Summer Heat - An einem heißen Sommertag
warten ließ. Mit jedem Tag, der verging und an dem die Sonne auf das australische Outback niederbrannte, stieg das Risiko eines verheerenden Feuers. Hitzeperioden dieser Art waren nicht ungewöhnlich für ihre Region. In der Regel wussten sie, wie sie dem zu begegnen hatten. Dennoch änderte es nichts daran, dass die innere Unruhe stetig wuchs, je länger die Sommerzeit andauerte. Tom spürte, wie ihm der Schweiß über den Rücken rann.
„Ich geh ins Haus und hol mir ein Glas von Moms Limonade.“
„Nur zu, du weißt ja, wo alles steht.“
Tom ließ seinen Bruder im Stall zurück und wanderte zu dem Farmgebäude hinüber. Die Augen durch die breite Krempe seines Hutes beschattet, ließ er den Blick über den Hof schweifen. Die Gebäude standen hier, solang er sich erinnern konnte, nur sein Elternhaus hatte mittlerweile einen neuen Anstrich erhalten. Ian schien endlich dazu zu kommen, sich um die anstehenden Renovierungen an dem knapp hundert Jahre alten Bauwerk zu kümmern.
Zufrieden lächelte Tom und ließ den Blick über das weite Land schweifen. Er hatte es damals nicht bereut gemeinsam mit Henny gen Norden zu ziehen, um sich dort eine neue Existenz aufzubauen. Wenn jemand dazu bestimmt war, die Ridgley-Ranch zu führen, dann Ian. Sein Bruder war schon vor vierzehn Jahren in die Fußstapfen ihres Vaters getreten, als dieser viel zu früh gestorben war. Tom seufzte, manchmal vermisste er den alten Griesgram schon sehr, auch wenn der alte James Ridgley nicht immer einfach gewesen war.
In ihrer Kindheit hatten Tom und Ian mehr als einmal die Ohren geklingelt, wenn ihr Dad einen seiner berühmten Tobsuchtsanfälle bekam. Allerdings musste er seinem Vater zugutehalten, dass dieser niemals die Hand gegen seine Söhne erhob. Trotz seines bärbeißigen Auftretens hatte er seinen Jungs viel Zuneigung entgegen gebracht und sie waren niemals im Streit auseinandergegangen.
Toms großer Bruder hörte es nicht gerne, aber Ian war ihrem Vater unglaublich ähnlich. Wenn er doch nur nicht ausgerechnet die Frau geheiratet hätte, vor der Dad sie damals schon als Kinder warnte.
Marilyn war nach Toms Meinung eindeutig die falsche Frau für Ian. Doch der hatte schon vor knapp zehn Jahren nicht zuhören wollen, als sein Bruder ihn beschwor, sich nicht auf sie einzulassen. Ian war schlichtweg blind vor Liebe.
Toms Schwägerin war eine berechnende Schlange, die in erster Linie Ians Geld wollte. Das hatte sich auch nicht geändert, seit Toms Nichte Samantha die kleine Familie vervollständigte. Selten hatte er einen Menschen erlebt, der so ungeeignet für die Mutterrolle war wie Marilyn und ihre Tochter spürte trotz ihrer jungen Jahre schon deutlich die fehlende Zuneigung dieses Elternteils.
Im Haus war es still und kühl.
Er nahm den Hut vom Kopf und bewegte sich mit jahrelanger Selbstverständlichkeit durch die Räume. In der Küche goss er sich am Kühlschrank etwas von der selbstgemachten Zitronenlimonade seiner Mutter ein. Mit dem kalten Glas in der Hand schlenderte er zu dem großen Panoramafenster des offenen Wohnbereichs. Nachdenklich sah er dabei zu, wie Ian die Scheune verließ und damit begann, weitere lose Bretter am Scheunentor festzunageln.
Sein Bruder war ein Workaholic, aber zeitgleich war er auch einer der großherzigsten Menschen, die Tom kannte. Mitunter lag das an der Erziehung, die James und Elaine ihren Söhnen hatten zukommen lassen. Hilfe konnte man nicht erwarten, man musste sie leben.
Tom wünschte nur, seinen Bruder irgendwann wirklich glücklich zu sehen. Ihm selbst war schon als Kind klar gewesen, dass seine Jugendliebe Henny die Frau war, mit der er alt werden würde. Ian hingegen ... Marilyn war einfach nicht die Richtige für ihn. Doch sein Bruder war überzeugt, dass diese Ehe funktionieren musste.
Tief durchatmend nahm Tom einen Schluck Limonade. Ians Vorarbeiter kam auf den Hof geritten und gesellte sich zu seinem Boss. Mit einem rotkarierten Taschentuch fuhr der alte Nelson sich über die Stirn und schüttelte den Kopf, als Ian ihm eine Frage stellte.
Tom verzog das Gesicht.
Es war noch nicht einmal Mittag und die Hitze wurde zunehmend schlimmer. Die Aussicht auf den Heimweg und die Hitze, die im Pickup herrschte, war wenig angenehm. Allerdings wollte er Henny mit den Kindern nicht zu lange allein lassen. Seit acht Wochen kein Regen. Die Gefahr eines Steppenbrandes wuchs mit jedem Tag. Das ganze Land litt unter der andauernden Trockenheit.
„Hallo Tom.“
Eine weiche Stimme
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