Summer Westin: Todesruf (German Edition)
sie konnte ein leichtes Aufflackern von Belustigung in seinen dunklen Augen erkennen.
»Die heutige Lesung stammt aus dem Buche Genesis«, fuhr ihr Vater fort. » Gott schuf alle Arten von großen Seetieren und anderen Lebewesen, von denen das Wasser wimmelt, und alle Arten von gefiederten Vögeln. Gott sah , dass es gut war. Gott machte alle Arten von wilden Tieren, von Tieren des Feldes, alle Arten von Vieh und alle Arten von Kriechtieren auf dem Erdboden. Gott sah, dass es gut war.
In den Psalmen heißt es: Die Erde ist des HERRN, und was drinnen ist, der Erdboden, und was drauf wohnet. Und Gott sagt: Alle Tiere im Walde sind mein … Ich kenne alle Vögel auf den Bergen, und allerlei Tier auf dem Feld ist mein … denn der Erdboden ist mein und alles, was darinnen ist.«
Er schaute seine Gemeinde an. »Klingt für mich, als hätte er seine Besitzansprüche auf wild lebende Tiere festgeklopft. Was meint ihr?«
Ein Murmeln lief durch die heilige Stätte. Sam wartete schon auf die Bibelstelle, die man als göttliche Erlaubnis interpretieren konnte, Opossums mit Schaufeln plattzumachen.
»Wie verstehen wir dann die nächste Passage aus der Genesis? Gott sagte zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.
Und noch ein Zitat aus den Psalmen: Du hast ihn wenig geringer gemacht denn die Wesen im Himmel, und mit Ehre und Schmuck hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk; alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Ochsen allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und was die Pfade der Meere durchzieht. Unter seine Füße«, wiederholte er, »das heißt unter die Füße der Menschen. Deshalb sind wir die Beherrscher der Erde.«
Sam krümmte sich innerlich. Man hatte ihr oft vorgeworfen, sich mehr um Tiere zu sorgen als um Menschen, und im Großen und Ganzen stimmte das auch.
»Wir haben die Macht über Leben und Tod über alle anderen Lebewesen auf diesem Planeten. Aber warum hat Gott all diese Pracht geschaffen und sie unserer Obhut anvertraut? Wollte er, dass wir dies alles nur zu unserem Wohle nutzen?«
Reverend Mark Westin schwieg eine Minute lang und ließ die Zuhörerschaft überlegen. Sam überraschte die Richtung, die seine Predigt nahm. Sie war unter lauter Bauern aufgewachsen, die die Auffassung vertraten, unbebautes Land sei vergeudetes Land und alle wilden Tiere seien Schädlinge.
»In der Offenbarung findet sich das Versprechen, diejenigen zu zerstören, die die Erde zerstören. Wir täten gut daran, uns an dieses Versprechen immer wieder zu erinnern.
Wir leben in einem Universum voller Wunder, auf einem herrlichen Planeten. Lasst uns nicht vergessen, dass Gott nicht nur die Blumen, die Bäume, die Früchte und die Menschen erschaffen hat, sondern auch die Kolibris, die Grizzlybären, die Wölfe, die Wale …«
Und die Opossums, fügte Sam still hinzu.
»Und Gott nannte all seine Geschöpfe ›gut‹. Er schenkte uns die Fähigkeit zu lieben. So lasset uns Seine Schöpfungen preisen, indem wir ihre Schönheit und den Wert allen Lebens um uns herum schätzen; indem wir uns und allen Seinen Geschöpfen helfen und sie lieben jeden Tag. Lasset uns beten.«
Als ihr Vater nach dem kurzen Gebet den Kopf hob, sah er Sams Blick, und sie lächelten sich an. Die Predigt war sein Geschenk für sie. »Und jetzt«, sagte er, »machen wir mit der Trauung weiter, damit wir uns anschließend Stefanie Fabers fantastische Brathühnchen zu Gemüte führen können.«
Unter Gelächter und Beifall seitens der Gemeindemitglieder gab Mark Westin seinem Kollegen ein Zeichen und verließ die Kanzel. Er zog den Talar aus – darunter trug er einen weißen Smoking – und nahm seinen Platz auf der rechten Seite des Kirchenschiffs ein. Seinem Freund Gavin bedeutete er, sich als sein Trauzeuge neben ihn zu stellen.
Sam erhob sich. »Hals- und Beinbruch«, flüsterte Chase.
Sie verzog das Gesicht. »Ja, danke. Dein Wunsch könnte leicht in Erfüllung gehen.«
»Du siehst wunderbar aus. Und die Schuhe passen perfekt.«
Sie zog eine Schnute und eilte dann den Seitengang entlang zum hinteren Teil der Kirche. Sie linste durch die Eingangstür und sah Zola in einem hübschen elfenbeinweißen Leinenkostüm warten, flankiert von ihren Töchtern, den Zwillingen Jane und Julie, die
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