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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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unangenehm an getrocknetes Blut erinnerte. Ganz langsam lösten sich die Krallen aus seiner Haut, auch wenn das Wesen auf seinem Arm sitzen blieb, sich sogar noch ein wenig bewegte, um es sich gemütlicher zu machen. Schließlich sah Jaquento Rahel an. »Was sollen wir jetzt tun? Es will nicht verschwinden.«
    »Nimm es mit, heute Abend gibt es Echseneintopf«, schlug die Seefahrerin vor. Beim Klang ihrer Stimme reckte das Wesen seinen Kopf vor und zischte bedrohlich. Erst als Jaquento wieder leise Unsinn redete, senkte es den Kopf und schloss die Augen.
    Hinter ihnen knackten Äste, und die beiden Matrosen brachen mit gezogenen Waffen durch das Unterholz. Als sie Jaquento mit seinem Begleiter auf dem Arm sahen, blieben sie mit großen Augen stehen.
    »Was wollt ihr hier?«, fauchte Rahel wütend und stemmte die Hände in die Seite. »Ich habe befohlen, dass ihr auf der anderen Seite bleiben sollt!«
    Der eine, ein junger Kerl mit wilden, roten Haaren und vielen Sommersprossen, hob entschuldigend die Hände: »Wir haben Schreie gehört.«
    »Das nächste Mal gehorcht ihr lieber«, erwiderte Rahel deutlich freundlicher und warf einen schelmischen Seitenblick auf Jaquento. »Egal, ob jemand schreit.«
    Gerade wollte sie sich abwenden, als der andere Seemann auf die Kreatur deutete. Er war offensichtlich ein Kind beider Welten, mit brauner, aber nicht dunkler Haut und schmalen Augen, und noch sehr jung.
    »Ich kenne das! Meine Mutter nannte sie immer Majana .«
    »Und wie bekommt man es von meinem Arm herunter?«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte der Jüngling. »Majana bedeutet so viel wie Große-Schlangen-Echse. Sie sind sehr selten, und es heißt, dass sie Glück bringen. Meine Mutter hat sie mit Milch angelockt und gefüttert, damit sie uns wohlgesonnen sind.«
    »Glück?«, wiederholte Jaquento zweifelnd und sah zu dem Wesen hinab, das sich wieder an seinen Arm schmiegte und die Augen geschlossen hielt. Seine Farbe war nun ein zufriedenes Braun.
    »Und die Händler der Blassnasen zahlen gutes Gold dafür«, fuhr der Junge fort. »Meine Mutter hat gesagt, dass sie die Majana über das große Meer bringen und an die Caciques in den Ländern hinter dem Wasser verkaufen.«
    »Sprich vernünftig, Overo, nicht dieses Kauderwelsch«, fuhr Rahel ihn an, sodass er zusammenzuckte.
    »Die Händler kaufen sie und verkaufen sie an die Reichen weiter«, erwiderte der Junge eingeschüchtert.
    »Dieses Vieh ist also etwas wert? Vielleicht landet es dann doch nicht im Kessel«, erklärte Rahel und musterte die Echse eingehend, dann blickte sie auf. »Los jetzt, wir müssen zurück. Es gilt, die Fässer zu befüllen und das Schiff wieder klarzumachen. Außerdem müssen wir noch jagen. Jaquentos neuer Freund hier hätte ohnehin nicht für eine Mahlzeit für alle gelangt.«
    Jaquento hob den Kopf der Echse an, die ihn träge anblinzelte. »Na los, hoch mit dir«, meinte er auffordernd und schob das Tier ein Stück weiter seine Schulter hinauf, sodass er beide Arme frei hatte. »Wenn du schon mitkommen willst, kannst du es uns beiden wenigstens bequem machen.« Die Echse streckte sich auf ihrem neuen Platz, behielt aber ihr Muster auf den Schuppen bei.
    Jaquento blickte sich nach Rahel um, die bereits zwischen den Bäumen verschwand. Wenn er ihr folgen wollte, musste er sich beeilen.

SINAO

    Innerhalb der Festung war es immer kühl. Die dicken Wände hatten nur wenige schmale Öffnungen, durch welche die heiße Luft kaum hereindringen konnte. Dazu lagen viele der Gänge und Treppen in einer allgegenwärtigen Düsternis. An manchen Stellen war es so dunkel, dass sogar am Tag Lampen aufgestellt werden mussten.
    Gemeinsam mit ihren Begleitern eilte Sinao durch die schattigen Korridore. Auch wenn sie nicht beobachtet wurden, beeilten sie sich stets, wenn sie sich durch die Gänge bewegten, denn die Strafe für Faulheit waren Hiebe mit den Peitschen und Stöcken der Aufseher. Wenn sie erst einmal in den Küchenräumen tief in den Eingeweiden des Forts waren, wären sie vor Nachstellungen sicher. Kaum jemals verirrte sich einer der Herren in die verrauchten, engen Küchen.
    »Schneller«, trieb Sinao die kleine Gruppe an. Obwohl sie die Jüngste war, gehorchten ihr die anderen widerspruchslos und beschleunigten ihre Schritte. Endlich erreichten sie die Treppe, die hinab zu den Lager- und Küchenräumen führte. Leichtfüßig sprang Sinao von einer schiefen, ausgetretenen Stufe zur nächsten und zählte sie leise vor sich hin; sie war diesen

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