Sündige Gier
Zeit gelandet waren.
Schließlich entdeckte er sie drei Reihen von ihm entfernt und ein gutes Stück weiter vorne. Er winkte, aber sie bemerkte ihn nicht. Er beschloss, dass es praktischer war, wenn er sie am Gepäckband ansprach, als wenn er jetzt zu ihr zu gelangen versuchte.
Er schien eine Ewigkeit zu brauchen, doch schließlich hatte er die Passkontrolle überstanden. Im Gepäckbereich eilte er zu dem Förderband für ihren Flug und sah gerade noch, wie sie auf der anderen Seite einen Koffer vom Band zerrte.
Er schlängelte sich zwischen den übermüdeten und grantigen Passagieren durch, bis er sie erreicht hatte. Als sie sah, wie er sich durch die Menge kämpfte, blieb sie stehen.
Er hielt erst an, als er direkt vor ihr stand. Dann lächelte er belämmert. »Ich bin ein Idiot und ein echter Klotz. Ich weiß nicht einmal, wie ich dich ansprechen soll, weil ich deinen Namen nicht kenne.«
»Dafür kenne ich Ihren.«
Er erschrak, weniger über ihre Antwort als über ihren Tonfall. Noch während er versuchte, diese kühle Reaktion einzuordnen, begriff er, dass sie völlig verändert wirkte. Sie wirkte ganz und gar nicht mehr verletzlich und offen und erst recht nicht verfügbar. Die Knöpfe waren allesamt geschlossen. Wenn sie überhaupt ein Signal aussandte, dann war das: Denk nicht einmal daran.
Die Stimme klang eisig. Die Augen, die gestern Nacht noch warm und einladend wie eine Bucht im Mondschein gewirkt hatten, blickten ihn spröde und abweisend an. Und das Lächeln, das sie ihm schließlich zeigte, war selbstzufrieden wie das eines Pokerspielers, der gerade sein viertes Ass auf den Tisch legt.
»Das war’s dann wohl, Mr Mitchell.«
4
»Du siehst aus wie durch die Mangel gedreht.« Derek verstaute sein Gepäck in einer Ecke des Empfangsbereichs, drehte sich dann um und strafte seine Assistentin mit einem strengen Blick. Nachdem er zwölf Tage weg gewesen war, hätte er sich einen freundlicheren und weniger ehrlichen Empfang in seiner Kanzlei gewünscht.
»Also, vielen Dank, Marlene, ich bin auch froh, wieder hier zu sein. Die Reise war sehr schön, danke der Nachfrage. Das Wetter hätte nicht besser sein können. Keines der Flugzeuge hatte Verspätung. Mom hat sich sehr über ihr Geschenk gefreut. Dad war…«
»Okay, okay. Ich meine ja nur.«
»Ich habe zehn Stunden im Flugzeug gesessen«, knurrte er. »Was hast du denn erwartet?«
»Ich habe erwartet, dass du dich erst duschst und rasierst, bevor du ins Büro kommst.«
»Wenn ich erst nach Hause gefahren wäre, um mich frisch zu machen, wäre ich wahrscheinlich gar nicht mehr gekommen. Die Versuchung, ins Bett zu kriechen, wäre einfach zu groß gewesen. Ich weiß, dass hier inzwischen einiges an Arbeit angefallen ist, darum bin ich hier, unrasiert, ungewaschen und unglücklich.«
»Du warst noch nicht bei Maggie?«
»Nachdem ich so lange weg war, kommt es auf die paar Stunden auch nicht mehr an.«
Marlene schenkte ihm ihren Sag-nicht-ich-hätte-dich-nicht-gewarnt-Blick. Dann fragte sie: »Kaffee?«
»Das ist das erste nette Wort aus deinem Mund.«
Seine Angestellten begrüßten ihn, als er an ihren offenen Bürotüren vorbeikam, aber er winkte ihnen nur kurz zu und ging weiter, ohne auf einen Plausch stehen zu bleiben. Nachdem er es in sein Büro geschafft hatte, ohne dass ihn jemand aufgehalten hätte, schloss er die Tür hinter sich, um alle davon abzuhalten, dem Boss in den Hintern zu kriechen, indem sie ihn persönlich willkommen hießen.
Das geräumige Eckbüro lag im zwanzigsten Stock eines der modernen gläsernen Wolkenkratzer im Zentrum von Atlanta und hatte freien Blick über die Stadt. Heute strahlte die Sonne für seinen Geschmack ein bisschen zu fröhlich und grell, darum stellte er mit der Fernbedienung die Jalousien schräg, die zwischen den Glasscheiben eingelassen waren.
Die Innenarchitektin, die er angeheuert hatte, um die Kanzlei einzurichten, hatte ihn mit Ideen beliefert, aber die letzte Entscheidung hatte er sich jeweils selbst vorbehalten; das Muster des handgeknüpften Teppichs, das Holz für die Regale, die Polsterung der Sitzgruppe, das Leder seines Schreibtischsessels hatte er nach seinem eigenen Geschmack ausgewählt.
Außerdem hatte er darauf bestanden, dass ein paar wichtige persönliche Stücke in seinem Büro Platz finden mussten, selbst wenn sie nicht zur Einrichtung passten. Und so standen im Regal zwischen den Rechtsfachbüchern das Modell eines Doppeldeckers, das er und sein Dad den Sommer
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