Mr. VIP - Nix Romeo und Julia! Turbulenter, witziger Liebesroman - Liebe, Lust und Leidenschaft... (German Edition)
Prolog
Der Regen passte zum Anlass. Er platschte auf die Schirme, die über den Köpfen der Trauergäste aufgespannt, ein buntes Dach bildeten. Um die Füße der Trauernden bildeten sich kleine Seen und die Soutane des Priesters war durchweicht. Einer der Messdiener versuchte einen Schirm über den Gottesmann zu halten. Da der Knabe aber mehr als einen Kopf kleiner war als der Priester und er diesem mehrfach die Enden der dünnen Streben in die Wange gestochen hatte, hatte es dem Priester schließlich gereicht. Er hatte den Schirm mit einer ungeduldigen Geste weggestoßen und stand nun schutzlos im Regen, während der kleine Messdiener tapfer versuchte, wenigstens das Gebetbuch vor dem Schauer zu schützen.
Julia bekam von all dem nichts mit. Ihr Sohn Roman und Schwiegertochter Nadine hakten sie unter, als sie an das offene Grab traten. Aber es war nur Julias Körper, der da stand. Ihr Geist weigerte sich beharrlich, die Tatsachen zu akzeptieren. Dieser Sarg, den die Träger gerade heruntergelassen hatten und auf dessen Deckel nun die Blumen fielen, die sie, Roman und Nadine mitgebracht hatten, hatte nichts mit ihr zu tun. Es war ganz und gar unmöglich, dass da ihr Jochen lag! Er war natürlich, wie jeden Tag, arbeiten und er würde nachher, wie jeden Abend, nach Hause kommen, und dann würde er sie fragen, wie ihr Tag gewesen war und sie würde ihm von dieser merkwürdigen Beerdigung erzählen.
Nein, Jochen war nicht tot. Nicht er, der vor Gesundheit, Lebenslust und Lebenskraft nur so strotzte. Der jeden Mittwoch zum Squash ging, gerne wanderte und immer für ein Späßchen zu haben war. Nein, so ein Mensch fiel nicht einfach vor dem Bankschalter um und war tot!
Rein mechanisch trat sie, flankiert von Sohn und Schwiegertochter, endlich von dem Grab zurück, ging ein paar Schritte zur Seite und sah zu, wie nun ein Trauergast nach dem anderen herantrat, um Blumen oder drei Schäufelchen Erde in die Grube zu werfen. Anschließend kamen sie zu der Familie, um zu kondolieren. Sie schüttelte Hände, nickte, dankte, ließ sich umarmen, alles ohne dabei etwas zu empfinden. Das war nicht so, die hier stand, das war eine andere, mit der Julia absolut nichts zu tun hatte. Irgendwann würde sie neben Jochen aus diesem Alptraum erwachen, ihn zärtlich wachküssen und die Wärme seines Körpers genießen, der sich an sie schmiegte.
Nein, Jochen war nicht tot!
Sie merkte nicht, dass ihr die Tränen über die Wangen liefen.
Kapitel 1
Kathrin trug Klimperohrringe. Lange, silberne Stäbchen, die bei jeder ihrer Bewegungen gegeneinander schlugen wie Klangstäbe in einem Windspiel. Doch das war es nicht, was in Julia unangenehme Vorahnungen weckte. Nein, es war die Tatsache, dass Kathrin überhaupt diese Klingeldinger trug, denn wenn Kathrin so vor sich hin klimperte, dann war sie gereizt und wenn sie gereizt war, dann drückte sie ihren Untergebenen gerne richtig unangenehme Aufgaben aufs Auge. Im Klartext: Kathrin Lambert hatte einen Auftrag bekommen, der ihr absolut nicht gefiel und den sie nun an den Mann oder die Frau bringen musste.
Die Wahl schien ausgerechnet auf Julia gefallen zu sein. Na, prima! Vor allem, wenn Julia an ihr Horoskop dachte, das ihr prophezeit hatte: Es erwartet Sie ein höchst angenehmer Tag. Soviel zum Thema ‚Wahrheitsgehalt in Horoskopen‘!
Sie holte noch einmal tief Luft und betrat dann hinter der Redakteurin das kleine Büro, das Kathrin als einzige nicht mit jemandem teilen musste.
Sie lächelte mit falscher Harmlosigkeit, während sie Julia mit einer einladenden Geste den Stuhl vor ihrem Schreibtisch anbot. Mindestens zwanzig Armreifen klimperten bei dieser Bewegung. Kathrin trug also volle Kampfmonteur, was nur eines bedeuten konnte: Sie hatte megaschlechte Laune.
„Wie geht es dir?“, erkundigte sich die Chefredakteurin, wartete aber Julias Antwort nicht ab. „Und wie sieht es bei dir auftragsmäßig aus?“
Julias Brauen sausten nach oben. Kathrin war ihre Chefin. Sie wusste doch am besten, welche Aufträge auf ihrem, Julias, Schreibtisch lagen. Aber okay, wenn Kathrin fragte, musste man ihr antworten.
„Ja, gut. Nachher muss ich nach Frankfurt zur großen…“
Kathrin unterbrach sie mit einer ungeduldigen Handbewegung, sämtliche Schmuckreifen und Ohrhänge klingelten wild.
„Ja, ich weiß, ich weiß, aber ich habe umdisponiert.“ Sie lächelte, aber es wirkte angestrengt. „Ich dachte mir nämlich, dass dir ein kleiner Tapetenwechsel gut tun würde, nach allem, was du
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