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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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sehen«, murmelte sie, »und herausfinden – dann nagle ich dir den Hintern fest!«
    Ein scharfes Klopfen an der Tür kündete Natalies Auftritt an. Sie kam mit einem Stapel Papieren und Akten unter einem Arm und einer dampfenden Kaffeetasse in der rechten Hand herein. Ihre dunklen Augen hinter der großen roten Brille waren erschöpft und blutunterlaufen, erinnerten Megan daran, daß nicht nur ihr dieser Fall den Schlaf raubte.
    »Mädchen, du brauchst einen Kaffee«, verkündete Natalie und knallte die Tasse auf den Tisch.
    Megan hob sie hoch und atmete das Aroma ein, als wäre es Riechsalz.
    »Ich würde ihn intravenös nehmen, wenn ich könnte. Danke, Nat.« Natalie winkte mit einem Trio klappernder Holzarmbänder und einem mißmutigen Schnauben ab. Auf ihrem ausladenden Busen ritt eine passende Holzkette, die aussah wie Kinderspielzeug an einer Schnur. Nat sah aus wie eine Modeanzeige für mollige Frauen, mit einer mokkafarbenen Tunika über einem passenden, engen wadenlangen Rock. Megan fühlte sich wie das Vorherfoto. Sie war im Morgengrauen eingedöst, hatte verschlafen und dann einfach das Nächstbeste angezogen, als sie aus dem Bett stolperte – eine goldfarbene Cordsamthose voller Falten, weil sie einfach auf einen Stuhl geknüllt worden
war und einen jägergrünen Pullover, den Gannon als Bett benutzt hatte. Sie schnippte ein Katzenhaar weg. »So wie mein Telefon ständig scheppert, hab ich mir gedacht, Sie brauchen jeden Freund, den Sie kriegen können«, sagte Natalie und setzte sich in einen der Chrom-und-Plastik-Stühle. »Die miesen Fernsehshows haben mir das ganz große Geld geboten, wenn ich ihnen Beweise liefere, daß Sie und der Chief hier im Büro die wilde Nummer abgezogen haben.«
    Megan schloß die Augen, stöhnte und ließ sich in den nächsten Stuhl fallen.
    »Ich hab ihnen gesagt, sie sollen ihr schmieriges Geld der Freiwilligenzentrale geben. Es geht mich nichts an, was die Leute hinter ihren geschlossenen Türen machen, und sie geht es ebensowenig an.«
    »Amen.«
    »Persönlich würde ich es gerne sehen, wenn Mitch jemanden findet, der ihn glücklich macht. Wir haben, Gott weiß, alle versucht, diesen jemand für ihn zu finden. Der arme Mann hatte mehr blinde Verabredungen als Stevie Wonder.«
    Megan kicherte erschöpft. »Ich bin wirklich dankbar für die Unterstützung«, sagte sie, »aber ich glaube nicht, daß ich dieser Jemand bin. Wir verbringen doch die Hälfte der Zeit damit, uns an die Gurgel zu gehen.«
    »Und die andere Hälfte macht ihr das Gegenteil. Für mich klingt das wie Liebe«, stellte sie nüchtern fest, als würde sie eine Erkältung diagnostizieren.«
    Megan wollte nicht glauben, daß man die Situation so leicht etikettieren konnte. Mit jemanden lieben war die Sache nicht gelöst. Sie mußten einen wiederlieben.
    »Na ja«, sagte sie, »so wie sich dieser Fall entwickelt, werde ich sowieso nicht lange genug hiersein, um meine Koffer auszupacken.« Natalie schüttelte den Kopf. »Ich bete zu Gott, und dann verfluche ich ihn, und dann bete ich wieder ein bißchen. Es gehört ein Wunder her, und zwar bald«, sie schlug mit der Faust auf den Tisch.
    »Für eine Spur wäre ich auch sehr dankbar«, stimmte Megan zu.
    »Ist Mitch schon da?«
    »Nein, aber Professor Priest, und der sucht Sie. Soll ich ihn reinschicken?«
    Megan ließ den Blick durch den Strategieraum schweifen, mit seiner Ereigniskurve und den angepinnten Botschaften, der Tafel mit Notizen
über Gedanken, Namen, Motiven und Fragezeichen. Vielleicht brauchten sie jemanden mit einem Computergehirn wie Christopher Priest, der einfach unvorbereitet hier hereinspazierte und den ganzen Schlamassel analysierte. Jemanden, der das Ganze frisch und unvoreingenommen in Augenschein nahm – wie ein neuer Agent.
    »Nein«, sagte sie, schob den Gedanken beiseite und stand auf. »Er soll in mein Büro kommen. Danke, Natalie.«
    »Alles für die Sache. Und streich Mitch noch nicht von deiner Tanzkarte, Mädel. Er ist ein guter Mann … und du, oje«, sie tat knurrig, verriet sich aber mit einem Augenzwinkern, »bist auch ganz passabel …«
     
    Der Professor hörte sich mit großen Augen aufmerksam an, wie Megan ihm die Situation mit Olies Computerfallen schilderte. Er hatte seinen schwarzen Daunenanorak abgelegt und saß jetzt in einem blauen Shetland-Pullover da, der wohl aus Versehen in den Trockner geschmissen hatte. Aus den viel zu kurzen Ärmeln ragte ein weißes Hemd.
    Megan fand den Gedanken etwas frustrierend,

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