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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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ärgerte, war, dass sie selbst ein Pils getrunken hatte. Und gern ein zweites bestellt hätte. Und das mitten am Tag. Sie schaute auf die Uhr. Viertel nach vier. Bald würde es dunkel sein, und der Tag war vorbei. Sie hatte ein paar Recherchen erledigt, nur, weil Süden sie darum gebeten hatte. Und weil der Fall sie ebenfalls sehr beschäftigte. Sie hatte sich vorgenommen, einkaufen und anschließend zur Gymnastik zu gehen, bei der sie seit Wochen nicht mehr gewesen war. Und dann hatte sie geplant zu kochen und gemeinsam mit Süden bei sich zu Hause zu essen. Das war ihr Konzept für diesen dienstfreien Samstag gewesen. Und morgen, hatte sie überlegt, könnten sie mit Martin ins Kino gehen, was sie lange nicht mehr getan hatten.
    Stattdessen saß sie am helllichten Tag in einer billigen Nachtbar, und nichts deutete darauf hin, dass irgendetwas von dem passierte, was sie geplant hatte.
    »Danke«, sagte Süden zu Lissi. Er trank einen Schluck und umklammerte sein frisches Bier mit beiden Händen.
    Lissi traute sich nicht, die Kommissarin zu zwingen, etwas zu bestellen. So redete sie mit ihrer Kollegin weiter über ihren Sohn.
    »Ich bin dreiundvierzig«, sagte Heuer abrupt und sah Sonja ins Gesicht. »Ich bin dreiundvierzig und weiß immer noch nicht, ob das richtig ist, was ich mach. Ob das stimmt. Ob ich das wirklich bin.«
    »Du wolltest immer zur Polizei«, sagte Süden. »Ohne dich wär ich nicht hier.«
    »Aber du bist ein guter Polizist geworden.« Heuer setzte das Glas an die Lippen und trank so gierig, als wäre er am Verdursten.
    »Was soll das sein, ein guter Polizist?«, fragte Süden. »Du bist genauso Polizist wie ich, manchmal gut, manchmal schlecht.«
    »Aber du bist ganz in deiner Arbeit und ich nicht. Ich fall immer wieder raus, siehst du doch, da bin ich, bin ich ein Polizist? Ich bin ein blöder Trinker, ich stürz dauernd ab. Wenn ich den Job nicht hätte, würde ich nur noch abstürzen, jeden Tag, das weiß ich, das steht fest. Mein Glück ist, dass ich ins Büro gehen kann, und das ist der Trick, ich tu so, als würd ich funktionieren. Ich funktionier aber nicht, nur vorübergehend. Sehr vorübergehend.«
    Sein Glas war schon wieder leer.
    »Und das kommt daher, weil ich nicht stimm, ich stimm nicht, das ist alles nicht eins, du verstehst doch solche Sachen, Tabor, wenn man eins ist und wenn man nicht eins ist.«
    Er hob das Glas. Lissi war bereits auf dem Weg mit Nachschub.
    »Wenn ich eins wär, würd ich nicht saufen, dann würd ich meine Arbeit machen und dann hätt ich frei, und ob ich im Dienst bin oder im Kino, ich wär immer derselbe. Weil ich hundertprozentig ich wär. Aber wenn ich meine Arbeit mache, fühl ich, da stimmt was nicht, ich hab solche Mühe, das durchzustehen, ich denk immer, irgendwas ist da faul. Gut, ich mach meine Vernehmungen, ich kenn mich aus mit der Technik, ich blick durch im Apparat, ich weiß über die Abläufe Bescheid, ich bin über zwanzig Jahre in dem Job, über zwanzig Jahre, Tabor.«
    Er betrachtete sein Glas, als enthalte es eine große Erklärung.
    »Und es gibt fast keinen Tag, an dem ich mich nicht frage, ob das richtig ist, dass ich diesen Job mach, ob da nicht eine ganz andere Aufgabe auf mich wartet, woanders, ob ich nicht auch was anderes könnte. Oder?«
    Schweiß stand ihm auf der Stirn. Sonja fiel es schwer, sich näher zu ihm hinzubeugen. Bei solchen Gerüchen wurde ihr schwindlig.
    »Du bist unzufrieden, weil wir in diesem Fall nicht weiterkommen«, sagte sie und gab sich Mühe, unauffällig durch den Mund zu atmen. Was ihr peinlich war. Andererseits konnte sie nicht begreifen, wieso er immer wieder diese stinkenden ausgewaschenen Rollis anziehen musste.
    »Trink«, sagte Süden und stieß mit seinem Glas gegen das seines Freundes.
    Heuer hielt das Glas fest. Und trank nicht. »Da stimmt was nicht«, sagte er. »Andere Leute machen auch ihre Arbeit, fahren in Urlaub, reden über ihre Arbeit, schimpfen drüber, gehen mit den Kollegen zum Kegeln oder zum Skifahren, haben eine Familie, stehen morgens auf, machen am Wochenende einen drauf, alles in der Ordnung, das ist eine Ordnung, Tabor, das sind die Schienen, und darauf fahren die, und zwar sicher, egal, wie oft sie sich ärgern und ihren Chef verfluchen. Aber das ist ihr Leben, und das haben die im Griff, die steuern das. Ich nicht. Ich steuer mein Leben nicht, ich fang jeden Montag von vorn an, und manchmal jeden Tag. Und das zermürbt mich, das macht mich fertig. Wenn ich drei oder vier

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