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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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mir knienden Polizeibeamten an mein Ohr. Ich wedelte mit der Hand, um ihm zu verstehen zu geben, dass alles in Ordnung war. Er nahm mich am Ellbogen, um mir beim Aufstehen zu helfen.
    »Sie müssen das Gelände verlassen.«
    Allmählich bekam ich wieder einen klaren Kopf. Farben und Geräusche kehrten in meine Welt zurück. Um mich herum herrschte Chaos. Polizei und Feuerwehr, knatternde Funkgeräte, Helikopter. Ich stand mitten in den Abendnachrichten.
    Der Beamte führte mich zu einem Bereich, der offenbar für die Verletzten eingerichtet worden war. War ich schlimmer verwundet, als ich geglaubt hatte?
    »Mystic River«, sagte der Polizist.
    Ich starrte ihn verwirrt an.
    »Gutes Buch«, setzte er hinzu. »Aber als echter Fan sollten Sie ein bisschen mehr lockermachen und sich die gebundene Ausgabe leisten.«
    Als ich auf meine Hände sah, merkte ich, dass ich immer noch den Roman umklammert hielt, den ich im Café gelesen hatte. Meine weißen Knöchel zeugten davon, dass ich mich daran festgehalten hatte wie an einem Rettungsring. Die Nachricht. Wo war sie? Ich suchte in meinen Taschen. Als ich nichts fand, drehte ich mich um und marschierte auf die Stelle zu, wo mich der Beamte gefunden hatte.

    »Augenblick mal, Partner. Sie können nicht zurück. Es ist zu gefährlich.«
    »Ich habe jemanden verloren«, sagte ich.
    »Sie haben jemanden verloren?«
    »Etwas. Ich habe etwas verloren. Bitte.«
    »Im Moment können Sie nicht zurück.«
    Mit festem Griff packte er meine Schulter, drehte mich um und führte mich die Straße entlang zu einem betonierten Gelände, das mit gelbem Absperrband abgetrennt war. Dort setzte er mich auf den Boden zu den anderen.

    Der Beamte hieß Danny Weller und redete gern. Er erzählte mir von seiner Jugend in Oakland, wo er mit seinem Vater im Sacramento River angeln gelernt hatte. Sein Vater, so berichtete er, jonglierte gern mit Wörtern. In der Schale des alten Gewerkschafters verbarg sich ein Quell des Wissens. Weller blieb in meiner Nähe – mein persönlicher Sozialarbeiter.
    Sein freundliches Geschwafel sorgte dafür, dass sich der Nebel in meinem Kopf nicht so schnell lüftete. Trotzdem überstürzten sich meine Gedanken. Wer konnte das getan haben? Hatte jemand versucht, mir das Leben zu retten? Hatte diese Person etwas mit Annie zu tun?
    Und was war aus den anderen Gästen im Café geworden? Wie viele waren verletzt? Wie viele tot?
    »Drei Tote und ein paar Schwerverletzte«, sagte Weller, als ich ihn danach fragte. »Überraschend wenig Opfer. Allerdings ist das nicht so erstaunlich, wie wir zuerst angenommen haben.«
    »Was soll das heißen?« Ich sah mir das halbe Dutzend
Menschen an, das um mich herum auf der Straße saß. Alle waren verletzt und wurden von Polizisten und Sanitätern betreut. Mir kam es wie ein Wunder vor, dass überhaupt jemand überlebt hatte.
    »Von der Explosion war nur ein Bereich des Cafés betroffen – es ist nicht so schlimm, wie wir ursprünglich gedacht haben«, erwiderte Weller. »Im Augenblick wissen wir nicht einmal, ob es ein Anschlag oder ein Arbeitsunfall war.«
    »Sie meinen, es war vielleicht gar keine Bombe?«
    »Wieso eine Bombe?« Weller musterte mich neugierig, aber ohne Vorwurf.
    Zum ersten Mal nahm ich ihn wirklich wahr. Das Auffälligste an ihm waren das dichte Haar und der nicht minder ansehnliche Bauch. Ich schätzte ihn auf etwa fünfundvierzig. Er hatte strapazierte Arbeiterhände und trug keinen Ehering, aber das hat heutzutage ja nichts zu bedeuten. Seine sanften, feuchten Augen erinnerten mich aus irgendeinem Grund an die schwarzbraunen Glasaugen des ausgestopften Eisbären in der Werkstatt des Tierpräparators, bei dem ich vor meinem letzten Jahr am College ein Praktikum absolviert hatte.
    Bevor ich eine Antwort auf seine Frage herausbringen konnte, kniete sich ein Sanitäter neben mich.
    »Sieht so aus, als wäre ihm nichts passiert«, sagte Weller. »Zum Zeitpunkt der Explosion war er draußen.«
    »Ich sehe ihn mir trotzdem mal an«, meinte der Sanitäter. Er hob mein Kinn an, sodass ich ihm in die Augen sehen musste. »Ich stelle Ihnen jetzt ein paar simple Fragen, die Sie mir bitte beantworten. Wie hei ßen Sie?«

    »Nathaniel. Nathaniel Idle.«
    »Nat Idle«, sagte der Polizist, dem ich vorher nur meinen Vornamen genannt hatte.
    Der Sanitäter und ich drehten uns nach ihm um. Weller sah zur Seite. Ich fühlte mich an einen schlechten Spieler erinnert, der vergeblich versucht, ein Pokerface aufzusetzen. Ehrlich

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