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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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konnte.
    »Nett hast du’s hier!«
    Olie sagte nichts. Er trug dieselbe grüne Fliegerjacke, denselben dunklen Wollpullover und dieselben fingerfreien Ragg-Handschuhe, die er gestern abend angehabt hatte. Mitch fragte sich, ob er im Winter überhaupt die Kleidung wechselte. Und ob er je diese Dusche benützte. Der Raum stank nach ungewaschenen Füßen.
    Er sah sich nach einen Sitzplatz um, um Olie zu beruhigen, aber lehnte sich dann doch lieber an das Seitenteil einer zerfledderten alten Couch. Überall waren Bücher. Regale über Regale voller Bücher. Die wenigen Möbel, die es gab, dienten alle nur als Unterlagen für Bücher. Und wo sich keine Bücher stapelten, standen Computerteile. Mitch zählte fünf PCs.
    »Woher hast du denn die ganzen Computer, Olie?«
    »Von verschiedenen Adressen aus den Twin Cities. Die Geschäfte werfen sie weg, wenn sie veraltet sind. Ich hab sie nicht gestohlen.«
    »Das hab ich auch nicht geglaubt. Ich versuch nur Konversation zu machen, Olie«, Mitch lächelte. »Geschäfte schmeißen die weg? Keine schlechte Beobachtung. Wie hast du denn das rausgefunden?«
    Olie setzte sich vorsichtig in seinen Stuhl. Sein sehendes Auge huschte zwischen Mitch und dem Computer hin und her. Das Glasauge starrte Mitch unverwandt an. »Professor Priest.« Seine Hand zuckte zum Keyboard, schlug eine Taste an. »Er läßt mich manchmal am Unterricht teilnehmen.«
    »Er ist ein netter Kerl.«
    Olie sagte nichts. Er schlug auf eine andere Taste, und das Bild verschwand.
    »Und was machst du mit all diesen Geräten?«
    »So Zeug.«
    Mitch quälte sich ein weiteres Lächeln ab und seufzte leise. Olie, der Konversationskünstler! »Also, Olie, hast du heute abend gearbeitet?«
    »Ja.«
    »War nach halb sechs noch was los in der Eishalle?«

    Er zuckte die Schultern. »Schlittschuhclub.«
    »Die haben wohl für die Show am Sonntagabend geprobt?«
    Olie betrachtete das als rhetorische Frage.
    »Ich wollte dir ein paar Fragen wegen gestern abend stellen«, sagte Mitch.
    »Ihr habt diesen Jungen nicht gefunden?«
    Es schien mehr eine Feststellung als eine Frage zu sein. Mitch beobachtete ihn sehr genau, mit reglosem Gesicht. »Noch nicht, aber wir suchen intensiv. Wir haben ein paar Spuren. Ist dir schon was eingefallen, was uns vielleicht helfen könnte?«
    Olies intaktes Auge starrte das Keyboard an. Er zupfte einen Fussel von einer der Tasten.
    »Jemand glaubt, er hätte Josh gestern abend in einen Van steigen sehen. Ein Van, der ein bißchen so aussah wie deiner – älteres Modell, helle Farbe. Du hast doch keinen solchen Van gesehen, oder?«
    »Nein.«
    »Du hast deinen Van niemandem geliehen, oder?«
    »Nein.«
    »Hast du die Schlüssel steckenlassen?«
    »Nein.«
    Mitch nahm ein Buch von dem Stapel auf der Couch und sah sich den Titel an. Geschichte der irischen Rasse. Er fragte sich, ob Olie Ire war oder einfach nur neugierig. Das einzige, was er über ihn wußte, war seine Abnormität.
    Olie sprang von seinem Stuhl hoch. Seine Brauen zogen sich über den verschiedenen Augen zusammen und verzerrten das portweinrote Feuermal auf seiner linken Gesichtshälfte. »Es ist nicht mein Van.«
    »Aber du warst doch in der Eishalle«, beharrte Mitch. Er legte das Buch beiseite und steckte die Hände in die Jackentaschen. »Du hast die Kehrmaschine gefahren, richtig? Vielleicht hat einer deinen Van benutzt, ohne zu fragen?«
    »Nein. Das konnte keiner.«
    »Ja, also …« Mitch gähnte übertrieben und richtete sich auf. »Die Leute machen seltsame Sachen, Olie. Wir sollten ihn uns mal anschauen, nur um sicher zu gehen. Würd’s dir was ausmachen, ihn mir zu zeigen?«
    »Sie haben keinen Durchsuchungsbefehl.« Olie bedauerte sofort, das gesagt zu haben. Mitch Holts Blick richtete sich auf ihn wie der Laser eines Zielfernrohrs.

    »Soll ich mir einen besorgen, Olie?« Seine leise, täuschend sanfte Stimme jagte Olie Kälteschauer über den Rücken.
    »Ich weiß gar nichts!« schrie Olie und schlug gegen einen Stapel Bücher auf einem Fernsehtisch. Sie polterten mit einem Getöse wie Felsbrocken auf den Betonboden. »Ich hab nichts getan!«
    Mitch beobachtete den Ausbruch mit steinerner Miene, zeigte nichts von der Spannung, die sein Inneres wie eine Feder zusammenzog.
    »Dann hast du auch nichts zu verstecken.«
    Sein Verstand arbeitete fieberhaft. Wenn Olie jetzt mit einer Durchsuchung des Fahrzeugs einverstanden wäre und sich dabei etwas ergab, würde der Richter später das Beweismaterial als ungültig

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