Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)
die Bahnen, und die schönen Geister ebnen und verschönern sie. Eine Wegverbesserung in den Wissenschaften wäre anzuraten, um desto besser von einer zu den andern kommen zu können. [D 218]
Es ist mit dem Witz wie mit der Musik, je mehr man hört, desto feinere Verhältnisse verlangt man. [D 220]
Die Sachen so anzusehen, als wie Gatterer sagte. Harz, Eichsfeld, dort sind Tannen, hier Eichen. Die Materie der ganzen Welt ließe sich in einen Kubikzoll zusammenbringen. Die Bibliotheken werden Städte werden. Dieses ist das Schauen ins Große, dessen kein klarer Geist fähig ist. [D 221]
Jedermann wird sich wundern, dass ich in den letzten Tagen der alt gewordenen Welt noch so was schreiben mag. [D 223]
Es ist eine Bemerkung, die ich durch vielfältige Erfahrung bestätigt gefunden habe, dass unter Gelehrten diejenigen fast allezeit die verständigsten sind, die nebenher sich mit einer Kunst beschäftigen, oder, wie man im Plattdeutschen sagt, klütern. [D 226]
Was rührt hierbei aus Ursachen und was von Zufall her? [D 229]
Erstlich glaube ich nicht, dass ich auf die Nachwelt komme, und dann sind wir ja die Väter der Nachwelt, und die wird uns gewiss ihren kindlichen Respekt nicht versagen. Ich kann nicht begreifen, warum man sich mehr vor ihr als vor dieser Welt schämen soll. [D 230]
Eine halb neue Erfindung mit einem ganz neuen Namen. [D 232]
Laune, Geschmack, Witz als Gemälde vorgestellt. [D 234]
Der gesunde Gelehrte, der Mann, bei dem Nachdenken keine Krankheit ist. [D 237]
So gehe dann hin und bildere, so lange du willst, in deinen eignen Vorstellungen. [D 238]
Von der Verwandlung des Wassers in Wein vermittelst Zirkel und Lineal. [D 239]
Was auf Shakespearisch in der Welt zu tun war, hat Shakespeare größtenteils getan. [D 240]
Unsere Erde ist vielleicht ein Weibchen. [D 241]
Das ist eine Arbeit, wobei ich glaube sich die Geduld selbst die Haare ausrisse. [D 242]
Mit etwas Fähigkeit, biegsamen Fibern und einem steifen Vorsatz sonderbar zu scheinen, kann man sehr viel närrisches Zeug in der Welt anfangen, wenn man schwach genug ist, es zu wollen, und müßig genug, es auszuführen. (steif und schwach muss gebessert [werden]) [D 243]
Weil doch nun einmal Geld in der Welt dasjenige ist, was macht, dass ich das Kinn höher trage, freier aufsehe, sicherer auftrete, härter an andere anlaufe. [D 244]
Man könnte eine Diätetik schreiben für die Gesundheit des Verstandes. [D 248]
Es wäre kein Wunder fürwahr, wenn die Zeit einem solchen Schurken das Stundenglas ins Gesicht schmisse. [D 250]
Es ist allemal ein gutes Zeichen, wenn Künstler oft von Kleinigkeiten gehindert werden können, ihre Kunst gehörig auszuüben. Forkel steckte seine Finger in Hexenmehl, wenn er auf dem Klavier spielen wollte, und ein anderer großer Klavierspieler […], von welchem mir Herr Professor Meister erzählte, konnte nie zum Spielen gebracht werden, wenn er sich die Nägel nicht lange vorher abgeschnitten hatte. Den mittelmäßigen Kopf hindern solche Sachen nicht, weil ihre Unterscheidungskraft überhaupt nicht so weit geht und [sie] ein sehr grobes Sieb führen. [D 254]
Wenn ich sage, halte deine Zähne rein und spüle den Mund alle Morgen aus, das wird nicht so leicht gehalten, als wenn ich sage, nehme die beiden Mittelfinger dazu, und zwar über das Kreuz. Des Menschen Hang zum Mystischen. Man nütze ihn. [D 255]
Ein Mann, der sehr viel schreibt und wenig Neues sagt, schreibt sich täglich wieder herunter. Als er noch wenig geschrieben hatte, obgleich auch nichts darinnen war, stund er doch in der Meinung der Menschen höher. Die Ursache ist, weil sie damals künftig noch bessere Sachen erwarteten; im andern Fall können sie die ganze Progression übersehen. [D 256]
Der richtige Begriff von der Vollkommenheit einer Sache festgesetzt, so kann man hernach sicher sein, dass man der Absicht der Natur gemäß handelt, wenn man nach dem großen Endzweck, wachse und mache wachsen, in der Natur handelt. Ich bin sicher von der Allgemeinheit dieses Gesetzes überzeugt. [D 257]
Sie sehen die Menschen ganzer Weltteile als Feuerung für den Teufel an und glauben ewige Strafen so wie viertelstündige Zahnschmerzen. [D 264]
Man schimpft auf die armen Rezensenten, ich denke nicht so: Die Männer unter ihnen verdienen Dank, dass sie statt unserer Nebels Märtzens und Besserers Predigten lesen, hingegen die jungen Knaben, die ein Vergnügen darinnen finden, über andere zu urteilen, ehe sie
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