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Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition)

Titel: Sündenflut: Ein Merrily-Watkins-Mystery (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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dafür ein besserer Mensch.»
    «Es ist unheimlich düster hier drin», sagte Mrs. Winterson.
    «Aber wir sind unter uns.»
    Die Bull-Kapelle lag hinter der Kanzel und den Orgelpfeifen. Ihr Buntglasfenster sah sogar im Sommer zugefroren aus. «Und wir haben allen Komfort.»
    Merrily zog zwei Holzklappstühle von einem Stapel. Sie klappte sie auf. «Kurz nachdem wir hierhergezogen waren, hat mir jemand erzählt, dass die Augen – wie bei den meisten Grabplastiken – geschlossen waren, als die Skulptur angefertigt wurde. Aber wegen all der Ungerechtigkeiten, die er im Leben begangen hat, fand Thomas Bull keinen Frieden. Und eines Tages kam die Frau des Pfarrers hier herein, weil sie ihren Mann suchte, und die Augen waren … wie sie jetzt sind. Es hieß, dass diese Pfarrersfrau nie mehr einen Fuß in die Kapelle gesetzt hat.»
    «Und glauben Sie das?»
    «Na ja, nein. Ich vermute, dass Thomas Bull Anweisung gegeben hatte, die Augen offen zu lassen, sodass er für alle Ewigkeit hier liegen und die Frauen angaffen konnte, die hier hereinkamen. Womit kann ich Ihnen helfen, Mrs. Winterson?»
    Merrily setzte sich und zog das Cape über ihren Knien zusammen, ganz sittsam und priesterlich. Mrs. Winterson blieb stehen.
    «Sie denken wahrscheinlich, ich hätte mir einen besseren Moment für ein Gespräch aussuchen können.»
    «Tja, das Dorf kann überschwemmt werden, und ich bin sicher, dass ich mich irgendwo nützlich machen könnte, aber …»
    «Es ist wirklich
grauenvoll
hier drin.»
    Merrily nickte. So wirkte die Bull-Kapelle manchmal. Es war interessant, dass diese Atmosphäre, die Merrily immer als extrem gottlos empfand, auch eine Atheistin ergriff.
    «Wir hätten auch ins Pfarrhaus gehen können», sagte sie, «aber ich wollte Jane nicht stören. Womöglich ist sie gerade mitten in einem Ritual, mit dem sie den Flussmann davon überzeugen will, wieder in sein Bett zurückzukehren, bevor die Flut das Grab ihrer Hohepriesterin Lucy Devenish erreicht.»
    Mrs. Winterson starrte sie einen sehr langen Moment an und stieß dann ein sprödes Lachen aus. Anschließend setzte sie sich zu Merrily.
    «Also gut. Ich habe verstanden. Ich höre mir den Tratsch an. Ich
liebe
Tratsch. Ich bin Journalistin, da gehört das dazu. Tut mir leid. Ich vermute, Sie haben mit der Presse schlechte Erfahrungen gemacht.»
    «Bisher nicht. Allerdings wenden sich die meisten Journalisten direkt an mich.»
    «Ja, es tut mir leid. Als ich Ihrer Tochter begegnet bin, habe ich einfach versucht, die Gelegenheit zu nutzen.» Mrs. Winterson zog mit ihrem in einem Ugg-Stiefel steckenden Fuß an dem Tragegurt des Fotokoffers, bis er vor ihrem Stuhl stand. «Was hat Ihnen mein Mann gesagt?»
    «Er hat mir eine Menge Fragen gestellt.»
    «Das kann man sich schwer abgewöhnen, das ist eine Berufskrankheit. Davon abgesehen weiß man gern, was dort, wo man hinziehen will, so vor sich geht. Und man will die Leute kennen.»
    «Ja, er hat mich tatsächlich gefragt, wie das bei meiner Arbeit so läuft.»
    «Hören Sie, wenn wir Sie beleidigt haben, entschuldige ich mich. Elliot kann ein bisschen …»
    Ein Regenschauer wurde an das Buntglasfenster geweht, und Merrily spürte, wie das Wasser stieg, wie bedrohlich das war und welche Energieverschwendung es bedeutete, hier um den heißen Brei herumzureden.
    «Hinterhältig sein?»
    «Was sagen Sie denn da, Mrs. Watkins!»
    «Nennen Sie ihn wirklich so? Elliot?»
    «So nenne ich ihn schon immer.»
    «Hat Ihnen der Name Mathew nicht gefallen?»
    Leonoras Kehle machte ein leises Geräusch.
    «Gut», sagte sie, «das spart uns eine Menge Zeit.»

    Dichte Regenschwaden zogen über Coleman’s Meadow, und der Cole Hill war in Wolken gehüllt. Auf der Weide standen ein paar langgestreckte Zelte und die zwei Wohnwagen. Dort, wo der Lehmboden aufgegraben worden war, verwandelten sich Pfützen in Teiche. Und kein Mensch da, Gott sei Dank, außer Gregory, der im Eingang seines Wohnwagens stand. Ein Wichtigtuer in Bomberjacke, Lederhosen und Doc Martens. Der Wohnwagen hinter ihm vibrierte wie ein überdimensionaler Ghettoblaster.
    «Ein echtes Drecksloch hier, was?», sagte Gregory.
    Jane musste ihm zustimmen. Es sah so hässlich aus wie auf irgendeiner Baustelle. Wenn Eirion glaubte, sie würde sich besser fühlen, wenn sie die Weide in diesem Zustand sah, dann täuschte er sich. Die Verbindung war abgebrochen. Das war nicht mehr ihre Coleman’s Meadow.
    «Na ja, ist mein letzter Tag», sagte Gregory. «Morgen bin ich

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