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Süden und das verkehrte Kind

Süden und das verkehrte Kind

Titel: Süden und das verkehrte Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Aufzeichnungen würden wir später im Dezernat ein Vernehmungsprotokoll anfertigen.
    Ich sagte: »Warum will Torsten Kolb Ihre Tochter bestrafen?«
    »Weil sie nicht gefügig ist«, sagte Hegel. »Sie ist selbstständig. Sie braucht ihn nicht. Das weiß er. Das ärgert ihn. Und jetzt rächt er sich an ihr.«
    »Warum lässt sich Ihre Tochter nicht scheiden?«, fragte Sonja.
    »Wenn ich das wüsste!«, sagte Hegel.
    »Wo könnte er Ihre Enkelin versteckt halten?«, sagte ich.
    »Der hat doch Freunde! Die helfen ihm alle. Diese Autohändler da in Laim. Oder seine Familie!«
    »Sie trauen seiner Familie zu, seine entführte Tochter zu verstecken?«, sagte ich.
    »Das traue ich denen zu!«
    »Bitte, Friedbert!« Mit einem weißen Stofftaschentuch tupfte sich Waltraud Hegel die Nase und dann die Augen ab. Mit einem Mal wirkte sie maßlos traurig und verloren.
    Aus Fabians Zimmer war Musik zu hören, ein melodisch getragener Song.
    »Bringen Sie uns unsere Enkelin zurück!«, sagte Hegel.
    »Den Jungen haben wir schon verloren, der will mit uns nichts zu tun haben. Meine Frau leidet darunter sehr. Ich dagegen seh ihn mir an und denke: Wenn ich einmal mit ihm unter vier Augen reden könnte, so richtig unter vier Augen – ich hier, er da, leerer Tisch dazwischen –, dann war vielleicht noch was zu machen aus ihm.«
    Obwohl zwei Mitarbeiter der Sonderkommission den Vater von Torsten Kolb bereits vernommen hatten, beeilten Sonja und ich uns, an den wartenden Journalisten in der Josephinenstraße vorbeizukommen, um Nikolaus Kolb vor dem Hintergrund unserer aktuellen Gesprächsergebnisse noch einmal zu befragen. Er wohnte in Planegg, einem Vorort westlich von München, zusammen mit seiner zweiten Frau Mona, die sechsundzwanzig Jahre jünger war als er.
    Vom Autotelefon aus erkundigte ich mich im Dezernat, ob Torsten Kolb inzwischen seine Haltung geändert und sich vielleicht bereit erklärt habe, doch noch auszusagen.
    »Er will warten, bis sein Anwalt am Montag aus dem Urlaub zurückkommt«, sagte Thon am Telefon. »Was ist mit dem Jungen? Bringt ihr ihn mit?«
    »Nein«, sagte ich. »Im Moment sind zwei Kollegen von der Streife mit den Großeltern in der Wohnung. Wir entscheiden nach der Besprechung, wie wir mit ihm weiter verfahren.«
    »Glaubst du ihm?«
    »Ja.«
    »Das heißt, der Tatverdacht ist untermauert. Mit Staatsanwalt Vester hab ich schon telefoniert, er ist zuständig für den Fall. Was ist mit Martin los?«
    Das war eine beunruhigende Frage. »Warum?«
    »Er hat angerufen, er sagt, es geht ihm besser. Ist er krank oder ist er nicht krank? Oder hat er gesoffen?«
    »Nein«, sagte ich. »Er ist krank. Er will nur helfen.«
    »Er soll zu Hause bleiben«, sagte Thon. »Das fehlt noch, dass er andere Kollegen ansteckt. Beeilt euch in Planegg! Laut Bericht der Kollegen ist der Vater nicht besonders ergiebig.«
    Ich beendete das Gespräch und lehnte mich auf der Rückbank in die Ecke hinter dem Beifahrersitz. Sonja lenkte den anthrazitfarbenen Opel über die Boschetsrieder Straße in Richtung Garmischer Autobahn.
    »Martin ist überzeugt, dass die Mutter mit dem Verschwinden ihrer Tochter zu tun hat«, sagte ich.
    »Wann hast du mit ihm darüber gesprochen?«, sagte Sonja.
    »Als ich bei ihm in der Wohnung war.«
    »Das ist doch albern.« Ich ahnte, welche Meinung Sonja von Martins Verhalten hatte.
    »Ich glaube ihm, er hat ein Gespür für solche Leute.«
    »Er ist Alkoholiker, Tabor!«
    Sie hupte, bremste, jagte den Wagen über eine Kreuzung, deren Ampel dunkelgelb leuchtete. »Er hat kein Gespür mehr!«
    »Er ist kein Alkoholiker.«
    »Hör auf! Wir haben einen hochgradig Tatverdächtigen, und du nimmst deinen Freund in Schutz. Ich will davon nichts mehr hören. Verschon mich mit deinen Verteidigungsreden! Er ist ein Säufer und er gefährdet unsere Ermittlungen, er ist ein absolutes Risiko.«
    »Und wenn Torsten Kolb nicht der Täter ist?«, sagte ich, entschlossen, ihr zu widersprechen, entgegen aller Überzeugung und Vernunft.
    »Wer schweigt, lügt, Tabor!« Sie sah kurz in den Rückspiegel, aber ihr Blick erwischte mich nicht. »Solange ich Polizistin bin, hab ich noch keinen Verdächtigen, keinen einzigen, erlebt, der die Aussage verweigert hat und hinterher unschuldig war. Keinen! Und Torsten Kolb hat seine Tochter zu Hause abgeholt, wofür wir Beweise haben, wir haben zwei zuverlässige Zeugen, und er hat sie mitgenommen, und wir wissen nicht, was er mit ihr getan hat. Wir wissen nur, dass er uns angelogen

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