suchen Gespenster
„Vergesst aber dabei nicht, auf den Weg zu achten, damit keine stolpert!“
Sie schlugen einen anderen Weg ein. „Vati, können wir nicht an der Fräuleinwiese entlanggehen?“, rief Margit.
„Freilich!“ Der Förster wandte sich nach links.
„Fräuleinwiese?“, fragte Nanni. „Wieso?“
„Weil dort die seligen Fräulein in klaren Mondnächten tanzen.“
„Wer ist das?“
„Verliebte Ritterfräulein“, erzählte Margit, „die sich heimlich mit ihren Freunden trafen. Dem Ritter passte das gar nicht. Er sperrte sie ein und ließ sie verhungern. Nun geistern sie hier herum.“
„Doch wie hat er sie entdeckt?“, fragte Hanni. „Die Wiese ist ja ein ganzes Stück vom Schloss entfernt.“
„Was ihr alles wissen wollt!“ Der Förster lachte. „Vielleicht hatte jemand sie beobachtet, wenn sie herritten, einer, der eifersüchtig war und sie ihrem Vater verriet.“
„Ganz schön gemein“, rief Nanni empört.
„Dort ist die Fräuleinwiese.“ Margit zeigte auf einen schmalen Wiesenstreifen mit einem Bach. „Aber die jungen Damen sind nicht da.“
„Schade“, meinte Hanni, „ich hätte gern einen echten Rittertanz gesehen.“
„Du kannst dafür wenigstens noch den Baum bewundern, den sie als Briefkasten benutzten“, erzählte Margit weiter. „Dort hinten die alte Eiche ist es. Man sagt, ihre Liebhaber hätten die Briefe darin versteckt. Sie holten sie ab und legten ihre Antworten hinein.“
„Schreiben konnten sie also auch schon“, spottete die unverbesserliche Hanni. „Da will ich gleich nachsehen, ob nicht ein Brief liegen geblieben ist!“ Sie rannte zur Eiche und durchsuchte ein tiefes Loch im Stamm. Aber – brrr! – darin lag nur feuchtes Moos und ein paar alte Federn.
„Ich überlege bloß, was passierte, wenn eine mal den falschen Brief erwischte, der vielleicht für ihre Schwester bestimmt war“, meinte Nanni.
„Na, das gab dann sicher einen Riesenkrach.“ Hanni war von diesem Einfall begeistert. „Stellt euch vor, ich wäre das Ritterfräulein Adelgunde und hätte gerade einen Brief herausgeholt.“ Sie presste ein Stück Rinde ans Herz und flötete: „Liebste Schwester, er schrieb mir, mein Archibald! Welch ein Glück!“ Sie studierte das Rindenstück und las laut: „Geliebte Anastasia ... ach ...“
Sofort riss Nanni ihr die Rinde aus der Hand und kreischte entrüstet: „Diebin! Dies schrieb mein Roderich! Wie kannst du es wagen?“
Und nun führten die übermütigen Schwestern eine Szene auf, in der sie sich ständig bedrohten, an den Haaren zogen und sich ankeiften.
Margit und ihr Vater standen sprachlos daneben und brachen schließlich in lautes Gelächter aus.
„Ihr seid ja die geborenen Komiker“, meinte Herr Köcher. „Solch ein Theater hat die Wiese bestimmt noch nie gesehen, noch dazu in der Geisterstunde.“
„Ja, es ist direkt ein Jammer, dass euch niemand aus der Schule belauschen konnte. Das hätte eine hübsche Gespenstergeschichte abgegeben.“
„Ritterfräuleins in Blue Jeans und Anoraks“, sagte Hanni lachend. „Daran hätte noch nicht mal unser Mamsellchen geglaubt.“
Sie schliefen spät ein, weil es immer wieder etwas zum Kichern gab, und wurden am Morgen erst spät wach. Der Förster war längst unterwegs im Wald. Eilig liefen sie mit ihrem Waschzeug zum Bach, zogen sich dann an und stellten Kaffeewasser auf.
Noch ehe der Förster zurückkam, hupte es draußen. Das war vielleicht eine Überraschung! Vor der Hütte stand Köchers Auto. Margits Mutter holte gerade ein paar Körbe aus dem Kofferraum.
„Und die Buben sind auch dabei!“, rief Margit begeistert. „Kommt, wir decken vor der Hütte.“
Sie hatten am Abend gar nicht den Tisch und die Bänke an der Hausseite beachtet. Nun bereiteten sie dort, als die stürmische Begrüßung vorbei war, schnell alles fürs Frühstück vor. Jetzt erschien auch der Förster. Er staunte nicht wenig. „Wo hast du unsere Babys gelassen?“, fragte er seine Frau.
„Bei der Nachbarin. Sie hat versprochen, drei Stunden bei ihnen zu bleiben. Dann müssen wir wieder daheim sein. Aber die Buben bettelten so, sie wollten gern wieder einmal heraus.“
„Raupen sammeln“, kicherte Nanni.
Das waren gute Sachen, die Frau Köcher mitgebracht hatte: einen frisch gebackenen Hefezopf und leckere Marmelade dazu, für jeden ein Ei und zum Schluss sogar knusprige Waffeln. Ein üppiges Frühstück also und dazu den wundervollen Essplatz in der schönen Morgensonne.
„Daran werden wir noch oft
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