Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
schon seit Jahrhunderten sammelt. Dass jeder Gottkönig zwei Hauche in der Woche erhält, statt einem, wie es bei den anderen Göttern üblich ist, und sich daraus seine Reserve speist.«
In manchen Wochen bekomme ich sogar drei oder vier, gab er zu.
» Aber Ihr benötigt nur einen in der Woche, um zu überleben.«
Ja.
» Und sie können diesen Reichtum nicht einfach zusammen mit Euch sterben lassen! Sie haben so viel Angst vor dem Hauch, dass sie Euch nicht erlauben, ihn zu gebrauchen, aber sie wollen ihn auch nicht verlieren. Wenn also ein neues Kind geboren wird, nehmen sie den Hauch des alten Königs, während sie ihn töten, und übertragen ihn auf den neuen.«
Aber die Zurückgekehrten können ihren Hauch nicht zum Erwecken benutzen, schrieb er. Also ist mein Schatz nutzlos.
Das brachte Siri zum Nachdenken. Das hatte sie schon einmal gehört. » Bezieht sich das auf den Hauch, mit dem Ihr geboren wurdet, oder schließt das auch den Hauch ein, den Ihr regelmäßig bekommt?«
Ich weiß es nicht, schrieb er.
» Ich wette, Ihr könntet diesen Extra-Hauch einsetzen, wenn Ihr es wolltet«, sagte sie. » Warum hätte man Euch sonst die Zunge entfernen sollen? Ihr könnt vielleicht nicht den Hauch benutzen, der Euch zum Zurückgekehrten macht, aber darüber hinaus habt Ihr noch Tausende und Abertausende Hauche.«
Susebron saß eine Weile da. Schließlich stand er auf, ging hinüber zum Fenster und starrte hinaus in die Dunkelheit. Siri zog die Stirn kraus, ergriff seine Schreibtafel und durchquerte damit das Zimmer. Zögernd näherte sie sich ihm; sie trug nur ihr Hemdchen.
» Susebron?«, fragte sie.
Er schaute weiterhin aus dem Fenster. Sie trat neben ihn, achtete sorgfältig darauf, dass sie ihn nicht berührte, und sah ebenfalls nach draußen. Farbige Lichter glitzerten in der Stadt jenseits der Mauer, die den Hof der Götter umschloss. Und dahinter war nur Dunkelheit. Die ruhige See.
» Bitte«, sagte sie. Und drückte ihm die Tafel in die Hände. » Was ist los?«
Nach kurzem Zögern ergriff er die Tafel. Es tut mir leid, schrieb er, ich will nicht gereizt wirken.
» Stört es Euch, dass ich mich gegen Eure Priester wende?«
Nein, antwortete er. Du hast interessante Theorien, aber ich glaube, sie sind nichts anderes als Vermutungen. Du weißt nicht, ob die Priester wirklich das vorhaben, was du glaubst. Das macht mir keine Sorgen.
» Was ist es dann?«
Er zögerte und wischte das Geschriebene mit dem Ärmel seiner Robe aus. Du glaubst nicht, dass die Zurückgekehrten göttlich sind.
» Ich dachte, darüber haben wir schon gesprochen.«
Das haben wir. Aber jetzt habe ich erkannt, dass das der Grund für dein Verhalten mir gegenüber ist. Du bist anders, weil du nicht an meine Göttlichkeit glaubst. Ist das der einzige Grund, warum ich dich so interessant finde?
Außerdem macht es mich traurig, wenn du nicht glaubst. Denn ich bin ein Gott, und alles an mir ist göttlich. Wenn du sagst, dass du daran nicht glaubst, dann verstehst du mich nicht.
Er hielt inne.
Ja. Das klingt gereizt. Es tut mir leid.
Sie lächelte und berührte ihn ganz vorsichtig am Arm. Er erstarrte, schaute auf sie herunter, zog aber den Arm nicht weg, wie er es früher getan hatte. Also trat sie noch näher an ihn heran und lehnte sich gegen seinen Arm.
» Ich muss nicht an Euch glauben, um Euch zu verstehen«, sagte sie. » Ich wage sogar zu behaupten, dass die Menschen, die Euch anbeten, diejenigen sind, die Euch nicht verstehen. Sie kommen nicht nahe genug an Euch heran und erkennen daher nicht, wer Ihr in Wirklichkeit seid. Sie konzentrieren sich zu stark auf Eure Aura und Eure Göttlichkeit.«
Darauf gab er keine Antwort.
» Und«, fuhr sie fort, » ich bin nicht anders, weil ich nicht an Euch glaube. Das tun viele Menschen im Palast nicht, zum Beispiel Blaufinger, einige der Dienerinnen, die Braun tragen, und auch der eine oder andere Schreiber. Sie dienen Euch genauso ehrerbietig wie die Priester. Ich bin nur… nun ja, ich bin von Natur aus nicht gerade ehrerbietig. Auch zu Hause habe ich weder auf die Mönche noch auf meinen Vater gehört. Vielleicht ist es genau das, was Ihr braucht. Jemand, der hinter Eure Gottheit blickt und Euch einfach richtig kennenlernt.«
Er nickte langsam. Das ist tröstlich, schrieb er. Aber es ist schon sehr merkwürdig, ein Gott zu sein, dessen eigene Frau nicht an ihn glaubt.
Frau, dachte sie. Manchmal fiel es ihr schwer, diese Tatsache hinzunehmen. » Ich glaube, es würde jedem
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