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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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hier den Ton angab, ohne daß auch noch Sex mitspielte.
    »Sagen wir einfach, Paige Price hätte sich beim Abschlußfoto an der Uni mit einer Axt in der einen und einem Metzgermesser in der anderen Hand fotografieren lassen sollen«, sagte er mürrisch.
    In schwarzer Unterwäsche und Stilettos. Megan behielt den Gedanken
für sich. Eine so stutenbissige Bemerkung könnte mißverstanden werden. Wie hätten Sie’s denn gerne verstanden, O ’ Malley? Diese Frage wollte sie lieber nicht beantworten. Sie wollte nicht dran denken, daß sie sich neben Paige Price – so groß, so elegant, perfekt wie ein Model – klein, häßlich und ungepflegt vorkam. Glamouröses Aussehen war kein Kriterium für ihren Job. Und hier zählte nur der!
    »Also, wo wollen Sie Ihren Kommandoposten einrichten?«
    »Im alten Feuerwehrhaus. Das ist an der Oslo Street, einen halben Block vom Revier und einen halben Block vom Büro des Sheriffs weg. In den Garagen sind die Wagen für die Festzüge untergestellt, aber es gibt ein paar passende Konferenzräume für unsere Zwecke und oben eine Art Schlafsaal. Ich hab bereits die Telefongesellschaft verständigt, und Beckers Bürobedarf bringt Kopier- und Faxgeräte. Der Kopierladen arbeitet bereits an den Handzetteln.«
    »Gut. Was wir bis jetzt an Informationen haben, geht an den Fernschreiber des Bureau. Ich habe das ›Nationale Zentrum für vermißte und mißbrauchte Kinder‹ angerufen. Sie schicken einen Berater aus den Twin Cities. Ebenso ›Vermißte Kinder Minnesota‹. Sie werden uns eine große Hilfe sein beim Verteilen der Handzettel, regional, wie auch darüber hinaus. Außerdem können sie der Familie mit Rat und Tat zur Seite stehen.«
    Mitch dachte an Hannah auf ihrer Couch, allein, elend, und es tat ihm in der Seele weh. »Sie werden es brauchen.«
    »Ich lasse vom Archiv eine Liste aller bekannten Kinderschänder im Umkreis von hundert Meilen zusammenstellen sowie eine Liste aller Entführungsversuche und mutmaßlicher Kinderüberfälle im selben Radius.«
    »Das ist wie die Suche einer Nadel in einem Heuhaufen«, sagte Mitch niedergeschlagen.
    »Ist ja nur der Anfang, Chief. Irgendwo müssen wir anfangen.«
    »Ja, wenn wir nur wüßten, wohin wir uns aufmachen sollen.«
    Sie blieben einen Moment schweigend sitzen. Mitch beugte sich nach vorne, die Ellbogen auf den Knien, die Schultern gebeugt von dieser ungeheuren Last. Seit er den Job hier übernommen hatte, war kein nennenswertes Verbrechen passiert. Einbrüche, Schlägereien, Ehestreitigkeiten – das waren die üblichen Straftaten in einer Kleinstadt. Drogendeals waren so ziemlich das Schlimmste, was es hier gab, aber im Vergleich zu dem Alltag in Miami erschien das alles lächerlich.

    Er war selbstzufrieden geworden, vielleicht sogar ein bißchen faul, hatte sich einlullen lassen. So etwas wäre ihm in Miami nie passiert. Damals hatte er agiert wie ein Rennpferd – Sehnen, Nerven und Muskeln bis zum Zerreißen gespannt, Reflexe wie der Blitz, nur von Adrenalin und Koffein angetrieben. Jeder Tag hatte eine gigantische Krise gebracht, er war immer mehr abgestumpft, bis Mord, Vergewaltigung und Raub für ihn etwas ganz Normales waren. Jetzt fühlte er sich eingerostet, langsam und unbeholfen.
    »Haben Sie schon mal eine Entführung bearbeitet?« fragte er.
    »Ich hab bei ein paar Suchaktionen mitgemacht. Aber ich kenne die Vorgehensweise«, fügte sie trotzig hinzu und richtete sich auf ihrem Sitz auf. »Man hält sich an die Standardprozedur. Wenn Sie Ihre Zeit damit verschwenden wollen, das zu überprüfen …«
    »Wow, was für eine Megäre!« Mitch hob die Hand, um ihrer Tirade Einhalt zu gebieten. »Ganz unschuldige Frage. Ich wollte Ihre Fähigkeiten nicht in Frage stellen.«
    »Oh, tut mir leid.« Sie sank in sich zusammen, mit hochrotem Kopf. Mitch ignorierte das, wandte den Blick wieder dem Eis zu. Seine Augen waren verzweifelt, sein Gesicht von Sorgenfalten zerfurcht.
    »Ich hab schon vier hinter mir.«
    »Haben Sie die Kinder gefunden?« Am liebsten hätte sie sich die Zunge abgebissen, als der Satz heraus war. Ihr sechster Sinn – ihr Polizistensinn – wand sich wie ein Wurm.
    »Zweimal.« Eine schlichte Antwort, ein Wort, aber sein Gesicht sprach Bände über Tragödien, Enttäuschung und die harten Lektionen, die das Leben erteilte, die Cops immer und immer wieder mit den Familien der Opfer ertragen mußten.
    »Sie enden nicht alle so«, beschwichtigte ihn Megan und stand auf, »dieser auch nicht. Wir werden

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