Sunshine Ranch 04 - Myriams letzte Chance
ersten Ferienwochen auf einer Freizeit mit ihrem Fußballverein.
„Und? Blutet euch das Herz?“, fragte Ayla spöttisch. „Zwei Wochen ohne eure Liebsten, wie sollt ihr das bloß aushalten!“
„Ach Quatsch.“ Hannah lachte. „Meine Allerliebsten sind doch hier.“
„Genau. Solange wir fünf zusammen sind, ist alles perfekt“, stimmte ihr Tori zu.
„Sechs“, korrigierte Hannah sie sofort und wurde rot. Myriam fragte sich, ob es Ärger oder Verlegenheit war.
„Äh, natürlich.“
Weil Tori vorne ritt, konnte Miriam ihren Gesichtsausdruck nicht sehen, aber sie war überzeugt davon, dass sie eine Grimasse zog.
Tori hatte sich nicht versprochen, da war sich Myriam sicher. Tori hatte genau das gemeint, was sie gesagt hatte. Myriam zählte nicht mehr. Sosehr Myriam sich auch bemühte, sie gehörte nicht mehr richtig dazu.
Myriam zog die Schultern zusammen und machte sich ganz steif. Wenn Tori dabei war, war es immer am schlimmsten. Die anderen Pferdemädchen ignorierten Myriam manchmal, aber zumindest ließen sie sie in Ruhe. Tori jedoch konnte es einfach nicht lassen, ihre Giftpfeile auf Myriam abzufeuern.
Fräulein Wunderbar nannte sie Myriam hinter ihrem Rücken, weil Myriam in der Schule die Klassenbeste war. Na und? Ihr letztes Zeugnis hätte eben einen Schnitt von 1,0 gehabt, wenn sie die beiden Arbeiten zum Schluss nicht völlig verhauen hätte. Na ja, verhauen war vielleicht der falsche Ausdruck. Aber eine Zwei minus in Mathe und eine Drei plus in Latein waren für Myriams Verhältnisse katastrophale Noten. Schuld an den schlechten Noten war natürlich nur das blöde Turnier gewesen. Das Turnier, wegen dem Myriam es sich mit allen verscherzt hatte …
Myriam schüttelte den Kopf und verdrängte die unschönen Gedanken. Wenigstens Hannah hielt nach wie vor treu zu ihr. Die Freundin schaute sie von der Seite an und lächelte ihr zu. Myriam lächelte zurück und beschloss nicht zum ersten Mal, Toris Sticheleien keine Aufmerksamkeit zu schenken.
Auf einer Lichtung im Wald machten sie Rast. Tori hatte einen Kuchen mitgebracht. Ayla holte Saftpäckchen aus der Tasche und verteilte sie. Sina zauberte vier kleine Geburtstagskerzen hervor und steckte sie in den Schokoladenkuchen.
„Ich weiß, es müssten eigentlich dreizehn sein“, entschuldigte sie sich, während Tori die Kerzen anzündete. „Aber mehr hab ich nicht gefunden. Immerhin ist es eine Kerze für jedes Jahr der Sunshine Ranch. Happy birthday , Ayla!“
„Herzlichen Glückwunsch!“, „Alles Gute!“, riefen die anderen durcheinander.
Aylas Geburtstag war gestern gewesen, aber da hatte sie nur mit ihrer Familie gefeiert. Heute waren endlich die Pferdemädchen an der Reihe.
„Du musst die Kerzen auspusten“, sagte Tori, nachdem sie Ayla gratuliert hatten. „Und dir dabei etwas wünschen.“
Ayla fixierte die Kerzen aus schmalen Augen. „Also gut.“
Dann blies sie die Backen auf und pustete wie ein Weltmeister. Drei Kerzen gaben sofort den Geist auf, die vierte flackerte noch einmal auf, bevor sie ebenfalls erlosch.
„Super!“, meinte Tori. „Hoffentlich hast du dir keinen Blödsinn gewünscht.“
„Nö!“ Ayla strahlte.
„Und?“, fragte Tori neugierig.
„Verrat ich doch nicht“, sagte Ayla. „Sonst geht es nicht in Erfüllung.“
„Wir haben natürlich auch ein Geschenk für dich“, warf Juliana ein. „Hoffentlich gefällt es dir, wir haben alle zusammengelegt.“ Sie zerrte ein großes rundes Paket aus ihrem Rucksack.
„Ein Fußball“, sagte Ayla sofort. „Ein zarter Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich mit dem Reiten aufhören soll.“
Die anderen lachten. „Nun pack doch mal aus!“, rief Sina.
Es war ein schwarzer Military-Reithelm, wie ihn auch Sina, Tori und Juliana trugen. Hannah und Myriam hatten das Modell in Grau. Nur Ayla war bisher mit einem ziemlich abgeschabten englischen Samthelm geritten. Spießerhut, nannte sie ihn spöttisch.
Ihrer türkischen Familie war Aylas Reitbegeisterung ein Dorn im Auge. Aylas Eltern akzeptierten zwar inzwischen, dass Ayla jede freie Minute auf der Sunshine Ranch verbrachte, aber sie waren nicht bereit, auch nur einen Cent in ein schickes Reiteroutfit zu investieren.
„Hurra!“, jubelte Ayla. „Endlich bin ich keine hässliche Außenseiterin mehr, sondern eine von euch.“
„Das warst du doch schon immer“, sagte Juliana. „Auch wenn dein Reithelm eine Zumutung war, das muss ich zugeben.“
Myriam hatte das Gefühl, dass sie sie dabei spöttisch ansah.
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