Süßer Pakt der Sünde (German Edition)
nicht zum Stillstand. Edward Thornhill runzelte die
Stirn und lehnte sie gegen die kühle Fensterscheibe. Er versuchte noch immer zu
verstehen, was er gerade erfahren hatte.
Das Treffen mit dem Treuhänder war
ein Schock gewesen. Nachdem sein Vater gestorben war, was an sich schon schlimm
genug war, hatte man ihm eröffnet, dass er jetzt ein Herzog war, allerdings ein
ziemlich verarmter. Nein, verarmt traf es nicht wirklich. Vollkommen ruiniert
würde es wohl besser beschreiben. Auf jedem Besitz war eine Hypothek, keine der
Rechnungen der letzten Jahre war bezahlt worden und selbst die Zinsen konnte er
nicht bezahlen. Er war bankrott.
Und warum hatte er eigentlich keine
Einnahmen?
Und es würde nicht lange dauern, dann
würden die Geldeintreiber ihm die Türen eintreten. Dann wäre er auch
gesellschaftlich völlig ruiniert. Ihn selbst würde das nicht stören, er war die
letzten Jahre im Ausland gewesen. Bälle und Empfänge würde er nicht vermissen.
Natürlich könnte er versuchen, reich
zu heiraten bevor das ganze bekannt wurde. Aber wirklich Lust hatte er nicht,
zudem er nicht glaubte, sich die Auslagen für eine Saison leisten zu können.
Nein, seine Situation war ziemlich festgefahren.
Und er hatte ja noch vier Schwestern,
die zurzeit in einem Kloster untergebracht waren. Aufgrund seiner Verschuldung
würde er sich aber selbst das nicht leisten können, und was zur Hölle sollte er
dann mit den vier Mädchen anstellen? Er konnte sie doch wohl kaum auf die
Straße setzen.
Sicher, er hatte es seinem Vater übel
genommen, so kurz nach dem Tod seiner Mutter eine neue Frau zu nehmen, doch
während seiner Abwesenheit war ihm bewusst geworden, dass die Mädchen kaum
etwas dafür konnten.
Der Tod seines Vaters hatte ihn
getroffen, da die beiden im Streit auseinander gegangen waren. Irgendwie hatte
er wohl gedacht, dass sie sich irgendwann wieder versöhnen würden. Aber jetzt
war es zu spät.
Er schreckte auf, als ihm bewusst
wurde, dass die Kutsche bereits stand. Er würde sich heute betrinken, nahm er
sich vor. Denn so viel sein Vater auch falsch gemacht hatte, sein Alkoholvorrat
war stets gut gefüllt und von erlesener Qualität. Er sprang aus der Kutsche und
fluchte, als ihn der Regen auf dem kurzen Weg die Stufen hinauf fast völlig
durchnässte.
Die Tür schwang auf, noch bevor
Edward den Türklopfer betätigen konnte. Loggins, der Butler, trat beiseite um
ihn einzulassen und ihm Hut, Mantel und Stock abzunehmen.
„Euer Gnaden, ich hoffe, Ihr Abend
war angenehm.“ Es war nicht wirklich eine Frage, es war sture Höflichkeit.
„Danke, Loggins, sehr“, antwortete er
genauso stur. Er reichte ihm das Gewünschte und mit stoischer Ruhe verstaute es
Loggins in dem Schrank neben der Tür. Edward wollte sich eigentlich gleich nach
oben begeben, der Hunger war ihm längst vergangen und betrinken konnte er sich
auch in seinem Zimmer, aber die Stimme des Faktotums hielt ihn auf.
„Ihre Gnaden haben Besuch.“
So, wie er das Wort aussprach konnte
es nur einer der Geldeintreiber sein, die ihm so oft in letzte Zeit zu Leibe
rückten. Seit sein Vater gestorben war und die ganze Fassade des Herzogtums zu
bröckeln begonnen hatte. Verdammt, es fing schon an.
„Sie haben ihn doch nicht
hereingebeten, oder?“, sagte er scharf.
Loggins verzog keine Miene, aber
Edward konnte die Missbilligung spüren. Niemals hätte Loggins einen der Blutsauger ins Haus gelassen.
„Die Dame und ihr Begleiter warten in
der Bibliothek.“ Fast meinte er, ein Schnauben gehört zu haben. „Sie sagte, sie könne nicht gehen, ohne mit Ihnen gesprochen zu haben. Und dass Sie es
sicher bereuen würde, wenn Sie sie nicht anhörten.“
Eine Frau? Er bekam keinen Besuch von
Frauen. Neugierig drehte er sich um und trat auf die Bibliothek zu. „Ich werde
mich darum kümmern. Sie können sich dann zu Bett begeben, ich begleite die
beiden dann selbst hinaus. Danke, Loggins.“
Der Butler zog sich diskret zurück
und Edward trat auf die Bibliothek zu. Schickten sie jetzt schon Frauen?
Sicher, seit einigen Jahren war die Welt im Wandel und mehr und mehr Frauen
arbeiteten für ihren Lebensunterhalt in Berufen, die früher Männern vorbehalten
waren. Aber eine solche Dreistigkeit, eine Frau nachts in sein Haus zu
schicken, das war für ihn bisher unvorstellbar gewesen. Er war ein Herzog!
Er betrat den Raum, der fast nur vom
Kaminfeuer erhellt wurde. Auf einem der zwei Sessel saß eine Gestalt, die er
jedoch nicht genau erkennen konnte. Ihre
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