Sündige Gier
Wallung. »Kann er in einer Stunde hier sein?«
Doug sah genauso aus wie das, was er war, nämlich ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er war um die fünfzig und hatte sich gut gehalten, obwohl ihm, als er Dereks Büro betrat, die vielen Sorgen anzusehen waren. Trotzdem war sein Händedruck fest und trocken.
»Wie ich gehört habe, sind Sie eben erst von einer Auslandsreise zurückgekehrt.«
»Aus Paris. Ich bin direkt vom Flughafen hierhergefahren. Darum sehe ich so verknittert aus. Ich bitte um Verzeihung.« In Gegenwart seines makellos frisierten und gekleideten Besuchers fühlte sich Derek besonders zerzaust.
»Ich bitte Sie, Mr Mitchell. Ich bin froh, dass Sie bereit sind, mich noch heute zu empfangen.«
Derek deutete auf einen Sessel. In der Mitte der Sitzgruppe stand ein Couchtisch, auf den Marlene ein Tablett mit einem Eiskübel, zwei Gläsern und Wasserflaschen gestellt hatte. Derek saß lieber auf dem Sofa, wenn er sich mit seinen Mandanten unterhielt, als hinter dem Schreibtisch.
»Bitte bedienen Sie sich, Mr Wheeler.«
Wheeler schüttelte den Kopf.
»Meine Assistentin Ms Sullivan hat mir vom Tod Ihres Bruders erzählt«, begann Derek, während er sich ein Perrier einschenkte. »Es tut mir schrecklich leid.«
»Danke. Es war grauenvoll.«
»Das war es bestimmt. Sie hat mir kurz skizziert, was vorgefallen ist, aber ich hatte noch keine Zeit, die entsprechenden Zeitungsartikel zu lesen. Möchten Sie darüber sprechen?«
Die folgenden fünf Minuten hörte Derek schweigend zu, während Doug Wheeler wiedergab, was er über den Überfall wusste. Derek fiel auf, dass sich die Tat an dem Tag ereignet hatte, an dem er selbst nach Frankreich geflogen war.
Wheeler endete mit: »Das ist alles, was ich weiß, und es beruht auf dem, was Julie und die anderen im Lift bei der Polizei ausgesagt haben.«
»Julie ist die Frau, die bei Ihrem Bruder war, als es passierte?«
»Genau.« Wheeler griff nach einer Wasserflasche, drehte den Verschluss auf und trank.
Marlene hatte Julie Rutledge als Wheelers Geliebte bezeichnet. Derek hätte gern gewusst, ob der Familie ihre Beziehung mit Paul Wheeler peinlich gewesen war. Nachdem sich Doug Wheeler offenkundig nicht weiter über Julie auslassen wollte, vermutete er, dass es so war.
»Und der Täter wurde noch nicht identifiziert?«
Wheeler schüttelte den Kopf.
»Ms Sullivan hat mir erzählt, dass die Polizei noch keine heiße Spur hat.«
»Bis heute Morgen nicht.«
»Wer leitet die Ermittlungen?«
»Ein Detective namens Homer Sanford.«
»Ich kenne ihn. Ein guter Polizist.«
»Das nehme ich an.« Wheeler zuckte mit den Achseln. »Trotzdem ist er bis jetzt nicht weitergekommen. Heute Vormittag konnte er mir jedenfalls noch nichts Neues berichten.«
Derek kannte den ehemaligen Footballstar als methodischen und hartnäckigen Detective. Seine Kollegen hielten große Stücke auf ihn. Hart war er nur zu Kriminellen. Falls er noch nicht weitergekommen war, dann hieß das bestimmt nicht, dass er es nicht versucht hätte.
»Soweit ich gehört habe«, sagte er zu Wheeler, »hat Sanford lediglich die Kugel als Anhaltspunkt, und die ballistischen Tests haben nichts erbracht.«
»Genau. Den Datenbanken zufolge wurde die Pistole noch nie bei einem Verbrechen verwendet.«
Derek ließ das absichtlich unkommentiert, weil ihn interessierte, was Wheeler als Nächstes sagen würde. Bis jetzt wusste er noch nicht, warum der Mann ihn so dringend sprechen wollte. Als Wheeler ebenfalls stumm blieb, sprach er schließlich laut aus, was ihm im Kopf herumging, seit er von dem Überfall gehört hatte. »Ein merkwürdiger Schauplatz für einen Raub, nicht wahr? Der achte Stock eines Hotels.«
Wheeler sah ihm fest in die Augen. »Ja.« Dann rutschte sein Blick ab. »Allerdings.«
»Hat Detective Sanford sich irgendwie dazu geäußert?«
»Jedenfalls nicht mir gegenüber.«
»Hm.«
Der Jetlag holte Derek allmählich ein. Er brauchte nicht auf die Uhr zu sehen, der Sonnenstand verriet ihm, dass es allmählich Zeit zum Heimgehen war, außerdem spürte er jeden einzelnen Muskel, so erschöpft war er. Es war an der Zeit, auf den Punkt zu kommen. »Mr Wheeler, warum haben Sie um dieses Gespräch gebeten?«
»Weil ich Ihren Ruf als Strafverteidiger kenne. Wie man hört, sind Sie exzellent.«
»Danke.«
»Ich möchte, dass Sie meine Familie vertreten, bis all das überstanden ist.«
»Mit >all das< meinen Sie…«
»Die Vernehmungen durch die Polizei.«
»Man hat Sie wegen des
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