Sündige Gier
Mordes an Ihrem Bruder vernommen?«
Er nickte. »Eine Routineangelegenheit. Pro forma, hat man mir erklärt.«
Quatsch. Derek glaubte nicht, dass die Polizei irgendetwas pro forma tat, und Wheeler glaubte das offenbar genauso wenig.
»War während dieser Befragungen ein Anwalt anwesend?«
»Ja.« Wheeler wedelte abschätzig mit der Hand. »Ein durchaus fähiger Mann, wenn es um Kleinigkeiten oder Ordnungswidrigkeiten geht. Aber wir sind der Meinung, dass wir vielleicht jemanden mit - entschuldigen Sie den Ausdruck - größeren Eiern brauchten.«
»Den Ausdruck entschuldige ich unbedingt, vor allem, da es sich bei den angesprochenen Eiern um meine handelt.« Beide lächelten. »Wer ist >wir«
Dereks Rückfrage überraschte sein Gegenüber. »Verzeihung?«
»Sie sagen immer wieder >wir<. Sie und wer noch?«
»Meine Familie. Meine Frau und mein Sohn.«
»Ich verstehe.« Derek wartete ab, ob Wheeler seine Erläuterung noch ausführen würde. Das tat er erst, nachdem er einen weiteren Schluck Wasser getrunken hatte.
»Natürlich steht jeder unter Verdacht, der von Pauls Tod profitieren würde«, sagte er. »Sie?«
»Nicht direkt. Ich werde Paul nicht beerben. Ich werde zwar damit Hauptgeschäftsführer der Firma, aber finanziell macht das keinen Unterschied.«
»Ihre Frau?«
»Sharon. Man sagt, ich hätte gut eingeheiratet. Sharons Urgroßvater kaufte Zehntausende von Coca-Cola-Aktien, als die Firma noch ganz jung war.«
»Herzlichen Glückwunsch.«
Wheeler lächelte leer. »Sie ist bestimmt nicht auf Pauls Geld aus. Außerdem war sie zu Hause, als er umgebracht wurde.«
»Damit bleibt nur noch Ihr Sohn.«
»Creighton.« Er atmete kurz durch und erklärte dann: »Er ist Pauls Erbe.«
Derek lehnte sich zurück und sah den Mann nachdenklich an, bevor er urteilte: »Wenn ich Polizist wäre, würde ich ihn zuerst ins Visier nehmen, Mr Wheeler. Bitte nehmen Sie mir das nicht übel. Ich bin nur brutal ehrlich. Die Polizei folgt immer der Spur des Geldes.«
»Das habe ich schon gehört. Und sie tut gut daran.«
»Wie alt ist Creighton?«
»Achtundzwanzig.«
Derek hatte gehofft, er wäre jünger, am besten noch minderjährig, sodass er weniger unabhängig und besser beaufsichtigt wäre. »Die Polizei hat ihn aber nicht verhaftet, oder?«
»Nein, ganz und gar nicht. Wir wurden sehr gut behandelt und bei uns zu Hause vernommen, nicht in der Polizeizentrale.«
»Sehr gut. Und der Anwalt war immer dabei?«
»Dafür habe ich Sorge getragen. Glücklicherweise hat Creighton auch ein felsenfestes Alibi. Als der tödliche Raubüberfall stattfand, war er bei uns zu Hause und nahm eine Tennisstunde bei seinem Privattrainer. Ich war nach Hause gefahren, um mich für ein Golfspiel umzuziehen, und sah ihn bei meiner Ankunft mit dem Lehrer auf dem Platz, und zwar nur wenige Minuten bevor Julie mich anrief und mir mitteilte, dass Paul tot ist. Unsere Haushälterin, die nicht lügen würde, selbst wenn es sie den Kopf kostete, ist sicher, dass die zwei seit mindestens einer Stunde gespielt hatten.«
»Wo liegt dann das Problem?«
»Eigentlich gibt es kein Problem. Ihre Verpflichtung wäre eine reine Vorsichtsmaßnahme. Ich möchte nicht, dass mein Sohn in die Mangel genommen wird, nur weil die Detectives keinen anderen Verdächtigen finden und sonst nichts zu tun haben.«
»Warum sollten sie das tun?«
Wheeler zögerte und sagte dann: »Paul und Creighton hatten Differenzen.«
»Weswegen?«
»Wegen allem.« Wheeler lachte gepresst. »Hauptsächlich, weil Creighton nicht das Interesse für die Firma zeigt, das Paul für angemessen hielt. Paul war ein Workaholic. Ich bin übrigens auch einer, aber bei mir ist dieser Zug nicht so ausgeprägt wie bei meinem Bruder. Er verstand es nicht, dass jemand nicht in seiner Arbeit aufgehen konnte. Creighton hat andere Interessen.«
Derek zog fragend die Brauen hoch. »Tennis?«
»Er spielt praktisch jeden Tag. Außerdem mag er Autos. Und Kleidung. Aber seine wahre Leidenschaft ist der Film.«
»Filme anzusehen, meinen Sie?«
»Ich glaube, er hat jeden Film gesehen, der je gedreht wurde. Für ihn ist das mehr als nur Unterhaltung. Filme sind sein wichtigster Zeitvertreib. Einer, für den er mehr Zeit aufbringt als für Wheeler Enterprises. Er denkt… wie ein Künstler.« Wheeler seufzte. »Paul konnte es weder verstehen noch akzeptieren, dass sich Creighton so wenig fürs Geschäft interessierte, und setzte ihn deswegen unter Druck, sogar noch mehr, als ich es tat. Als ich
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