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Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Titel: Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Ch Lichtenberg
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[B 132]
    Den jetzigen Menschen kann man sich als aus zween zusammengesetzt vorstellen, dem natürlichen Menschen und dem künstlichen, wovon der eine nach den ewigen Gesetzen der Natur und der andere nach den veränderlichen des Costume sich ändert 1 . Bei der Schilderung des Menschen muss man hauptsächlich darauf sehen, den einen von dem andern zu unterscheiden. Zum natürlichen Charakter rechne ich die Hauptstriche des Charakters der Konturen, bedächtlich, schwermütig, still, lustig, Geck, Bemerker, Wahrheiten selbst erfunden, anderer ihre Eigenmacht verfließen gemacht in das eigene System von Gesinnungen, der künstliche Mensch alles bloß Angeklebte, Gelernte, es sei ein Kompliment oder eine große philosophische Wahrheit, alles Erzwungene, Eau de Lavende und rote Absätze u. s. w. [B 134]
    Bei dem Frauenzimmer fällt der Sitz des Point d’honneurs mit dem Schwerpunkt zusammen, bei den Mannspersonen liegt er etwas höher in der Brust um das Zwerchfell herum. Daher bei Mannspersonen die elastische Fülle in jener Gegend bei Unternehmung prächtiger Taten, und eben daher das schlappe Leere daselbst bei der Unternehmung kleiner. [B 135]
    Ich gehe zuweilen in 8 Tagen nicht aus dem Hause und lebe sehr vergnügt, ein ebenso langer Haus-Rest auf Befehl würde mich in eine Krankheit werfen. Wo Freiheit zu denken ist, da bewegt man sich mit einer Leichtigkeit in seinem Zirkel, wo Gedanken-Zwang ist, da kommen auch die erlaubten mit einer scheuen Miene hervor. [B 139]
    Ich weiß nicht, woher es kommt, aber das Wort Jonisch drückt bei mir sehr viel mehr aus, als im Lexikon steht. [B 150]
    Mein Leben hat nie höher gestanden als im August 1765 und im Februar 1766, einen Sommer und einen Winter genug für mich, ich werde diese Zeit allzeit für den Mittel-Punkt der Vergnügungen meines Lebens ansehen. [B 152]
    Der herrschende Charakter in seinem Gesicht war: Lieber gebrochen als gebogen, dieses zeigte sich auf mancherlei Art, die breite Stirn, welcher man ohne sie zu berühren die Härte ansah, etwas überhängende Augenbraunen, welche die zarteren Ausdrücke in jener Gegend nicht durchließen und überhaupt alle kleinen Veränderungen verdeckten. Dadurch erhielt das Gesicht ein Beständiges, das die Veränderungen der übrigen Teile allzeit beherrschte. Die Winkel am Munde waren etwas stark heruntergebogen, das Kinn gespalten durch einen Einschnitt, der eine Fortsetzung von dem über der Nase zu sein schien. Seine Frisur (denn auch diese gehört mit zu den Gesichtszügen) in der Woche erschien allzeit in einer bewundernswürdigen Harmonie mit dem Gesicht selbst, so dass man hätte glauben sollen, dass sich die Haare nach den Begierden richteten, bald drückte eine runde Glätte die Ruhe in seiner Seele aus, dann wieder die straubigte Verwirrung der Seiten-Haare das Fluctuans sub pectore, das Pyramidenförmige mit der Basi unten und sanft vorhängende den unbiegsamen Entschluss, und endlich das Pyramidenförmige mit der Basi oben äußerste Verwirrung und nahen heftigen Ausbruch, kurz, ich habe alles an ihm von selbst werden gesehen, woraus etwas philosophische Perückenmacher sich leicht Crèpe, vergette, aile de pigeon und à la rose hätten idealisieren können. [B 153]
    Einen einzigen Abend in einer Laube im Genuss seiner eigenen Empfindung, wie es Wieland nennt, zuzubringen, war für ihn das Beste und Höchste, darnach schätzte er die Größe und das Glück der Menschen, damit wog er Taten auf, wovon das Gerücht durch Jahrtausende durchhallt. [B 155]
    Er hatte schon längst den stillen Vorsatz bei sich gefasst, etwas zu tun, das entweder in die gelehrte oder in die politische Zeitung kommen müsste. [B 156]
    Der Genuss seiner selbst findet mehr bei ruhigen Seelen statt, sagt Winckelmann. [B 158]
    Er war so schwächlich und dünne, dass ein etwas mutwilliger Zephyr ihn hätte umlächeln und ein boshafter Nord in Dünste auflösen können. [B 159]
    Er und sein Bedienter waren so einig, einer dependierte so vom andern, dass man sie ein 4-füßigtes Tier nennen konnte. Der verheiratete 4-füßigte Mensch. [B 160]
    Ein kleines Fenster verriet nur, dass auch dort noch ein Ort wäre, wo Licht hineingekommen, Regen und Wind hingegen herausbleiben sollten. [B 163]
    Wir wundern uns zuweilen über die Indianische Völker, die sich Briefe in Knoten schicken, unsere Buchstaben sind nichts als Knoten von Linien, welche, wie man aus der Schattierung erkennt, gewisse Bänder machen. [B 168]
    Duell. Wenig wahre

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