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Sueß, naiv und intrigant

Sueß, naiv und intrigant

Titel: Sueß, naiv und intrigant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecily von Ziegesar
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verletzt und bloßgestellt hatte? Dass er die Sache zwischen ihnen total vermasselt hatte?
    Oder tat es ihm leid zu wissen, dass er ihr das Herz brechen würde?
    Jenny blieb stehen. In der Englischstunde hatte sie gehört, wie ein paar Mädchen vom Wochenende erzählt hatten. Sie waren bei einer Apfelernte gewesen, und sofort sah Jenny sich und Easy vor sich, umgeben von Apfelbäumen. Easy hielt sie um die Taille und hob sie hoch, während sie versuchte, den Apfel auszumachen, der am höchsten hing und am schönsten war, um ihn zu pflücken. Jenny hatte sich tatsächlich noch nie einen Apfel selbst vom Baum gepflückt, aber es klang so idyllisch. Ob sie wohl jemals Gelegenheit haben würde, das zusammen mit Easy zu tun? Oder würde er lieber wieder Callie mitnehmen? Die war so schön groß und lang, dass er ihr nicht mal helfen musste, den blöden Apfel zu erwischen.
    »Ich glaube, ich bin einfach... durcheinander.« Jenny starrte zu Boden. »Easy, warum wolltest du denn lieber mit Callie essen gehen?«, fragte sie schließlich und wunderte sich, ob es einem Easy Walsh eventuell möglich war, gleichzeitig in sie und in Callie verliebt zu sein. Vielleicht. Aber Jenny hatte kein Interesse daran, eine der Personen zu sein, die Easy liebte. Sie wollte die eine sein.
    »Ich wollte es ja gar nicht.« Easy drehte sich um und sah sie an, und Jenny war froh, ihre Sonnebrille gefunden zu haben. »Es war nur irgendwie einfacher.« Er bückte sich und hob eine Handvoll trockenes Laub auf, dann öffnete er die Hand und ließ die Blätter wieder auf den Rasen sinken. Jenny wartete auf weitere Erklärungen, die aber nicht kamen.
    Das war nicht die Antwort gewesen, die sie hören wollte – obwohl sie selbst nicht wusste, welche Antwort die Sache besser gemacht hätte. Vielleicht gab es eine solche Antwort gar nicht. Jenny starrte in die Eichen hinter Easy hinauf und vermied es, ihn anzusehen. »Ich weiß nicht so recht, was ich dazu sagen soll. Ich glaube, ich brauche ein bisschen Zeit, um die Dinge klarzukriegen.« Sie biss sich auf die Lippe. »Vielleicht solltest du auch ein bisschen nachdenken.«
    Sie hielt die Luft an und hoffte, dass er sagen würde, er müsse über gar nichts nachdenken, er sei allein nach ihr verrückt, es täte ihm leid und er würde auf sie warten, bis sie mit ihren Gefühlen klargekommen sei. Sag es.
    Aber Easy nickte nur langsam mit dem Kopf, die Hände tief in den Taschen seiner verwaschenen, farbverklecksten Levi’s vergraben. »Okay«, sagte er fast im Flüsterton.
    Jenny straffte die Schultern. Sie stieß die Luft aus, die sie angehalten hatte, und fühlte sich plötzlich … leer. »Also gut. Bis dann.« Ihre Stimme klang viel abweisender, als sie es beabsichtigt hatte, und schnell fügte sie etwas wärmer hinzu: »Verpass Kunst morgen nicht. Du weißt doch, wie sehr dich Mrs Silver liebt.«
    Easy lächelte. Sie konnte sehen, wie sein Adamsapfel sich auf und ab bewegte. Unter seinem Kinn war eine kleine Stelle mit Bartstoppeln, die ihm beim Rasieren durchgerutscht waren, und Jenny widerstand dem Verlangen, sich vorzubeugen und ihn sofort zu küssen, jetzt auf der Stelle. Wenn sie es getan hätte, wer weiß, vielleicht wäre es zwischen ihnen wieder so geworden, wie es vor der blöden Party gewesen war und vor dem blöden Essen, bevor alles aus dem Ruder gelaufen war.
    Aber er trat schon zurück und bewegte sich rücklings von ihr weg. »In Ordnung.« Mit zwei Fingern seiner rechten Hand berührte er, in ironischer Geste salutierend, die Stirn. »Dann... äh... seh ich dich in Kunst.«
    Jenny wandte sich den Wohnhäusern zu und zwang sich, nicht zurückzublicken. Was war da gerade abgelaufen? War es … vorbei? Tränen traten ihr in die Augen, aber sie schluckte sie schnell hinunter und versuchte, an etwas Schönes zu denken: an Windbeutel mit Schokostreuseln aus der Wiener Bäckerei; an einen Musterverkauf bei Barneys; an einen im warmen Bett verbrachten Regentag mit einem guten Krimi in der Hand; auch die stattlichen efeubewachsenen Backsteingebäude um sie herum waren wirklich schön.
    Aber all die schönen Gedanken reichten nicht, um das Unbehagen zu vertreiben, das sie verspürte. Easy hatte genau das, was sie sich von einem Freund immer gewünscht hatte – sie war so maßlos glücklich gewesen, dass er sie mochte. Aber vielleicht war ja genau das der Punkt. Vielleicht war es maßlos gewesen.

     
     
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