig verbrachte. Jemand, der die Wahrheit herausfinden könnte.
    » Es tut mir so leid«, flüsterte sie.
    Er schüttelte den Kopf und sah sie an. In seinem Blick lag eine Stärke, die sie bei einem Mann, der so einsam und abgeschirmt wie der Gottkönig lebte, niemals erwartet hätte. Schließlich schaute er nach unten und deutete wieder auf die Wörter. Auf das erste Wort. Auf den ersten Buchstaben.
    » Das ist der Buchstabe › Schasch‹«, sagte Siri lächelnd.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher