Sumpffieber
und Vater gegenüber und sprachen mit dem Ernst von Männern, die sich, durch die Verschiedenheit ihrer Veranlagung getrennt, nur unter dem Druck des Unglücks näherkommen können.
Der Alte gebrauchte keinerlei Schonung, um seinen Sohn zu informieren.
»Ich habe den Jungen tot aufgefunden. In der Brust zwei Schüsse, lag er im Schlamm neben seinem Boot. Die Füße guckten aus dem Wasser heraus.«
Toni zwinkerte kaum mit den Lidern. Nur seine Lippen preßten sich krampfhaft aufeinander, und die Hände ballten sich zur Faust.
Doch aus dem dunklen Winkel, in dem sich die Küche befand, kam ein Wehruf, durchdringend, schneidend ...
»Ruhig, Kleine!« gebot der Alte herrisch.
»Schweig, Borda!« sagte der Vater.
Und die Unglückliche schluchzte leise vor sich hin, gehemmt durch diesebeiden Männer mit eisernem Willen, die auch unter den schwersten Schicksalsschlägen die Fassung nicht verloren.
In großen Zügen erzählte der Großvater jetzt die Vorgänge: das Erscheinen Centellas mit ihrer gräßlichen Beute, Tonets Flucht, dann – in trüber Ahnung – seine eigene Durchsuchung des Dickichts nach der Rückkehr von Saler, und endlich die Entdeckung des Leichnams.
»Das andere habe ich erraten. Ich dachte an Tonets rätselhaftes Verschwinden am Vorabend der großen Jagd, an Neletas blasses, leidendes Aussehen seit damals, und da reimte ich mir alles zusammen: die heimliche Entbindung und die Beseitigung des Kindes.«
Der Alte fühlte sich erleichtert, als er sein Geheimnis losgeworden war.
»Von Neleta«, fuhr er entrüstet fort, »die den Jungen zum Verbrechen trieb, um ihr Geld zu behalten, von dieser geilen Hündin will ich nicht sprechen. Was mich empört, ist Tonets niederträchtige Feigheit. Erst tötet er dieses unschuldige Wurm, und dann aus Angst vor den Folgen sich selbst. Anstatt einzustehen für seine Tat, schießt sich dieser ›Señor‹ zwei Ladungen Blei in die Brust, weil es leichter ist zu verschwinden, als die Strafe zu erleiden ... Wie immer, hat er sich auch diesmal den bequemsten Weg gesucht. Cristo, was für Zeiten! Was für eine Jugend!«
Sein Sohn hörte stumm zu. Unbeweglich saß er da, den Kopf tief gesenkt, als wären die Worte seines Vaters ebenso viele Schläge, die ihn für immer niederschmetterten.
Borda jammerte von neuem.
»Ruhe! Ich sagte: Ruhe!« gebot Toni.
In seiner grenzenlosen, stummen Pein konnte er es nicht ertragen, daß andere sich Erleichterung durch Tränen verschafften, die ihm versagt waren. Endlich sprach er. Seine Stimme bebte nicht, doch sie war verschleiert durch den rauhen Klang der Erregung.
»Dieser schimpfliche Tod ist das würdige Ende seines verpfuschten Lebens. Ich habe es ihm vorausgesagt, daß es schlimm endigen würde. Für den, der arm geboren wird, ist Trägheit ein Verbrechen. So hat es Gott geregelt, und damit muß man sich abfinden ... Aber ach! er ist mein Sohn ... Fleisch von meinem Fleisch!«
Seine unbeugsame Rechtschaffenheit, die lautere Geradheit des Ehrenmannes, die nichts Beklagenswertes in der Katastrophe sah, befand sich in Zwiespalt mit seinem Herzen – ein ungeheurer Schmerz wühlte in seiner Brust,als hätte man ihm ein Teil seines Innersten herausgerissen und den Aalen der Albufera zur Atzung hingeworfen.
»Ich will ihn noch ein letztes Mal sehen, hörst du, Vater? Ich will ihn noch einmal in den Armen halten wie früher als kleinen Buben, wenn ich ihm erzählte, daß sein Vater arbeitete, um ihn zum Herrn vieler, vieler Reisfelder zu machen ...
Vater! ... Vater!« bat er mit erstickter Stimme. »Wo ist er?«
»Laß die Sachen, wie sie der Zufall geordnet hat«, versetzte der Greis erbost. »Es ist ein Wahnsinn, etwas daran ändern zu wollen. Nur keinen Skandal und keinen Versuch, den Schleier zu lüften! ... So wie es ist, ist es gut: nichts kann entdeckt werden! Wenn die Leute Tonet nicht mehr sehen, werden sie glauben, daß er Abenteuer sucht wie damals, als er nach Kuba ging. Der See bewahrt sein Geheimnis. Jahre können vergehen, ehe jemand an dem Fleck vorbeikommt, wo der Leichnam liegt, und die Pflanzen der Albufera werden alles bedecken. Geben wir aber seinen Tod bekannt, so will jeder mehr erfahren; die Justiz wird sich einmengen, wird die Wahrheit ausfindig machen, und anstatt eines verschwundenen Paloma, dessen Schande wir allein kennen, gibt es einen ehrlosen Paloma, der Selbstmord beging aus Angst vor Zuchthaus oder Galgen.
Nein, Toni, laß ab! Für die kurze Zeit, die mir noch bleibt, mußt du den Willen
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