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Sündiger Mond

Sündiger Mond

Titel: Sündiger Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Burton
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äußern, sodass ich langsamer werden kann oder …«
    Ich setzte mich ebenfalls auf und fuhr mir durch die Haare. »Es ist schon in Ordnung. Ich wollte eigentlich auch nicht wirklich. Ich kenne dich ja kaum, und ich glaube auch nicht, dass es für dich so schön gewesen wäre. Ich meine, ich weiß überhaupt nichts – weniger als nichts. Bevor ich hierherkam, war mir nicht klar, wie unwissend ich bin, aber jetzt … ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.«
    »Wenn du nicht willst, brauchst du nicht unwissend zu bleiben«, erwiderte er. »Geschlechtsverkehr bedeutet nicht nur,
für einen Mann … die Beine breitzumachen. Es gibt Dinge, die ich dir beibringen kann …«
    »Sex-Unterricht?« Ich stand auf und fuhr über meinen zerknitterten Rock. »So soll man es aber eigentlich nicht lernen.«
    Inigo erhob sich und sagte: »Bei diesen Dingen gibt es kein Falsch oder Richtig, Emily. Warum lässt du mich nicht …«
    »Nein. Wirklich.« Ich wich zurück, als er die Hand nach mir ausstreckte. »Ich schäme mich so schon genug.«
    »Unschuld ist nichts, weswegen man sich schämen müsste. Aber wenn du lernen willst …«
    »Es tut mir leid, Inigo«, sagte ich und wandte mich zur Tür. »Ich weiß, du versuchst nur, mir zu helfen, aber ich glaube wirklich nicht …« Ich keuchte erschreckt auf, weil ich fast mit einer dunkelgrauen Katze zusammengestoßen wäre, die gerade in die Bibliothek kam.
    Die Katze machte einen Buckel und fauchte mich an.
    »Kusch, Darius«, sagte Inigo. »Sie wird dich nicht anfassen.«
    Die Katze schoss zu einem Ledersessel gegenüber vom Sofa.
    »Sobald es aufhört zu regnen, reise ich ab«, sagte ich zu Inigo. »Ich verabschiede mich also jetzt schon mal.«
    Ich ging in mein Zimmer, setzte mich auf die Bettkante und hätte am liebsten geweint. Noch nie war ich so verwirrt und unsicher gewesen. Mein Blick fiel auf meinen ruinierten schwarzen Hut mit den Straußenfedern, den ich zum Trocknen über einen der Bettpfosten gestülpt hatte. In Gedanken sah ich Hickley, wie er mich zur Erheiterung seiner Freunde und seiner Geliebten nachäffte – der lächerliche durchweichte Hut, der Schmollmund, die großen, traurigen Augen.
    Die eingebildete, langweilige Amerikanerin: Das war die Rolle in dem kleinen Drama, die Hickley mir zugewiesen hatte. Und ich spielte sie perfekt. Unwissend und überwältigt war ich auf die Bühne gestolpert, und genauso würde ich sie wieder verlassen. So hatte es Lord Hickley verfügt.

    Aber ich wusste doch aus meinen Romanen, dass fiktive Charaktere manchmal einen eigenen Willen entwickelten und die Geschichte in eine andere Richtung trieben, als es der Autor beabsichtigt hatte. Entschlossen stand ich auf und sagte laut: »Fahr zur Hölle, Randy!« Und dann ging ich nach unten, in der Hoffnung, dass Inigo noch in der Bibliothek war.
    Dort war er. Er blickte von seiner Zeitschrift auf, als ich eintrat, und lächelte.
    Ich sagte: »Ich, äh, ich war vielleicht ein bisschen voreilig …«
    Inigo stand auf. Ein anderer Mann, den ich nicht gesehen hatte, weil er in dem Sessel saß, in den die Katze gesprungen war, erhob sich ebenfalls. Er war noch dunkler als Inigo, mit einem leichten Bartschatten.
    »Miss Emily Townsend«, sagte Inigo. »Darf ich Ihnen meinen Freund Darius vorstellen?«
    »Ich freue mich, Sie kennenzulernen.« Ich trat auf ihn zu, um ihm die Hand zu schütteln, aber er verbeugte sich nur. Zuerst glaubte ich, mit seiner rechten Hand sei etwas nicht in Ordnung, aber er hielt ein Buch damit.
    »Die Freude ist ganz auf meiner Seite.« Seine Stimme war sehr tief, mit einem leichten Akzent, den ich nicht einordnen konnte.
    Ich sagte: »Verzeihung, aber heißt nicht die Katze auch Darius? «
    »Ja, in der Tat«, erwiderte Darius. »Und ich bin mir nicht sicher, ob sie oder ich beleidigt sein sollte.«
    Inigo ergriff meine Hand und drückte sie beruhigend. Er wies zur Tür und sagte. »Wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?«
    Es war nur ein kurzer Spaziergang, der in seiner Suite im Südwest-Turm schon zu Ende war. Die Möbel im Arts-and-Crafts-Stil waren selbst nach heutigem Standard bemerkenswert modern und verliehen seiner Zimmerflucht eine warme,
männliche Note. An den Wänden hingen Original-Kunstwerke von Aubrey Beardsley, Gustav Klimt und allen möglichen Präraffaeliten und Impressionisten.
    Inigo bot mir einen Cognac an, und als ich ihn annahm, obwohl es noch nicht einmal Mittag war, führte er mich in sein Schlafzimmer, wo sich der Schrank mit

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