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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hatte.
    Er tauchte zwischen die Bäume, bevor ihn die ersten Falkengardisten erreichen konnten. Da war kein Weg, nicht einmal ein Pfad. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit fegte er unterhalb des Laubdachs durch einen Irrgarten aus Stämmen und Mondstrahlen. Ein Blick über die Schulter zeigte ihm, dass mindestens drei Gardisten seinem Manöver gefolgt waren. Der erste prallte gegen einen Baum und stürzte ab. Die beiden anderen aber waren geschickter, zu geschickt für Tariks Geschmack. Er trieb den Teppich zu noch größerer Geschwindigkeit, jagte eine Beschwörung nach der anderen ins Muster und spürte, wie sich die Stränge um seine Finger strafften, erst widerwillig, dann angesteckt von seiner Entschlossenheit.
    Über sich, jenseits der Baumkronen, sah er weitere Schemen dahinhuschen. Sie folgten ihm oberhalb des Geästs. Er konnte sich nicht ewig hier unten verstecken. Aber darum würde er sich später kümmern – in ein paar Augenblicken, wenn alles gut ging. Bis dahin musste er seine verbliebenen Verfolger zwischen den Stämmen abgeschüttelt haben.
    Einer der beiden Teppiche war mit zwei Soldaten besetzt. Angesichts der waghalsigen Flugmanöver brach ein Streit zwischen ihnen aus. Einer lenkte, der andere hielt einen gespannten Bogen in Händen. Nachdem sie zweimal den vorüberrasenden Bäumen zu nahe gekommen waren, ließ der Hintermann wütend Pfeil und Bogen los und stieß seine Hand ins Muster, um selbst den Befehl zu übernehmen. Der Teppich quittierte das mit einem empörten Aufbäumen, das einen der Männer sofort abwarf, den anderen entsetzt aufschreien ließ und gleich darauf gegen eine Palme schleuderte.
    Einer noch.
    Tarik grinste verbissen, wohl wissend, dass seine Chancen, es bis zum Palast zu schaffen, mit jedem Atemzug schwanden. Über den Baumkronen und Palmblättern kreisten mindestens drei Dutzend Falkengardisten und suchten die Gärten nach ihm ab. Andere formierten sich zu einem engen Ring um den Palast.
    Eins nach dem anderen. Erst musste er den letzten Teppichreiter loswerden. Der Gardist hing dicht an seinen Fersen. Tarik verfluchte die Tatsache, dass er zwar Almariks Teppich gestohlen hatte, nicht aber die Kleidung des Byzantiners. Womöglich wäre es damit leichter gefallen, unbemerkt in die Palastanlagen einzudringen. Doch nach dem Kampf hatte er sich nicht mit Pläneschmieden aufhalten wollen. Was zählte, war allein seine Schnelligkeit. Wie früher in Samarkand, im Pfeilhagel der Stadtmiliz des Emirs Kahraman.
    Viele Male hatte er allein das Dschinnland durchquert, auf der Schmuggelroute seines Vaters, und er hatte sich Wesen gestellt, die sich die Männer dort oben nicht in ihren Alpträumen ausmalen konnten. Er hatte den großen Wüstenwolf mit eigenen Augen gesehen, hatte Sandfalter bekämpft und mit Scharen von Dschinnen gefochten. Erst vor wenigen Tagen hatte er einen Kettenmagier sterben sehen, war dem Untergang der Hängenden Städte entkommen und hatte den Dschinnfürsten Amaryllis in die brennenden Ruinen geschleudert. Er fürchtete sich nicht mehr vor einfachen Menschen – nicht nach allem, was er durchgemacht hatte.
    Tief in seinem Verstand, wo sich einst all das Leid über Maryams Verlust verhärtet hatte, brandete bösartiges Lachen auf. Noch etwas hatte sich dort eingenistet, ein Funke vom Aaslicht, der Geist des Narbennarren. Amaryllis’ Vermächtnis. Tarik würde sich damit auseinandersetzen müssen, früher oder später. Das war etwas, das er fürchtete, weit mehr als die Soldaten dort draußen in der Nacht.
    Sein Gespür für Almariks Teppich wurde immer besser. Er musste Acht geben, nicht übermütig zu werden. In wildem Zickzack raste er zwischen den Palmen und Akazien dahin, zwischen hohen, geraden Stämmen und verwachsenen Olivenbäumen. Zweige wurden vom Sog des Teppichs mitgerissen, bogen sich, als wollten sie nach ihm greifen. Dann schnappten sie zurück – und schlugen wie Peitschen auf den Gardisten ein, der ihm jetzt unmittelbar folgte. Der Mann schrie auf, als ihn ein Weidenast im Gesicht erwischte und seine Beschwörungen im Blut seiner aufgeplatzten Lippen ertränkte. Sein Teppich geriet ins Trudeln, stieg abrupt auf und verhedderte sich in voller Geschwindigkeit in einer Baumkrone.
    Tarik hörte den Zusammenstoß, doch er hatte keine Zeit, seinen Triumph auszukosten. Es konnte nicht mehr weit bis zum Ende des Wäldchens sein. Ganz sicher reichten die dichten Bäume nicht an die Palastmauern heran. Er würde einen freien Streifen überqueren

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