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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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dort die Gefahr am größten, und viele ließen ihr Leben, sodass die Hütte fast immer unterbelegt war.
    Die anderen Sklaven mieden sie, so als sei das Schicksal der Minensklaven ein Fluch oder eine Krankheit, mit der man sich nur allzu leicht anstecken konnte.
    Stumm hockte sich Majagua neben den Eingang und wartete ab. Die anderen bildeten einen Halbkreis und unterhielten sich flüsternd. Majagua achtete nicht auf ihre Worte, sondern spähte hinaus in die Nacht. Schließlich kam auch Dagüey mit den restlichen Leuten. Es hatte den Alten viel Überredung gekostet, dieses nächtliche Treffen zu arrangieren, und Majagua schluckte hart, als ihm bewusst wurde, dass nun alles an seinen Worten hing. Kämpfen, schleichen, Pläne schmieden, all das erschien ihm leichter, als vor diesen Sklaven zu reden und sie zu überzeugen.
    Das Mondlicht fiel durch den Eingang, doch er sah wenig mehr als helle Augen in dunklen Gesichtern. Starren sie feindselig? Ist ihr Blick offen? Fragen, auf die er keine Antwort wusste. Also kroch er in eine Lücke in ihrem Kreis und hockte sich nach Art der Krieger auf seine Fersen. Einen Moment lang senkte er das Haupt, um sich zu sammeln, dann ließ er seinen Blick über die Runde gleiten – fest und stark, wie es dem Sohn eines Cacique anstand.
    »Ich habe euch alle hierhergebeten, weil wir uns besprechen müssen«, eröffnete er die Runde, wie er es von seinem Vater gelernt hatte. »Mein Name ist Majagua, ich bin der Sohn des Cacique von Guanquen. Ich kenne und ehre meinen Großvater.«
    Die anderen murmelten die Begrüßungsworte ebenfalls, bis auf zwei, die mit unbewegten Gesichtern schwiegen.
    »Was willst du, Junge?«, fragte einer dieser beiden, ein Mann mit breiten Schultern und mächtigen Muskeln, dessen Gesicht jedoch hohlwangig war und dessen Augen so tief unter den Brauen lagen, dass sie im Schatten wie zwei Kohlestücke wirkten.
    »Ich will uns helfen«, erklärte Majagua mit einem Selbstbewusstsein, das er nicht verspürte. Kein guter Anfang.
    »Du willst Ärger machen«, erwiderte der Mann mit kalter Stimme. »Das kenne ich. So was endet mit Blut, Junge.«
    »Alles auf Hequia endet mit Blut. Unser aller Leben hier ist wertlos, weil es uns nicht gehört. Solange wir hier sind, ist der Tod unser Schicksal.«
    »Wer gut arbeitet und gehorcht, wird nicht bestraft«, widersprach der Mann, doch Majagua schüttelte den Kopf.
    »Ich habe …«
    »Du wirst uns alle töten!«, unterbrach ihn der Mann hitzig, begann dann aber unvermittelt zu husten. Sein Leib wurde von einem Anfall durchgeschüttelt, und er konnte kaum wieder Atem schöpfen. Dagüey kroch zu ihm und legte ihm eine Hand auf den Rücken, während alle anderen entsetzt schwiegen und in die Nacht lauschten. Seine Worte waren laut gewesen, sein Husten noch lauter. Jeden Augenblick mussten die Soldaten kommen, sie außerhalb ihrer Hütten finden und sie alle töten. Doch es blieb ruhig, und der Husten verebbte langsam.
    »Lass es ihn erklären«, bat Dagüey leise, als wieder Stille eingekehrt war. Aufmerksam blickte Majagua in die Runde. An seiner Schläfe lief ein Schweißtropfen hinab, der stickigen Hitze in der Hütte geschuldet, doch er wischte ihn nicht weg. Ein Krieger ertrug jede Härte, ohne zu klagen. Und ohne sich zu fürchten.
    »Also rede«, keuchte der Mann und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Es war Majagua, als glänze seine Haut dunkelfeucht im fahlen Licht. Blut?
    »Vielleicht verzögert Gehorsam den Tod. Vielleicht kann man so länger überleben, wenn man gehorcht«, hub er an, sein Blick so fest wie seine Stimme. »Aber nicht lange. Wenn es nicht das schlechte Essen ist, die harte Arbeit, Unfälle oder Krankheit, dann sind es die Knuten und Musketen der Blassnasen, die uns umbringen. Ihr seht Hayuya jeden Tag, und ihr habt nichts getan, um dies zu verdienen.«
    Wieder ließ Majagua seinen Blick wandern, sah jedem in die Augen, versuchte sie allein mit der Kraft seines Geistes zu überzeugen.
    »Hier wird es für uns Paranao niemals Frieden geben, keine Ruhe, kein Leben. Nur Arbeit, Schmerz und Tod. Solange die Blassnasen uns als Sklaven halten, sind wir alle nicht mehr als lebende Tote, wie die Pelahu .«
    Bei der Erwähnung der mystischen Untoten schreckten einige auf, manche spuckten sogar auf den Boden, um die bösen Geister abzuwehren.
    »Man hat uns unsere Seelen nicht genommen«, widersprach einer. »Wir sind keine Pelahu!«
    »Ich sehe genug unter uns, in deren Augen kein Leben mehr ist.

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