Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln
Thyrane unwillkürlich den Kopf schütteln ließ.
»Oxarre und Holt. Eine wundervolle Truppe haben Sie da in der Sturmwelt zusammengestellt. Lassen Sie mich raten: Das Schiff mit der geheimnisvollen Ladung konnte entkommen?«
Mit säuerlicher Miene nickte Bolton. »Unglücklicherweise. Eine weitere Partei scheint ihre Finger im Spiel gehabt zu haben. Das bestätigt nur, dass diese Fracht von größter Wichtigkeit sein muss.«
»Géronay?«
»Was das angeht, können wir leider nur Vermutungen anstellen. Sicher ist jedoch, dass irgendjemand sich piratischen Abschaums bediente und dieses Vorgehen erst zu einem Sklavenaufstand und dann zu einer Seeschlacht führte. Die Ereignisse liegen noch nicht lange zurück, und die Informationen kamen über ungewöhnliche Kanäle. Es wird noch dauern, bis uns Depeschen mit detaillierten Berichten auf konventionelle Art erreichen.«
Jetzt war Thyrane doch überrascht. Ungewöhnliche Kanäle war eine Umschreibung der Marine für Kommunikation über Maestre. Eine aufwendige und allein aufgrund der Kosten und Gefahren nur selten genutzte Methode.
»Ich habe immer dagegen plädiert, einer Organisation wie der Compagnie derartig weitgehende Rechte einzuräumen. Pfeffersäcke und Sklaventreiber. Aber leider wurde ich nur allzu oft überstimmt, weil ihr Gold ein mächtiges Argument ist«, sinnierte Thyrane. »Doch was kann so wertvoll sein, dass die Compagnie den Zorn der Krone riskiert?«
»Zu unserem Unglück wissen wir das nicht. Was immer es ist, es wurde auf einem einzigen Schiff transportiert. Möglicherweise steht ein ungewöhnliches Wetterphänomen damit in Verbindung, aber unsere Gelehrten sind sich darüber uneins.
Wir vermuten, dass es ein kleines Objekt ist, von dem man dachte, dass es einfach durch jedwede Kontrolle zu schmuggeln sei.«
»Vor einigen Wochen müsste sich der Konvoi zusammengefunden haben. Die Aufmerksamkeit Holts war vermutlich direkt auf seine eigene Haustür gerichtet, während all die Sturmweltfahrer sich in Lessan versammelten.«
»Derzeit ist das alles reine Spekulation«, gab Daunce zu bedenken. »Nur eines ist sicher: Wir haben weder die Fracht, noch wissen wir, wohin sie unterwegs ist.«
»Die Flottenteile vor der Küste sollten alarmiert werden«, sagte Thyrane grüblerisch. »Vor allem die kleineren Schiffe, die nicht unbedingt für die Blockade benötigt werden. Wenn ich zu entscheiden hätte, würde ich jede Fregatte und jede Korvette darauf ansetzen.«
»Um diese Dinge kümmert man sich bereits.«
Mit einem Lächeln sah Thyrane Admiral Daunce an. »Bleibt nur eine Frage.«
Als er nicht weitersprach, hob Daunce fragend die Hände. »Und die wäre?«
»Warum erzählen Sie mir dies alles? Ich bin im Ruhestand, habe kein Kommando mehr inne und genieße das Landleben als Privatmann. Wenn Sie also nicht an meiner geschätzten Meinung über die Hühnerzucht interessiert sind …«
Dass er sein Leben als Privatmann genoss, war eine dreiste Lüge, und er vermutete, dass Daunce das genau wusste, doch der kahlköpfige Admiral zuckte mit keiner Wimper.
»Weil jemand in die Sturmwelt segeln und dort vor Ort herausfinden muss, wonach wir eigentlich suchen.«
»Und da denken Sie ausgerechnet an mich?« Thyrane lachte. »Ich habe mich häufiger mit der Compagnie angelegt, als ich mich erinnern kann. Und wenn ich Oxarre noch einmal begegne, wird das vermutlich sehr unschön für einen von uns.«
»Eben das qualifiziert Sie für diesen Auftrag. Sie können mit der Compagnie umgehen, und man wird Sie mit allen nötigen Vollmachten ausstatten«, erklärte Daunce, und Bolton fügte süffisant hinzu: »Und Ihre persönlichen Streitereien können Sie doch sicherlich zugunsten des Wohles von Thaynric hintanstellen, nicht wahr?«
Gedankenverloren tippte sich Thyrane mit dem Zeigefinger gegen das Kinn, während er Bolton nicht aus den Augen ließ. Daunce hob sein Glas und sah ihn fest an.
»Fahren Sie in die Sturmwelt, und erweisen Sie Ihrer Königin einen letzten Dienst.«
JAQUENTO
Der Regen fiel schnurgerade wie ein schwerer Vorhang aus dunkelgrauen Wolken herab. Die Windreiter fuhr genau in diese nasse Wand hinein, und schon bald verschluckte das Rauschen beinahe alle Geräusche. Viele suchten unter Deck Schutz, auch wenn die Enge dort mörderisch sein musste, aber Jaquento blieb auf dem Achterdeck. Die Tropfen waren warm, der junge Hiscadi fühlte, wie der Regen ihm den Kopf klärte.
Voraus war die thaynrische Fregatte Mantikor wenig mehr als ein
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