Sündige Gier
über gebastelt hatten, als er neun gewesen war, der Baseballhandschuh, mit dem er seinen Teil dazu beigetragen hatte, dass sein Highschoolteam die Meisterschaft errungen hatte, und ein Bierkrug, in den die griechischen Buchstaben seiner Verbindung eingraviert waren.
Das Büro war mit allen modernen Annehmlichkeiten ausgestattet, und in Verbindung mit diesen nostalgischen Einsprengseln passte es ihm wie ein teures, bequemes Paar Schuhe.
Er ließ das verknitterte Jackett von den Schultern gleiten und hängte es in den Schrank, dann ließ er sich in den Schreibtischsessel fallen, presste die Fingerspitzen gegen die brennenden Augäpfel und murmelte vor sich hin: »Das war’s dann wohl, Mr Mitchell.«
Was sollte das heißen?
Er wurde einfach nicht schlau daraus. Und würde es auch nicht mehr werden, denn kaum hatte sie das gesagt, hatte sie sich abgewandt und war den Rollkoffer hinter sich herziehend auf die Damentoilette marschiert. Wenn er vor der Toilette gewartet hätte, bis sie wieder herauskam, hätte man ihn für einen Sittenstrolch gehalten. Außerdem hatte die Lady - wie sie auch heißen mochte - unzweifelhaft klargemacht, dass sich ihr Interesse auf ein paar Bloody Marys und einen heißen, schmutzigen Quickie in einer Flugzeugtoilette beschränkte.
Darum hatte er Scher dich doch zum Teufel gedacht und das Weite gesucht, auch wenn er sich gewünscht hatte, dass dieses erinnerungswürdige Zwischenspiel harmonischer geendet hätte. Jetzt ließen ihm ihre Abschiedsworte einfach keine Ruhe.
Er wusste nicht, welches Spiel sie getrieben hatte, aber er war darauf reingefallen. Den Geh-zur-Sache-Blick. Der offen stehende oberste Blusenknopf. Die Beine. O Mann, die Beine. Noch nie hatte Tönungscreme so gut ausgesehen und sich so phantastisch angefühlt. Dazu diese schüchterne Lippenknabberei. Am Ende hatte sie sogar ihr Haar gelöst, verflucht noch mal. Jede Frau auf dem Planeten beherrschte diese Tricks.
Allerdings hatte sie jeden Einzelnen davon zur Perfektion gebracht.
Sie hatte ihn an seinen Eiern gepackt und ihn daran in eine Toilette in einem voll besetzten Flugzeug gezerrt, wo sie jederzeit erwischt, bloßgestellt, zum Gespött gemacht werden konnten. Er wusste nicht, ob Geschlechtsverkehr in einem Passagierflugzeug verboten war - er würde das von einem seiner Leute nachschlagen lassen -, aber schlau war das garantiert nicht.
Was, wenn eine reizende alte Dame sie ertappt hätte? Oder ein Kind? Nicht auszudenken, was es für ein Gezeter gegeben hätte, wenn die kleine Suzie versehentlich die Toilettentür aufgerissen hätte. Niemand hätte bis zum Ende des Fluges noch ein Auge zugetan. Alle zweihundert Passagiere hätten wissen wollen, welches Pärchen seine Libido nicht unter Kontrolle hatte, jeder hätte einen verstohlenen Blick auf die beiden verdorbenen Übeltäter werfen wollen.
In seiner Phantasie sah er ein Foto auf dem Titelblatt des Journal vor sich, auf dem er von einem Mitarbeiter der Flughafenpolizei mit finsterer, sogar angewiderter Miene abgeführt wurde. Wahrscheinlich hätte der Staatsanwalt das Foto zum Poster aufblasen lassen und das Gerichtsgebäude von Fulton County damit tapeziert. Von diesem Schlag hätte er sich nie wieder erholt.
Er verlor äußerst ungern einen Fall und tat alles, um zu gewinnen. Trotzdem konnte er sich mit Würde geschlagen geben, wenn er sein Bestes gegeben hatte, wenn er von Anfang an keine Chance gehabt und trotzdem alles unternommen hatte, um gegen alle Wahrscheinlichkeit zu siegen. In so einem Fall konnte er sich geschlagen geben. Er tat es nicht gern, aber er konnte es.
Doch derart an der Nase - oder an den Eiern - herumgeführt zu werden, so zum Narren gemacht und für dumm verkauft zu werden wie von diesem Biest, das war unerträglich.
Und warum? Was hatte er ihr denn getan, außer sie zu vögeln?
Na schön. Das würde wohl eines der ungelösten Geheimnisse des Lebens bleiben.
Er senkte die Hände, schabte mit den Handflächen über seine Stoppelwangen und ließ sie danach auf dem Stapel von Post, Nachrichten und Akten landen, der sich während seiner zwölftägigen Abwesenheit angesammelt hatte.
Marlene kam mit einem Block und einer dampfenden Tasse Kaffee herein.
»Danke.« Er verbrannte sich beim ersten Schluck die Zunge, doch es war seine Lieblingsmarke, und der Kaffee schmeckte.
Sie nahm ihren Stammplatz auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch ein. »Und. Wie war’s in Paris?«
»Französisch.«
»So schlimm?«
Er lächelte. »Es ist
Weitere Kostenlose Bücher