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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Kopfschüttelnd nahm Jaquento den Krug und goss sich einen Schwall Wasser über den Kopf, bevor er seine Haare nach hinten band. Er wusste die Kühle auf seiner Haut zu schätzen, als er hinaufstieg und sich in die Mannschaft einreihte, die sich an Steuerbord versammelt hatte.
    Immer noch verwundert, betrachtete er die vielen unterschiedlichen Menschen, die sich an Bord der Todsünde eingefunden hatten. Dunkle Haut fand sich ebenso wie weiße, helle Haare ebenso wie dunkle und alle Schattierungen dazwischen, die je eine Laune der Natur möglich gemacht hatte. Er sah Tätowierungen und bizarren Körperschmuck, Männer und Frauen aus allen Ecken der Welt.
    »Ich kenne die Insel. Ein paar hundert Meter landeinwärts gibt es eine Quelle«, murmelte ein hünenhafter Blonder, dessen Haut von der Sonne gebräunt und von einem Muster aus Narben überzogen war. Immer vier schnitten sich und bildeten so kleine Kreuze auf jedem Flecken Haut, sogar im Gesicht.
    »Gibt’s Eingeborene?«, fragte eine dunkelhäutige Frau, die Jaquento selbst für indigen gehalten hätte.
    »Nein. Aber letztes Mal gab es noch wilde Schweine. Wir haben zwei geschossen und hatten am Abend einen fetten Braten!«
    Während die Mannschaft begann, sich voller Vorfreude über Schweinebraten zu unterhalten, wanderte Jaquentos Blick zu der Insel, die sich langsam deutlicher am diesigen Horizont abzeichnete. Sie war flach, und ihr dunkles Grün stand in hartem Kontrast zum funkelnden Blau des Meeres. Da seine eigene Heimat eher von Fels, Gestein und niedrigen Büschen geprägt war, faszinierte Jaquento die überbordende Vegetation der Sturmwelt. Auch diese Insel war von einem Wald bedeckt, der dichter war als alles, was der junge Mann zuvor gesehen hatte.
    Je näher die Todsünde der Insel kam, desto mehr Details konnte er ausmachen. Linkerhand brachen sich die Wellen abseits vom Land; ein Zeichen für Riffe, wie er von Rahel erfahren hatte. Das Meer schlug immer wieder gegen den hellen Strand, und es erschien Jaquento wie ein Wunder, dass es nicht schon längst die gesamte Insel abgetragen hatte. In der Luft drehten einige große Vögel ihre Kreise; langsam und unbeirrbar zogen sie ihre Bahnen, unberührt von der Welt unter ihnen. Vermutlich lebten sie in den Kronen des Waldes, in diesem Gewirr von Pflanzen, von denen jede mit Macht um Aufmerksamkeit buhlte, als wolle jede Blüte alle anderen ausstechen und an Schönheit übertrumpfen. In seiner Heimat musste man dem Boden ein karges Mahl abringen – hier hingegen schienen jedem Menschen die Leckerbissen direkt in den Mund zu wachsen, bettelte jede Frucht geradezu darum, gegessen zu werden.
    Sie passierten die Insel in wenigen hundert Metern Entfernung, und im Windschatten des Landes ließ der Kapitän in einer kleinen, länglichen Bucht beidrehen und den Anker werfen. Sofort wurden unter viel Geschrei die drei Boote zu Wasser gelassen und per Seilzug mit den leeren Wasserfässern beladen. Auch Jaquento arbeitete an den Seilen mit, während Rahel lauthals Befehle brüllte und die gesamte Aktion koordinierte. Als die Boote im Wasser in der sanften Dünung schaukelten, wandte sich Deguay an seine Mannschaft: »Rahel wird den Landtrupp einteilen. Und freut euch nicht zu früh: Wer an Land geht, muss ordentlich anpacken. Das ist kein Spaziergang!«
    Um sich herum konnte Jaquento eine gespannte Aufmerksamkeit spüren; er sah die Gesichter der Seeleute, die alle dem Kapitän zugewandt waren, als wären sie Blumen und er ihre Sonne. Der Kapitän schwieg einige Sekunden lang, bis er fragend die Hände hob: »Was?«
    Keiner sprach, bis er seufzte: »Wir bleiben bis morgen früh vor Anker. Rahel wird ein paar Musketen mitnehmen und jagen. Heute Abend gibt es Rum und Fleisch!«
    Jubel brandete auf, und auch Jaquento brachte die Aussicht zum Grinsen. Geschwind sprangen die ersten über die Reling, klammerten sich an die Seile und glitten hinab in die Boote. Belustigt lehnte sich Jaquento an die Reling und sah zu, wie gestandene Männer und Frauen sich gegenseitig mit Wasser bespritzen und einen der ihren sogar über Bord warfen, sodass er prustend und platschend in der hellblauen See auftauchte.
    »Was stehst du hier so faul rum, Schiffskamerad?«, ertönte hinter ihm Rahels Stimme. »Auf ins Boot, oder willst du auch lieber schwimmen?«
    Sie schien zu lächeln, doch durch ihre Narbe war sich Jaquento dessen plötzlich nicht mehr sicher.
    »Mir war nicht bewusst, dass ich zur Landtruppe gehöre.«
    Sie beugte sich vor

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