Sturmwelten 01
Dokumente an Bord, die nur für Admiral Holt bestimmt sind. Und Sie können die sauertöpfischen Mienen wieder absetzen«, fuhr der Kapitän ungerührt fort und blickte dabei in die Runde seiner Offiziere, »man hat mir zu verstehen gegeben, dass wir nicht in die Konvois eingebunden werden. Vermutlich werden wir eine Fahrt die Handelsrouten entlang machen, um Piraten und ähnliches Gesocks zu jagen. Und den einen oder anderen fetten géronaischen Frachter aufzubringen!«
»Ich habe gehört, dass die Piraten zwischen den Inseln immer frecher werden«, warf Leutnant Hugham ein. »Angeblich …«
Weiter kam sie nicht, denn Harfell brach in ein lautes Gelächter aus. Irritiert blickte Hugham sich um, doch keiner der anderen verzog das Gesicht.
»Piraten«, stieß Harfell aus. »Woher wollen Sie etwas von Piraten wissen, Hugham?«
»Thay?«
»Tavernengeschichten? Seemannsgarn gar? Sie haben doch die Küstengewässer niemals verlassen.«
»Thay, ich habe mit einem Sekretär der Admiralität gesprochen, der …«
Wieder unterbrach sie der Kapitän, diesmal jedoch funkelte er sie finster an: »Gespräche mit der Admiralität, Leutnant? Hinter dem Rücken Ihres Käpt’ns?«
»Nein, ich … ein Bekannter, Thay. Wir haben zusammen auf der Zerstörerin gedient. Er verlor sein Bein … kann nur noch in der Verwaltung … ein Zufall …«, stotterte Hugham, wobei ihre Worte immer leiser wurden. Schließlich verstummte sie unter dem eisigen Blick des Kapitäns. Obwohl die Kajüte des Kapitäns der geräumigste Raum auf dem ganzen Schiff war, erschien er Roxane plötzlich eng und stickig. Unsicher sah sie Frewelling an, der seinerseits unbewegt auf die Wand blickte und sie nicht zu beachten schien.
»Darüber reden wir noch, Leutnant. Und machen Sie sich wegen der Piraten keine Sorgen: Mit deren Einmastern werden wir gerade noch fertig!«
Unvermittelt grinste Harfell wieder und zwinkerte Roxane zu: »Piraten! Ha! Noch keine Woche auf See, und schon wird das Wasser zu tief für Leutnant Hugham!«
Sorgsam darauf bedacht, ihre Miene ebenso ausdruckslos zu halten wie Frewelling, blickte Roxane auf die Karte hinab. Dennoch sah sie aus dem Augenwinkel, wie die gedemütigte Offizierin tief Luft holte und den Mund öffnete. Aber bevor sie etwas sagen konnte, legte ihr Leutnant Frewelling die Hand auf den Arm, schüttelte kaum merklich den Kopf und fragte: »Wäre das alles, Thay?«
»Ja. Gehen Sie zurück auf Ihre Posten.«
Gemeinsam mit den anderen verließ Roxane die Kajüte des Kapitäns. Nur der Caserdote blieb, und sie konnte ihn leise auf Harfell einreden hören. Während sie gemeinsam mit Hugham, Frewelling und dem Maestre hinauf an Deck stieg, sprach niemand ein Wort, und sie trennten sich am Ende des Niedergangs grußlos.
Der Wind hatte etwas aufgefrischt, und die See war in der kurzen Zeit rauer geworden. Mit entschlossenen Schritten kehrte die junge Offizierin auf ihren Posten zurück, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sagte: »Ich übernehme das Kommando wieder, Fähnrich.«
»Aye, aye, Thay!« Die Erleichterung war dem Mädchen anzusehen, doch sie bemühte sich, ihren Bericht so gut abzuliefern, wie es ihr möglich war. Während Tola die wenigen Minuten zusammenfasste, die die Offiziere unter Deck verbracht hatten, wanderten Roxanes Gedanken wieder zu der seltsamen Szene in der Kapitänskajüte zurück. Sie konnte sich keinen Reim auf das Verhalten ihres Vorgesetzten machen – er schien eine persönliche Abneigung gegen Leutnant Hugham zu hegen, die ihn sogar gegen die Konventionen der Höflichkeit verstoßen ließ.
Als Tola ihren Bericht beendete, nickte ihr Roxane zu und ließ sie abtreten. Es war nicht ihre Aufgabe, das Verhältnis zwischen Hugham und Harfell zu analysieren. Sie musste alles dafür tun, dass dieses Schiff gut geführt wurde, und dazu musste sie zuallererst den Befehlen des Kapitäns gehorchen.
Doch eine unbestimmte Sorge ließ sie nicht los und verfolgte sie die ganze Wache lang.
JAQUENTO
»Ich sagte doch: Ich bin keine Frau, zu der man einfach Nein sagt.«
Ihre Stimme war spöttisch, doch sie lächelte sanft, während ihre Finger spielerisch über seine Brust glitten. Zwar war ihre Koje schmal und schaukelte, aber zumindest hatte sie eine eigene Kammer.
»Es gibt aber einen deutlichen Unterschied zwischen einer Entführung und einer Liaison«, erwiderte Jaquento und griff nach dem Wasserkrug.
»Einer was?«
»Einer Liebschaft, Quéri. «
Als er das Kosewort verwandte,
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